Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Lehmann in ihrer Wohnung mit einem Schädlingsbekämpfungsmittel, das sie schon im Sommer 1952 in der Drogerie Mayer in Worms gekauft hatte. Sie bohrte dazu ein kleines Loch in den Schokoladenpilz, ließ den Likör auslaufen, füllte dafür eine halbe Ampulle dieses Mittels ein und schmolz sodann das Loch mit einem heißen Messer wieder zu. Am Abend, als sie ihre Freundin Anni abholte, verteilte sie die Pilze so, daß Frau Ruh den vergifteten bekam. Daß ihn schließlich ihre Freundin essen würde, hatte sie weder gewollt noch vorausgesehen.
Und weil sie einmal beim Gestehen war, gab sie auch noch zu, ihren Schwiegervater mit einer halben Ampulle E605, das sie in den Joghurt tat, vergiftet zu haben.
Am nächsten Morgen gestand sie auch noch den Mord an ihrem Ehemann. Ihm vergiftete sie die Milch, nachdem sie die Wirkung des E605 zuvor an ihrem Hund ausprobiert hatte. Nur mit dem Tode ihrer Schwiegermutter wollte sie absolut nichts zu tun haben. Das Gegenteil konnte ihr nicht bewiesen werden. Ihr Geständnis in den anderen beiden Fällen hingegen wurde nach Exhumierung der Leichen durch die toxikologische Untersuchung bestätigt.
Anfang März 1954 wurde Christa Lehmann in die Untersuchungshaftanstalt nach Mainz verlegt. Dort unternahm sie einen letzten verzweifelten Versuch, ihre Haut zu retten. Per Kassiber versuchte sie, ihren Vater dazu zu bewegen, die Morde auf sich zu nehmen oder als Zeichen des Schuldeingeständnisses wenigstens Selbstmord zu begehen. Der Kassiber wurde jedoch abgefangen und Christa Lehmann am 5. März erneut vernommen. Sie widerrief alle bisherigen Geständnisse.
Schon am nächsten Tag aber nahm sie unter dem Druck der gegen sie sprechenden Beweise den Widerruf zurück. Damit war für die Kriminalpolizei der erste Mordfall mit dem Schädlingsbekämpfungsmittel E605 erledigt.
Einen Tag später, am 7. März 1954, meldete die „Mainzer Allgemeine", daß sich seit dem letzten Giftmord der Christa Lehmann am 15. Februar 1954 mehr als dreißig Menschen in der BRD mit E605 vergiftet hätten. Allein in den vier der Meldung vorausgegangenen Tagen hätten zwanzig Personen den qualvollen E 605-Tod gesucht. Auch als Mordgift erlangte E 605 in der BRD und Westberlin traurigen Ruhm. So etwa, als im November 1956 der Westberliner Schüler Tilman Zweyer damit vergiftet wurde.
Vom 22. bis 24. September 1954 verhandelte das Schwurgericht am Landgericht Mainz gegen Christa Lehmann.
In schlichtem grünem Kleid mit schwarzer Stickerei betrat die Angeklagte, die Hände zum Schutz gegen die Bildreporter vor das Gesicht haltend, den neuen Schwurgerichtssaal. Kühl und zurückhaltend folgte sie der Verhandlung. Widersprüchliche Aussagen über ihren Charakter oder den ihres Mannes entlockten ihr nicht die geringste Reaktion. Nur wenn man ihr vorwarf, sie hätte ihren Haushalt oder die Kinder vernachlässigt, wurde sie böse.
Die Öffentlichkeit und die Presse hatten längst den Stab über dieser Frau gebrochen, als das Gericht sie zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilte. In ihrem letzten Wort bat darum, ihr nicht die bürgerlichen Ehrenrechte abzuerkennen. Auf die erstaunte Frage des Gerichtsvorsitzenden Nix nach dem Warum erwiderte sie, daß sie im Falle einer Begnadigung als vollwertige Staatsbürgerin gelten möchte.
Das Gericht tat ihr den Gefallen nicht. Da sie keine Revision gegen das Urteil einlegte, wurde es am 30. September 1954 rechtskräftig. Christa Lehmann kam in die Strafvollzugsanstalt, der Vorgang mit dem Aktenzeichen 4 Ks 3/54 wurde abgeschlossen.
Nur wenige Tage nach dem spektakulären E605-Mord in Worms lenkte ein anderer, bis heute umstrittener Kriminalfall die Aufmerksamkeit auf sich.
Ein mysteriöser Autobrand
Der Musiklehrer Georg Martin aus Otterberg befand sich auf dem Heimweg. Es kam aus Höringen, wo er, wie jeden Donnerstagabend, Akkordeonunterricht erteilt hatte, am 18. Februar 1954 radelte er besonders langsam und bedächtig, obwohl es bereits auf 22 Uhr ging. Aber die Straße nach Otterberg war außerordentlich schlecht und obendrein stark vereist. Um 22 Uhr 10 passierte er die Waldgaststätte Birotshof, die um diese Jahreszeit ihre Pforte bereits geschlossen hatte. Etwa hundert Meter dahinter begann eine unübersichtliche Linskurve.
Er hatte diese Kurve fast erreicht, als er gellende Schreie vernahm. Er trat ins Pedal, ließ die Kurve hinter sich und sah einen Mann auf sich zutaumeln. Der Fremde bat ihn um Hilfe, da seine Frau sonst im Auto verbrennen müßte.
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