Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Er zeigte daher wenig Neigung, der Sache nachzugehen. Peter Frese indessen beteuerte weinend, seine Geschichte wäre wahr, und forderte den Beamten auf, mit zur Höhle zu kommen, weil dort ja noch seine Schuhe und Strümpfe wären. Der Polizist, der sich kein Versäumnis nachsagen lassen wollte, ging schließlich, wenn auch von der Nutzlosigkeit des Weges überzeugt, mit.
Es war nicht weit bis zu dieser Höhle, die in Langenberg jeder kannte, weil sie im letzten Krieg als Luftschutzstollen gedient hatte. Damals hatte der Stollen mehrere Zugänge, die in verschiedene Straßen mündeten. Jetzt war nur noch der in der Bonsfelder Straße offen, aber auch vor ihm türmten sich, wie der Polizist feststellte, Berge von Abfällen. Vor dem Eingang lag eine rote Kerze, mit der der Polizist jedoch nichts anzufangen wußte. Im Stollen nachzusehen, ob Freses Strümpfe und Schuhe oder gar andere Spuren vorhanden waren, hielt der Schutzmann ohnehin für überflüssig. Er schrieb einfach in seinen Bericht: „Der vollkommen mit Abfällen am Eingang zugeschüttete Stollen konnte mangels Beleuchtung nicht betreten werden." Damit war für ihn die Angelegenheit erledigt.
Peter Frese, so schwer verletzt, daß er ins Krankenhaus gebracht werden mußte, wurde aber am nächsten Tag noch einmal vernommen.
Er hatte inzwischen den Schock so weit überwunden, daß er zusammenhängend erzählen konnte. Am Samstagnachmittag gegen 14 Uhr war er in Wuppertal von einem etwa 18jährigen Burschen angesprochen worden, der sich als Privatdetektiv ausgab und sagte, er müßte für die Versicherung eine Tasche mit gestohlenen Diamanten aus einem Versteck holen. Dazu wollte er Frese als Zeugen mitnehmen. Er bot dem Jungen dafür 20 DM. und Peter war einverstanden. Sie fuhren mit einem Taxi nach Neviges, stiegen dort in ein anderes um, das sie nach Langenberg brachte. Am Stollen angekommen, gab der Fremde dem Jungen die versprochenen 20 DM, wies auf den Eingang und sagte, dort drinnen wären die Diamanten. Peter sollte ihm beim Abtransport helfen. Als der Junge, bereits im Stollen, nach dem Grund des Verwesungsgestanks fragte, erklärte der „Privatdetektiv", der käme von einigen Toten, die noch vom letzten Krieg hier lägen. Nachdem sie weit genug im Stollen waren, sollte Frese einen Stein anheben. Als er sich bückte, fiel der Bursche über ihn her. stieß ihn mehrmals mit dem Kopf gegen die Felswand, riß ihm die Kleider vom Leib, fesselte ihn an Händen und Füßen, küßte und betastete ihn gleichzeitig, zerrte an ihm herum und schlug dazwischen immer wieder brutal auf ihn ein. Peter Frese schwanden mehrmals die Sinne. Ganz plötzlich aber hätte der Bursche von ihm abgelassen und gesagt: „Jetzt muß ich zum Essen, aber in der Nacht komme ich wieder zurück."
Der Fremde ging tatsächlich weg, vergaß aber die Kerze, die er beim Betreten des Stollens angezündet hatte, auszulöschen. Peter wartete, bis die Schritte seines Peinigers verhallt waren, sengte dann mit zusammengebissenen Zähnen die Fesseln seiner Füße an der Kerze durch, zog sich, so schnell und so gut das mit gefesselten Händen ging, die Hose an und lief aus dem Stollen.
Als die vernehmenden Kriminalbeamten diese schaurige Geschichte hörten, wurden sie ebenfalls skeptisch. Dabei hätten sie hellwach werden müssen. Denn seit über vier Jahren fahndete die Kriminalhauptstelle Düsseldorf nach einem Mann, der vier Jungen entführt und wahrscheinlich umgebracht hatte.
Der erste Fall war am Samstag, dem 31. März 1962, bekanntgeworden. Am Nachmittag dieses Tages war der achtjährige Klaus Jung von einer Kirmesveranstaltung in der Essener Innenstadt entführt worden. Klaus hatte sich von seiner älteren Schwester getrennt, weil er unbedingt noch auf einen Schulfreund warten wollte. Seither fehlte jeder Spur von ihm. Die Fahndungsmaßnahmen der Kripo waren erfolglos geblieben. Fast dreieinhalb Jahre später, am 12. August 1965, meldete der Bergmann Rudolf Fuchs bei der Kriminalpolizei in Gelsenkirchen seinen 13jährigen Sohn Peter als vermißt. Peter war von ihm am 2. August zu Verwandten nach Duisburg-Neumühl gebracht worden, wo der Junge ein paar Wochen bleiben sollte. Am 12. August, zu Peters Geburtstag, wollten ihn die Eltern besuchen. Als sie bei den Verwandten ankamen, war Peter jedoch nicht mehr dort. Er hatte zu großes Heimweh und war daher bereits am Freitag, dem 6. August, wieder nach Hause gefahren. Seine Tante hatte ihn in Oberhausen-Buschhausen in den Zug gesetzt und
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