Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Erledigung der Angelegenheit, und der setzte sich mit BKA-Präsident Dullien in Verbindung. Fünf Monate später, am 23. Mai 1958 teilte er im Auftrage des Ministers unter dem Aktenzeichen „2-02-133 Dr. Bröse" Fritsche lakonisch mit: „Herr Dr. Bröse hat Originalurkunden über die Ablegung seiner Diplom-Hauptprüfung und seiner Dissertation beigebracht, an deren Echtheit nicht zu zweifeln ist."
Dieser Bescheid stützte sich auf ein im Bundeskriminalamt selbst erstattetes und von Oberregierungsrat Mally unterschriebenes Gutachten. Diesem Gutachten lagen die von Bröse vorgelegten Dokumente, nämlich ein Zeugnis, ein Diplom und eine Promotionsurkunde zugrunde. Alle diese Papiere hatten das Format DIN A5, keinen gedruckten „Kopf", waren unsauber mit Schreibmaschine geschrieben und mit einfachen Gummistempeln abgesiegelt. Die Blätter, auf denen Herrn Edgar Bröse der „Dr. phil." und der „Dipl.-Psych." bescheinigt wurden, waren grau, porös, von schlechter Qualität, wie das von entsprechenden Urkunden aus der „hungernden Ostzone" nicht anders erwartet werden konnte. Das BKA bescheinigte denn auch ausdrücklich, daß diese Dokumente „grundsätzlich nicht fälschungsverdächtig und daher echt" wären. Als wichtiges Echtheitsindiz galt das als typisch „östlich" bezeichnete Papier. Für die Echtheit spräche weiter, daß eine Schreibmaschine „mitteldeutschen Fabrikats" verwendet wurde. Natürlich wiesen auch die verwendeten Gummistempel die Papiere als echt aus, hatten damals doch „selbst manche westdeutschen Behörden Schwierigkeiten, Stempel zu beschaffen", wie das Regierungskriminaldirektor Becker, Experte für „moderne Kriminaltechnik" im BKA. formulierte. Bröses Doktorschaft wurde also ausdrücklich bundeskriminalamtlich bestätigt.
Der Schriftsachverständige des BKA, Bröse, stellte sich seihst Diplom und Promotionsurkunde aus
Nun aber mußte Fachgraphologe Fritsche zusehen, daß er nicht zwischen die Mühlräder der Politischen Polizei geriet. Gestützt auf entsprechende Hinweise des BKA-Präsidenten Dullien, glaubte das Bundesministerium des Innern nämlich sicher zu sein, die von Fritsche erhaltenen Auskünfte aus der DDR wären pure „Verleumdungen" und wenig glaubhaft. Sie riefen eher den Verdacht hervor, „daß die Universität Leipzig Herrn Dr. Bröse wegen seiner Flucht aus der sowjetischen Besatzungszone Schwierigkeiten bereiten will".
Damit war der Fall Bröse zum politischen Fall geworden, denn daß die Universitäten und Bibliotheken in der DDR die Gelegenheit sofort beim Schopfe packen und dem verdienten Dr. Bröse schaden würden, bedurfte keiner weiteren Begründung. Niemand war schließlich so prädestiniert, das politische Ränkespiel kommunistischer Institutionen'zu durchschauen, wie Bonns Innenminister, der ehemalige SA-Mann Schröder, und Bonns oberster Kripochef, der ehemalige SS-Mann Dullien. Damit war aber auch klar, daß sorgfältig geprüft werden mußte, ob der Fall Bröse nicht eigentlich ein Fall Fritsche war, zumal Fritsche schon früher Kontroversen mit Bröse gehabt hatte.
Fritsche allerdings bestand weiterhin darauf, daß Bröse weder Doktor noch Diplom-Psychologe sei. Er konnte sicher sein, weil seine Fachkollegin Loofs-Rassow mittlerweile auch etwas in Erfahrung gebracht hatte. Früher selbst am Psychologischen Institut in Leipzig tätig, hatte sie 1958 das Brösesche Diplom gesehen und meinte nun, die darauf erkennbare Unterschrift könnte von einem gewissen Professor Dr. Petzelt stammen, der 1951 am Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster tätig gewesen war, inzwischen aber im Ruhestand lebte. Hätten die Experten des BKA nur einen Blick in das Vorlesungsverzeichnis der Münsteraner Universität geworfen, hätten sie diesen Professor leicht ermitteln und nach der Unterschrift fragen können. Die Regierungsräte im BKA indessen verließen sich auf ihren Sachverstand. Erst als Fritsche hartnäckig weiterbohrte und Frau Loofs-Rassows Ansicht popularisierte, bequemte man sich beim BKA und bei der Staatsanwaltschaft, der Sache nachzugehen. Professor Petzelt, mittlerweile 72 Jahre alt, war sicher, daß die auf den Bröseschen Papieren prangende Unterschrift nicht von ihm stammte. Sie hätte aber unbedingt von ihm stammen müssen, da er bis etwa 1949 in Leipzig die Psychologieprüfungen abgenommen hatte. An einen Edgar Bröse oder gar an dessen Diplomthema „Über die Metamorphose der Seele" konnte er sich ebenfalls nicht erinnern.
Der von
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