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Der Tod ist kein Gourmet

Der Tod ist kein Gourmet

Titel: Der Tod ist kein Gourmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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Ihre rechte Hand landete in der Erde, die gegen die Mauer aufgehäuft lag. Aber eine Hand reichte nicht, um sich darauf abzustützen. Sie landete auf Dohertys Rücken, drückte ihn schwer nach unten und nahm ihm die Luft.
    Diesmal hörte das Graben sofort auf. Etwas landete miteinem dumpfen Aufprall auf der Erde, und Büsche raschelten. Dann war Stille.
    Doherty rappelte sich auf die Beine und ging weiter voran. Honey folgte ihm.
    »Schalte die Taschenlampe ein«, bellte er.
    Honey gehorchte. Im grellen Licht der LED s sah man einen Haufen Erde und Betonbrocken. Honey ließ den Strahl über die Büsche gleiten. Jenseits des Gestrüpps bemerkte sie in der Ferne die erleuchteten Fenster von Häusern in der neuen Siedlung, Luxushäuser für die aufstrebende neureiche Generation. Es stand immer noch kein Mond am Himmel, aber einen Augenblick lang meinte sie, eine Bewegung vor der Kulisse der hellen Fenster der neuen Gebäude auszumachen.
    »Kannst du jemanden sehen?«, flüsterte Doherty.
    »Ich bin mir nicht sicher. Es könnte einfach nur ein Schatten gewesen sein.«
    »Gib her.«
    Er nahm ihr die Taschenlampe aus der Hand und leuchtete damit in die Grube und auf die trockenen Backsteinwände der ehemaligen Sickergrube.
    Honey erzählte, dass bei ihrem letzten Besuch ein Bagger hier zum Einsatz gekommen war.
    »Hm. Hm.«
    Das konnte alles und nichts bedeuten, aber am Tonfall erkannte sie, dass Doherty scharf nachdachte. Irgendwas war ihm aufgefallen.
    Inzwischen pfiff der Wind durch die Kirschlorbeerhecke. Ein warmes Bett und ein heißer Liebhaber, das wäre es jetzt gewesen, aber so, wie die Sache aussah, hatte Doherty völlig vergessen, dass ein Himmelbett auf sie beide wartete.
    Es schien ihr angebracht, nun auch selbst ein bisschen nachzudenken. Sie wickelte sich fester in ihren Mantel undließ sich alles noch einmal durch den Kopf gehen. Ihr fiel nichts wirklich Aufregendes ein, also konzentrierte sie sich auf das Einzige, was ihr aufgefallen war.
    »Warum gräbt hier jemand mit der Schaufel und nicht mit einem Bagger?«
    »Das sieht wie eine Sickergrube aus, die nicht mehr gebraucht wurde, nachdem man alles hier im Umkreis an die Kanalisation angeschlossen hatte. Das ist bestimmt zu der Zeit gewesen, als man die neuen Häuser da gebaut hat. Ich erinnere mich an Berichte, dass Unbekannte einen Bagger ramponiert haben. Du weißt doch sicher auch noch, dass der Löffel des Baggers scharfe Spitzen hatte, und zwar aus gutem Grund. Die haben diese Sichergrube damit eingerissen. Wahrscheinlich füllt sich das Loch, wenn es regnet, mit Wasser. Jemand, zum Beispiel ein Kind, könnte reinfallen und ertrinken.«
    Honey schaute Doherty über die Schulter. Das LED -Licht war grell, aber der Strahl war sehr schmal. Er tanzte über die dunklen Erdhaufen, die Betonbrocken und anderen Unrat wie eine digitale Fee.
    »Da unten ist noch immer ziemlich viel Zeug«, meinte Honey, deren Augen dem Licht überall folgten, wohin Doherty die Taschenlampe richtete.
    »Das liegt daran, dass jemand die Grube wieder aufgefüllt hat.« Dohertys Stimme hallte von den Ziegelwänden der Sickergrube wider.
    Natürlich, das ist ja kein Grab, dachte Honey. Es konnte alle möglichen Gründe dafür geben, warum jemand die Bemühungen anderer Leute, die Grube zu demolieren, zunichtemachen wollte.
    »Vielleicht ist jemand der Meinung, dass die Grube endlich weg sollte. Vielleicht ist jemand der Meinung, dass sie eine Gefahr darstellt.«
    Oder jemand vergräbt was. Vergräbt eine Leiche. Vergräbt einen Schatz. Vergräbt Beute. Vergräbt ...
    Ganz gleich, wohin sie schaute, immer kam ihr das Wort »vergraben« in den Sinn.
    Plötzlich drückte ihr Doherty die Taschenlampe wieder in die Hand. »Hier, halt mal. Ich steig rein.«
    Lose Erde und Schutt fielen in das dunkle Viereck, als erst Dohertys Beine und dann sein ganzer Körper in der Grube verschwanden.
    Sie versuchte, ihm die Taschenlampe zu reichen.
    »Nein, behalt du sie. Gib mir mal die Schaufel, und richte die Lampe auf die Stelle, wo ich mit dem Graben anfange.«
    Er konzentrierte sich auf den schmalen Lichtstrahl. Er stand bis zum Knöchel in Schlamm und Geröll.
    Sie konnte seine Erregung spüren. Seine Neugier war ansteckend. Sie wollte es jetzt auch wissen. Mit weit aufgerissenen Augen ging sie in die Knie, stützte eine Hand am Rand der Grube ab, hielt mit der anderen die Taschenlampe.
    Die Schaufel grub sich knirschend in die Mischung aus Geröll, Schlamm und Abwasser.
    Honey rümpfte die

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