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Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Feix
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September in einer Fernsehmitteilung ein „untrügliches Zeichen" dafür, daß Schleyer noch lebe. Die Entführer übermittelten daraufhin ein Video-Band, das den BDA-Präsidenten mit einer weißen Tafel in den Händen zeigte, auf der die Worte Gefangener der RAF zu lesen waren. Die Antworten auf die vom BKA gestellten Fragen, die nur Schleyer selbst geben konnte, wurden ebenfalls übersandt. Damit war jeder Zweifel an der Authentizität der Forderung ausgeschlossen. Schleyer lebte, und das BKA hatte Kontakt mit seinen Entführern bekommen. Aber die BRD-Regierung dachte gar nicht daran, der Erpressung nachzugeben. Sofort nach Bekanntwerden der Entführung erklärte Bundeskanzler Schmidt in einer Fernsehansprache, die Regierung werde diesem Gewaltakt mit aller gebotenen Härte begegnen. Und Generalbundesanwalt Rebmann charakterisierte auf einer Pressekonferenz die Entführung Schleyers als den „bis jetzt wohl brutalsten Anschlag" und gab, aus welchen Gründen auch immer, eine unrichtige, zur Schürung der allgemeinen Empörung geeignete Darstellung des Tatablaufes. Seinen Worten zufolge hätten die fünf Entführer die Schleyer-Fahrzeuge umstellt und sofort die Sicherheitsbeamten und den Kraftfahrer erschossen, ohne daß diese zurückschießen konnten. Rebmann sagte auch, daß mindestens fünfzehn Personen an der Vorbereitung und Durchführung der Tat beteiligt waren, genauso viele also, wie das BKA, allerdings erst Wochen später und für mehrere Verbrechen zusammen, zur Fahndung ausschrieb.
    In der Presse wurde Rebmanns Version vom feigen Mord an Wehrlosen sofort hochgespielt; die erschossenen Sicherheitsleute wurden als naive und völlig ahnungslose Beamte dargestellt, die überhaupt nicht mit einem Attentat gerechnet und deshalb ihre Maschinenpistolen im Kofferraum verstaut hatten. Doch das erwies sich schon bald als eine „Ente", die vermutlich in die Welt gesetzt wurde, um die Terroristenhysterie anzuheizen und dem brutalen Vorgehen der Sicherheitskräfte ein Alibi und die verständnisvolle Zustimmung der Bevölkerung zu sichern. Eine solche Stimmungsmache war von vornherein fragwürdig, weil Regierung und Polizei bereits seit einer Woche mit einer anarchistischen Aktion gerechnet hatten. Zu diesem Zeitpunkt war nämlich von den Stammheimer RAF-Häftlingen ein Hungerstreik abgebrochen worden, was nach den Erkenntnissen der Antiterrorspezialisten beim BKA auf das unmittelbare Bevorstehen der „Big Raushole" schließen ließ und laut Aussage des Bundesvorsitzenden der Polizeigewerkschaft, Helmut Schirrmacher, auch tatsächlich als „Alarmzeichen" gewertet wurde. Selbst damit, daß Schleyer Opfer eines Anschlags werden könnte, hatte man gerechnet. Nach der Ermordung des Bankiers Ponto im Juli 1977 erfuhren nämlich die zuständigen Kripostellen, daß von der RAF nicht nur über Ponto, sondern auch über Schleyer Informationen beim wirtschaftswissenschaftlichen Institut in Kiel eingeholt worden waren. Außerdem bezogen Beamte der Politischen Polizei, die in den Papieren des RAF-Anwalts Haag eine Notiz fanden, wonach man „H. M. auschecken" müßte, diese ausdrücklich auf Schleyer. Die Sicherheitsvorkehrungen für ihn wurden daraufhin verstärkt. Die ihn begleitenden Beamten waren auch keineswegs routinemäßig abgeordnete Polizisten, sondern speziell ausgebildete Männer. Zu ihrem Ausbildungsprogramm gehörte, wie zu dem aller ähnlichen Spezialisten in der BRD, unter anderem auch rasches Reagieren in kritischen Situationen, Karate und schnelles Schießen. Ihre Maschinenpistolen lagen, wie der Stuttgarter Polizeichef ausdrücklich betonte, nicht im Kofferraum, sondern griffbereit in ihrer Nähe. Daß sie nicht wehrlos waren, beweist die Tatsache, daß zwei von ihnen insgesamt elf Schüsse auf die fünf Entführer abgaben. Der Vollständigkeit halber sei schließlich erwähnt, daß die Beamten sehr wohl das Risiko ihres Dienstes kannten und sich dennoch freiwillig dazu gemeldet hatten.
    In der BRD setzte im September 1977 eine bis dahin beispiellose, hauptsächlich von der CDU/CSU geschürte „Staats-feind"-Hysterie ein, die sich nicht nur gegen Terroristen, sondern global gegen alle linksorientierten Kräfte richtete. Allen voran gingen solche Erzreaktionäre wie der Ministerpräsident von
    Baden-Württemberg und ehemalige Nazi-Blutrichter Filbinger, der schon bei der Beerdigung der Schleyer-Begleiter gegen die ..wahnwitzige Zerstörungswut rabiater Feinde" eiferte und „entschiedene Maßnahmen" forderte.

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