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Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Feix
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Kollegenkreisen kam Dr. Bröse nicht so gut an. Vielleicht war es Neid, der manchem Kollegen ein abfälliges Grinsen entlockte, wenn er durch die BKA-Siedlung in Wiesbaden ging und am Haus Nr. 37 in der Idsteiner Straße das Türschild mit der Aufschrift ,,Dr. Bröse" sah. Vor allem die Leute von den unteren Rängen und Dienststellen hatten angesichts der Bröseschen Gutachtertätigkeit immer etwas zu tuscheln.
    Einer von ihnen, der Fachgraphologe und gerichtliche Sachverständige Hermann Fritsche vom Landeskriminalamt Niedersachsen, ging Ende Oktober 1956 sogar so weit, Dr. Bröses Doktor- und Diplomtitel anzuzweifeln. Bundeskriminalamtschef Dullin hielt das für einen Witz.
    Fritsche kannte Bröse, so wie sich Fachkollegen untereinander kennen. Fritsche kannte auch die Graphologin und Schriftsachverständige Elisabeth Loofs-Rassow aus Frankenthal in der Pfalz. Bei einer Begegnung hatten sich beide einmal über den gemeinsamen Kollegen Bröse unterhalten. Dabei stellte sich heraus, daß Bröse der Kollegin Loofs-Rassow etwas anderes über seinen beruflichen Werdegang erzählt hatte als dem Kollegen Fritsche. Das aber muß bei Leuten, die vom Betrugsverdacht leben, natürlich sofort den empfindlichsten Nerv treffen. Einen Kollegen aber kann man nicht einfach so beschuldigen wie etwa einen Scheckfälscher, schon gar nicht, wenn dieser Kollege die Nummer eins in der Gunst des BKA-Chefs ist. Folglich beschloß man, zunächst einmal heimlich, aber gründlich zu recherchieren.
    Bröse wollte seinen eigenen Angaben zufolge 1949 aus der sowjetischen Zone in die Westzonen übergesiedelt sein. In der sowjetischen Besatzungszone hatte er 1948 in Dresden, wie er Frau Loofs-Rassow anvertraute, beziehungsweise 1949 in Leipzig, wie er seinem Kollegen Fritsche erzählte, promoviert. Fritsche schrieb daraufhin an alle ihm bekannten Universitäten und großen Bibliotheken in der DDR und erbat per Fernleihe die Doktorarbeit seines Kollegen Bröse zum Thema: „Über den Einfluß der Romantik auf den Liberalismus des Vormärz 1848" sowie dessen Diplomarbeit „Über die Metamorphose der Seele".
    Fritsche erhielt postwendend Antwort, darunter von der Deutschen Bibliothek in Leipzig, die alle Dissertationen registriert, und von der Leipziger Karl-Marx-Universität. Nirgendwo in der DDR war Bröses Dissertation bekannt. In Leipzig hatte nach dem Krieg ein Edgar Bröse zwar einige Semester Germanistik studiert, aber kein Examen abgelegt.
    Am 29. Oktober 1956 teilte Fritsche dem Bundeskriminalamtschef Dullien auf dem Dienstweg die Ergebnisse seiner Recherchen mit. Dullien reiste daraufhin nach Hannover zu Landeskriminalamtschef Dr. Schulz. Dort sprach man dienstlich und streng vertraulich über das Paradepferd Dr. Bröse und den aufmüpfigen Fritsche, und man kam, wie zwischen Chefs üblich, zu einem Chef-Agreement. Man wollte vorerst nichts unternehmen. Den Fachgraphologen ließ man das Ergebnis des Agreements wissen. Doch der wurde nur noch aufsässiger und erbat die Genehmigung, Dr. Bröse wegen unberechtigter Titelführung anzeigen zu dürfen. Die Genehmigung wurde notgedrungen und mit nachsichtigem Lächeln erteilt.
    Fritsche erstattete unverzüglich bei der Wiesbadener Oberstaatsanwaltschaft Anzeige. Dort trug man die Anzeige ein, heftete sie in einen Aktendeckel und versah ihn sorgfältig mit dem laufenden Aktenzeichen 7 Js 1090/57.
    Dullien, von diesem Frontalangriff sofort informiert, ergriff Gegenmaßnahmen. Er beauftragte Oberregierungsrat Mally,den Chef der KT-Gruppe im BKA, mit der Echtheitsprüfung der Bröseschen Testate. So etwas braucht natürlich Zeit, sehr viel Zeit, und in dieser Zeit war Dr. Bröse weiterhin als Gutachter tätig. Auch Fachgraphologe Fritsche gutachtete weiter im Dienste der Kripo- und Justizbehörden. Und weil er wußte, daß die Mühlen bundesdeutscher Anklagebehörden in gewissen Fällen sehr langsam mahlen, wartete er geduldig. Oberstaatsanwalt Rahn aus Wiesbaden sah keinen Grund, den Fall Bröse zu beschleunigen. Das brachte den Anzeigeerstatter schließlich in Harnisch. Zum Jahresende 1957 schrieb er an seinen obersten Dienstherrn, den damaligen Bundesinnenminister Schröder. Mit allem gebotenen Respekt, aber doch bestimmt, wies er darauf hin, daß der Fall Bröse die einschlägigen Fachkreise „heftig beunruhigt" und sogar schon „auf Fachtagungen diskutiert wird", folglich eine alsbaldige Klärung wünschenswert wäre.
    Minister Schröder beauftragte den Referatsleiter Dr. Wiede-mann mit der

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