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Der Tod ist kein Gourmet

Der Tod ist kein Gourmet

Titel: Der Tod ist kein Gourmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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eigentlich, wenn man einmal von dem wirren Haar absah, das ihm auf die Schultern hing.
    Honey fiel der alte Spruch ein: Weniger ist mehr. In diesem Fall war das ein Volltreffer. Je weniger dieser Mann zeigte, desto besser sah er aus.
    »Es tut mir so leid, was ich getan habe«, wiederholte er. Das klang zerknirscht, aber auch ein wenig erschöpft. Er hatte wohl viel hinter Bobo herwischen müssen.
    Honey verschränkte die Arme, verzog den Mund zu einer dünnen, geraden Linie und starrte ihn anklagend an. »Das war wirklich nicht sehr nett.«
    Unter der Oberfläche kollerte das Lachen in ihr hoch. Eigentlich wollte sie sagen: »Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Sie es getan haben. Besser Ihre Teppiche werden ruiniert als meine.« Außerdem hatte ihre Mutter noch nicht einmal bemerkt, dass der Hund verschwunden war. Gefreut hätte das Gloria bestimmt nicht.
    »Ich heiße Ken Pollock«, sagte der blonde Jogger und streckte ihr die Hand entgegen.
    Honey achtete darauf, dass er nicht die Leine in dieser Hand hielt und ihr so Bobo leicht wieder andrehen konnte. Da wurde ihr bewusst, dass sie den Hund ja ohnehin entgegennehmen musste. Sie trug die Verantwortung für den kleinen Kläffer.
    Sie wollte dem Mann gerade die Hand geben, überlegte es sich aber noch einmal. »Warum sollte ich Ihnen die Hand schütteln? Sie haben meinen Hund gestohlen.«
    Er schaute sie verwirrt an. »Aber gerade haben Sie doch gesagt, dass es nicht Ihr Hund ist, und es klang ganz so, als wäre das Tier Ihnen egal.«
    Seine Anschuldigung rief Entrüstung in ihr hervor.
    »Darum geht es hier nicht. Sie haben was von einem verdammtenBrief gefaselt, von dem ich keine Ahnung habe. Sie haben den Fehler begangen. Und jetzt kommen Sie hierher und erwarten, dass alles so ist, als wäre nichts geschehen. Haben Sie überhaupt eine Vorstellung, was für Kummer Sie uns bereitet haben? Dieser arme kleine Hund hat der besten Freundin meiner Mutter gehört, die vor kurzem verstorben ist. Das war wirklich schrecklich, schrecklich ohne Ende, was Sie da gemacht haben. Sie sollten sich was schämen!«
    Mit dieser Tirade war sie sich einer Oscar-Nominierung sicher, überlegte sie. Schauspielerische Fähigkeiten, das war eine der wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiches Hotel-Management. Viele Gäste hatten ihr zuckersüßes Lächeln zu sehen bekommen, obwohl sie innerlich kochte. Es war schön, einmal das Gegenteil zu tun und Wut zu zeigen, obwohl man innerlich vor Belustigung kicherte. Großen Kummer hatte ihr die Angelegenheit ja gerade nicht verursacht. Aber du musstest die Rolle spielen, sagte sie sich, und du hast sie verdammt gut gespielt.
    Der weit offene Mund und die kugelrunden Augen von Ken Pollock bestätigten ihr das. Sie hatte einen Volltreffer gelandet. Er erbleichte, und sein Teint wurde blasser als sein weißblondes Haar. Wie der arme Mann nach Luft schnappte und schockiert schaute, sprach Bände. Er hing in den Seilen, so würde man es im Boxen ausdrücken. Wenn sie jetzt geschickt vorging, würde sie vielleicht noch was aus ihm rausquetschen.
    Sie stand mit in die Hüften gestützten Händen da, das Kinn hoch erhoben, und griff ihn mit einer Geraden an. Sie schrie: »Also, Ken Pollock, was zum Teufel sollte das alles?«
    Einige Passanten sprangen erschreckt vom Bürgersteig und ließen beinahe ihre Kameras fallen. Touristen in einer Pferdekutsche blickten sich verdutzt um. Das Pferd scheute. Der Kutscher warf ihr einen wütenden Blick zu.
    Ken Pollock war mindestens so erschrocken wie die Touristen, die sich wahrscheinlich fragten, was sie denn falsch gemacht hatten.
    Ken Pollock jedoch wusste genau, was er falsch gemacht hatte. Sie musste nur noch seine Gründe herausfinden.
    Gleichzeitig hätte sie am liebsten laut losgelacht. Sie konnte das Lachen, das ihr in den Hals stieg, kaum noch unterdrücken.
    Sein hageres Gesicht, bleich mit rosigen Flecken auf den Wangen, hatte nun einen dümmlichen Ausdruck angenommen. Er erschien ihr plötzlich viel kleiner.
    »Ich wusste, dass Sie Freunde bei der Polizei haben. Ich dachte, Sie könnten die vielleicht dazu bringen, auf meinen Brief zu antworten. Das haben die nämlich immer noch nicht gemacht. Und ich habe denen geschrieben, dass es dringend ist. Ehe noch jemand reingelegt wird.«
    Honey runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht, dass ich verstehe, wovon Sie reden.«
    »Von dem Betrug. Dem Geld. Von allem.«
    Mord hatte er nicht erwähnt. Das war wohl ein Versehen gewesen.
    Sie warf sich ihre

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