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Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Feix
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wichtigsten Zeugen für die Polizei.
    Die Kriminalpolizei nahm an, daß der Täter in der näheren Umgebung des Luftschutzstollens wohnte. Dafür sprach, daß er zu Peter Frese gesagt hatte, er ginge essen, käme aber nachts zurück. Tatsächlich war er, wie sich später herausstellte, bei den früheren Fällen nach dem Mord in den Stollen zurückgekehrt und hatte die Leichen zerstückelt und zerschnitten. Auch in der Nacht zum 19. Juni kam er in Schlafanzug und Pantoffeln in die Höhle, um Peter Frese umzubringen. Wäre die Polizei weniger voreingenommen gewesen, hätte sie ihn dort erwarten können! Peter Frese beschrieb seinen Entführer als jungen Mann von etwa 18 Jahren, 175 bis 180 Zentimeter groß, mit dunklem, kurzgeschnittenem und gescheiteltem Haar sowie glattem, ovalem Gesicht.
    Um möglichst rasch zum Ziele zu kommen, wollte die Kripo alle jungen Männer von Langenberg überprüfen, auf die Peter Freses Beschreibung zutraf. Doch dazu kam es nicht mehr. In den frühen Morgenstunden des 21. Juni meldete sich der Malermeister Beck aus Langenberg bei der Kripo und gab an, bei dem gesuchten Mörder könnte es sich nur um Jürgen Bartsch, Sohn des Fleischermeisters Bartsch, seines Nachbarn, handeln. Dann berichtete er eine Begebenheit, die die Kriminalisten aufhorchen ließ. Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren, am 23. Juni 1961, hatte Jürgen Bartsch Becks Sohn Frank in denselben Luftschutzstollen gelockt, in dem die Leichen gefunden worden waren. Dort hatte Jürgen Bartsch seinem Sohn die Kleider vom Leibe gerissen, ihn verprügelt, mit einer Pistole bedroht und zu sexuellen Handlungen gezwungen. Beck hatte sofort Bartschs Eltern zur Rede gestellt, doch die taten die Sache als harmlose Kinderbalgerei ab.
    „Menschenskind", entfuhr es einem der Beamten, „warum sind Sie denn damals nicht gleich zur Polizei gegangen?" Der Beamte hätte das lieber nicht fragen sollen.
    „War ich ja", entgegnete Beck empört, „aber die haben ja nichts unternommen. Für Spinnerei haben die alles gehalten!"
    So war es tatsächlich. Am 24. Juni 1961 hatte Beck bei der Kriminalpolizei in Wuppertal Anzeige gegen Jürgen Bartsch erstattet. Dort wurde unter Aktenzeichen LJs 942/61 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Eine Angehörige der Weiblichen Kriminalpolizei vernahm Frank Beck und Jürgen Bartsch, fand aber „keinen Anhaltspunkt für ein Sittendelikt". Die Pistole, mit der Jürgen Bartsch Frank Beck bedroht hatte, erwies sich als Attrappe. Das Ermittlungsverfahren wurde daher eingestellt, und Bartsch, der Sohn eines angesehenen und wohlhabenden Fleischermeisters, nicht einmal in die Jugendkartei aufgenommen.
    Jürgen, am 6. November 1946 in Essen geboren, war nicht das leibliche Kind des Ehepaares Bartsch. Er hieß ursprünglich auch nicht Jürgen, sondern Karl-Heinz, und war der außereheliche Sohn einer 22jährigen tuberkulösen Frau, deren Ehemann im Kriege vermißt war. Jürgens Mutter hatte damals ein Verhältnis mit einem Fabrikarbeiter, den seine Kollegen wegen seiner außergewöhnlichen Kopfform „Gurkenphilipp" nannten. „Gurkenphilipp" war Jürgens Vater, doch er ließ die Mutter samt Kind im Stich, die daraufhin ihrerseits, das Kind zurücklassend, heimlich aus dem Krankenhaus, wo sie entbunden hatte, verschwand. Dort sah Frau Bartscii, deren Ehe kinderlos geblieben war, den kleinen Jungen und nahm ihn mit Zustimmung der Behörden zu sich. Acht Jahre später adoptierte das Ehepaar Bartsch den Knaben Karl-Heinz auch formell und nannte ihn fortan Jürgen.
    Die Behörden wollten der Adoption anfangs nicht zustimmen, weil angesichts der Herkunft des Kindes die Gefahr „einer negativen Erbanlage" bestand. Das Ehepaar Bartsch jedoch schlug alle Warnungen in den Wind. Besonders Frau Bartsch verhätschelte den Jungen, isolierte ihn von anderen Kindern und wachte eifersüchtig über ihn. Als Vater Bartsch eine eigene Fleischerei eröffnete und in Langenberg ein Eigenheim baute die Zeit, die das Ehepaar für den Sohn erübrigen konnte, wurde also sehr knapp -, kam Jürgen vorübergehend zur Großmutter.
    In der Schule zeigte der Junge durchschnittliche Leistungen, trieb allerlei Unfug und wurde öfters vor der ganzen Klasse, in der sich auch Mädchen befanden, vom Lehrer auf das nackte Gesäß geschlagen, ein Vorgang, der an westdeutschen Schulen damals nicht gerade selten war.
    Jürgen blieb immer ein Einzelgänger. Er war kontaktarm und wenig beliebt. Mit zehn Jahren kam er in ein katholisches Internat, von dort

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