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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Anstrengung: "Hör zu, Elsie. Du mußt es verstehen. Es sind nur Arbeitsunfähige. Und es gibt nicht genug Nahrungsmittel für alle. Es ist für sie viel besser. .."
    Ihre Augen waren hart und unversöhnlich auf mich gerichtet. Ich fuhr fort: ". ..auf diese Weise mit ihnen zu verfahren. ..als sie Hungers sterben zu lassen."
    "Das also", sagte sie leise, "hast du dir ausgedacht!"
    "Aber ich doch nicht! Ich bin daran unbeteiligt. Es ist Befehl!"
    "Sie sagte verächtlich: "
    Wer hätte einen solchen Befehl geben können?"
    "Der Reichsführer."
    Angst preßte mir das Herz zusammen. Noch einmal hatte ich den Reichsführer verraten. "Der Reichsführer!"
    sagte Elsie. Ihre Lippen fingen an zu beben, und sie sagte mit tonloser Stimme: "Ein Mann, ..dem die Kinder so zutraulich entgegengingen!"
    Sie stammelte: "Aber warum? Warum?"
    Ich hob die Schultern. "Das kannst du nicht verstehen. Diese Fragen gehen über deinen Horizont. Die Juden sind unsere schlimmsten Feinde, das weißt du doch. Sie sind es, die den Krieg entfesselt haben. Wenn wir sie jetzt nicht liquidieren, werden sie später das deutsche Volk ausrotten."
    "Aber das ist doch unsinnig!"
    sagte sie mit unerhörter Heftigkeit. "
    Wie könnten sie uns ausrotten, da wir doch den Krieg gewinnen werden?"
    Ich sah sie mit offenem Mund an. Daran hatte ich noch nie gedacht. Ich wußte nicht mehr, was ich denken sollte. Ich wandte den Kopf ab und sagte nach einer Weile: "Es ist Befehl."
    "Aber du hättest um einen anderen Auftrag bitten können."
    Ich sagte mit Nachdruck: "Ich habe es getan. Ich meldete mich an die Front. Der Reichsführer wollte nicht."
    "Nun", sagte sie mit leiser Stimme und mit unglaublicher Heftigkeit, "dann mußt du dich weigern zu gehorchen."
    Ich schrie fast: "Elsie!"
    Und eine Sekunde lang war ich außerstande, die Sprache wiederzufinden.

    "Aber", sagte ich, die Kehle war mir wie zugeschnürt, "aber Elsie! ...was du da sagst, das. ..ist wider die Ehre!"
    "Und was du tust?"
    "Ein Soldat, der sich weigert zu gehorchen! Und außerdem hätte das nichts geändert. Man hätte mich degradiert, gemartert, erschossen. ..Und was wäre aus dir geworden? Und aus den Kindern?"
    "Ach!"
    sagte Elsie, "einerlei. .."
    Ich unterbrach sie. "Aber das hätte auch nichts genützt. Wenn ich mich geweigert hätte zu gehorchen, hätte es an meiner Stelle irgendein anderer getan."
    Ihre Augen funkelten. "Ja, aber du", sagte sie, "du wenigstens hättest es nicht getan."
    Ich sah sie bestürzt und stumpfsinnig an. In meinem Geist herrschte völlige Leere. "Aber Elsie ..."
    sagte ich. Ich konnte nicht mehr denken. Ich straffte mich, bis mir sämtliche Muskeln weh taten, blickte starr vor mich hin, und ohne Elsie anzusehen, ohne sie überhaupt zu sehen, ohne irgend etwas zu sehen, brachte ich mit Mühe heraus: "Es ist Befehl."
    "Befehl!"
    sagte Elsie spöttisch. Und plötzlich barg sie den Kopf in ihren Händen. Nach einer Weile näherte ich mich ihr und faßte sie an den Schultern. Sie erbebte heftig, stieß mich mit aller Kraft zurück und sagte mit tonloser Stimme: "Rühr mich nicht an!"
    Mir fingen die Beine an zu zittern, und ich rief: "Aber du hast kein Recht, mich so zu behandeln. Alles, was ich im Lager tue, tue ich auf Befehl. Ich bin nicht dafür verantwortlich."
    "Du bist es, der es tut!"
    Ich sah sie verzweifelt an. "Du verstehst das nicht, Elsie. Ich bin nur ein Stück des Räderwerks, nichts weiter. Wenn im Heer ein Vorgesetzter einen Befehl gibt, ist er dafür verantwortlich, und nur er allein. Wenn der Befehl schlecht ist, wird der Vorgesetzte bestraft, nie der, der ihn ausführt."
    ,,So", sagte sie mit vernichtender Langsamkeit, "das ist der Grund, weshalb du gehorchst. Du wußtest, daß, wenn die Sache schlecht ausgeht, du nicht bestraft werden würdest."
    Ich schrie: "Daran habe ich nie gedacht. Nur, daß es mir unmöglich ist, einem Befehl nicht zu gehorchen. Begreife es doch! Es ist mir physisch unmöglich."
    "Also", sagte sie mit erschreckender Ruhe, "wenn man dir den Befehl gäbe, den kleinen Franz zu erschießen, würdest du es tun."
    Ich sah sie bestürzt an. "Aber das ist doch Wahnsinn! Niemals wird man mir einen solchen Befehl geben."

    "Und warum nicht?"
    sagte sie mit einem wilden Lachen. "Man hat dir befohlen, kleine jüdische Kinder zu töten. Warum nicht auch deine? Warum nicht Franz?"
    "Hör doch auf! Der Reichsführer wird mir niemals einen solchen Befehl geben. Niemals. Es ist. .."
    Ich wollte sagen: ,Es ist undenkbar!', aber plötzlich blieben

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