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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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erschien Elsie. Kellner sprang auf, schlug die Hacken zusammen, ließ sein Monokel verschwinden, verbeugte sich tief und küßte ihr die Hand. Danach setzte er sich ebenso schnell wieder, wie er aufgestanden war, wandte sein Gesicht dem Fenster zu, so daß sein vollendetes Profil zu sehen war, und sagte: "Und wie finden Sie Auschwitz, gnädige Frau?"
    Elsie öffnete den Mund. Er fuhr aber gleich fort: "Ja, ja. Natürlich dieser unangenehme Geruch. ..", er machte eine kleine Geste mit der Hand, ". ..und all das. Aber ich versichere Ihnen, wir haben in Culmhof dieselben kleinen Unannehmlichkeiten. .."
    Er setzte sein Monokel wieder ein und blickte sich mit interessierter und freundlicher Miene um.

    "Aber Sie sind schön eingerichtet. ..Sie sind bemerkenswert schön eingerichtet, gnädige Frau."
    Er warf einen Blick durch die Glastür ins Eßzimmer. "Und ich stelle fest, daß Sie ein geschnitztes Büfett haben."
    "Wollen Sie es sehen, Standartenführer?"
    fragte Elsie. Wir gingen ins Eßzimmer, Kellner stellte sich vor das Büfett und betrachtete lange die Schnitzereien. "Ein religiöses Sujet. ..", sagte er und kniff die Augen zusammen, "
    ..Ausdruck von Angst. ..jüdisch-christliche Auffassung des Todes. ..", er machte eine kleine Handbewegung, "und all dieser alte Kram. ..Wohlgemerkt, der Tod hat nur Bedeutung, wenn man wie sie ein Jenseits annimmt. ..Aber welche Vollendung, mein Lieber! Was für eine Ausführung!"
    Ich sagte: "Ein polnischer Jude hat es gemacht, Standartenführer."
    "Ja, ja", sagte Kellner, "nichtsdestoweniger muß er eine kleine Dosis nordischen Blutes in seinen Adern haben. Sonst hätte er nie diese wundervolle Arbeit ausführen können. Die Juden sind hundertprozentig unfähig zu schöpferischen Leistungen, das wissen wir seit langem."
    Er strich mit seinen gepflegten Händen leicht und zärtlich über die Schnitzereien. "Charakteristische Häftlingsarbeit", fuhr er dann fort. "Sie wissen nicht, ob sie ihr Werk um einen Tag überleben. ..Und für sie hat natürlich der Tod Bedeutung. ..Sie haben im Leben diese unedle Hoffnung. .."
    Er schnitt ein Gesicht, und ich fragte verlegen: "Glauben Sie, Standartenführer, daß ich es dem Juden hätte verbieten sollen, ein religiöses Sujet zu behandeln?"
    Er wandte sich zu mir und fing an zu lachen. "Haha! Lang", sagte er mit einer boshaften Miene, "ahnten Sie denn nicht, daß Ihr Büfett im Widerspruch zur Lehrmeinung steht. .."
    Er betrachtete das Möbelstück noch einmal, indem er seinen Kopf zur Seite drehte, und seufzte: "Sie haben Glück mit Ihrem Lager, Lang. Unter der großen Zahl haben Sie zwangsläufig richtige Künstler."
    Wir nahmen am Tisch Platz, und Elsie sagte: "Aber ich dachte, Sie hätten auch ein Lager unter sich, Standartenführer."
    "Das ist etwas anderes", sagte Kellner, während er seine Serviette entfaltete, "ich habe keine ständigen Häftlinge wie Ihr Gatte. Meine sind alle. ..", er lachte leicht, ". ..Zugvögel."
    Elsie sah ihn erstaunt an, und er fuhr sogleich fort: "Hoffentlich fehlt Ihnen das Vaterland nicht allzusehr, gnädige Frau? Polen ist ein trauriges Land, nicht wahr? Aber es wird nicht mehr allzulange dauern, glaube ich. Bei dem Tempo, in dem unsere Truppen

    vorgehen, werden sie binnen kurzem im Kaukasus sein, und der Krieg wird sich nicht mehr lange hinziehen."
    Ich sagte: "Diesmal werden wir vor dem Winter fertig sein. Das glaubt jeder hier, Standartenführer ."
    "In zwei Monaten", sagte Kellner mit fester Stimme. "Noch etwas Fleisch, Standartenführer?"
    sagte Elsie. "Nein, danke, gnädige Frau. In meinem Alter. ..", er lachte leicht, ". ..muß man anfangen, an seine Linie zu denken."
    "Oh! Sie sind doch noch jung, Standartenführer", sagte Elsie mit liebenswürdiger Miene. Er wandte sein scharfes Profil dem Fenster zu. "Richtig", sagte er melancholisch, "ich bin noch jung. .."
    Ein Schweigen entstand, und er fuhr dann fort: "Und Sie, Lang, was werden Sie nach dem Krieg machen? Es wird nicht immer Lager geben, wollen wir hoffen."
    "Ich gedenke vom Reich ein Gut im Ostraum zu erbitten, Standartenführer ."
    "Mein Mann", sagte Elsie, "war Pächter bei Oberst Baron von Jeseritz in Pommern. Wir bebauten etwas Land und züchteten Pferde."
    "Ach, wirklich!"
    sagte Kellner. Er spielte mit seinem Monokel und sah mich verständnisvoll an. "Ackerbau! Pferdezucht! Sie haben mehr als einen Pfeil im Köcher, Lang."
    Er wandte sein Gesicht dem Fenster zu, und seine Züge wurden würdevoll und streng. "Sehr gut", sagte er in

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