Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
für zwei Jahre mit einer zehnprozentigen Gehaltskürzung disziplinarisch bestraft.
Die Ehefrau des Massenmörders Heyde/Sawade. die ihren Mann wider besseren Wissens hatte für tot erklären lassen, also nach dem westdeutschen Strafgesetzbuch einen Betrug beging, wurde nicht nur nicht zur Verantwortung gezogen, sondern durfte weiterhin die Professorenrente ihres Mannes kassieren.
Pistolen-Uschi - das „Kavalier-Mädchen"
Fred Schütte hatte in Hamburg eine Kollegin, die nicht weniger tollkühn war als er. Von der Lokalpresse als „tollkühnste Einbrecherin der Bundesrepublik" apostrophiert, wurde sie allerdings erst im nachhinein bekannt, denn bis zum Prozeß vor dem Hamburger Schöffengericht am 28. Januar 1964 nahm niemand von ihr Notiz, wovon allein schon der leere Gerichtssaal zeugte. Allzuviel, genauer gesagt, die pikantesten Details im Leben und Wirken der Ursula D., genannt Pistolen-Uschi, bekamen die wenigen Prozeßgierigen ohnehin nicht zu hören. Die wurden unter „Ausschluß der Öffentlichkeit" verhandelt. Und das hatte seine Berechtigung, denn die tieferen Wurzeln für das ungewöhnliche Verhalten dieses ungewöhnlichen Mädchens lagen in einem Bereich, der damals vorwiegend Pornographen vorbehalten war. Uschis Sexus hatte nämlich einen Knick, ererbt oder erworben, sei dahingestellt. Fest steht, daß eine Ärztin die damals Fünfzehnjährige für jene Liebe gewann, deren Erfindung der altgriechischen Dichterin Sappho von der Insel Lesbos zugeschrieben wird. Durch diese Ärztin wurde Uschi auch in eines jener Lokale in St. Pauli eingeführt, in denen Männer nicht gern gesehen sind. Uschi fühlte sich dort wohl, weil ihr männlicher Haarschnitt und ihr wiegender Seemannsgang ebenso akzeptiert wurden wie ihre männliche Kleidung. Hier wurde um ihre Gunst geworben, ja sogar hitzig und eifersüchtig gestritten.
Als „Kavalier" war Uschi aber nicht nur im Lesbierinnenklub bekannt. Altersheime, Kindergärten und Bekannte wußten ein hohes Lied von ihrer Großzügigkeit zu singen. Eines Tages betrat sie. ein neues Radio unter dem Arm, ein Altersheim. „Hier", sagte sie, „für die alten Leutchen, damit die ein bißchen Musik hören können und wissen, was in der Welt los ist."
Wenige Tage später brachte sie den Alten einen modernen elektrischen Rasierapparat. „Damit die sich beim Rasieren nicht schneiden!" Dann wiederfuhr sie handwagenweise Lebensmittel, Obst und Südfrüchte an.
Ihre Freundin Rosemarie, Mutter von zwei kleinen Kindern und bereits wieder banger Hoffnung, hatte Sorgen. Wo sollte sie die Babywäsche für das dritte hernehmen? Mit dickem Bauch verdiente sie in ihrem Job so gut wie nichts. Uschi beruhigte sie: „Mach dir darum mal keine Sorgen!" Und sie brachte so viel Babywäsche, daß es für ein halbes Dutzend Zwillinge beiderlei Geschlechts gereicht hätte.
Unterdessen aber plagte sich die Hamburger Kriminalpolizei mit einer Einbruchsserie in Geschäften und Büros herum. Im Juni 1961 hatte es begonnen, und im Januar 1963 war noch immer kein Ende abzusehen. Es waren nicht gerade meisterhafte Einbrüche, doch sie waren rationell und überaus tollkühn ausgeführt. Rationell, weil vom Täter stets die günstigste Einstiegsmöglichkeit genutzt wurde. Tollkühn, weil dabei weder meterhohe Mauern noch Dächer ein Hindernis bildeten. Spuren, mit Ausnahme von Fingerabdrücken, gab es stets massenhaft, besonders Abdrücke sowohl von nägelbeschlagenen Leder- als auch von glatten Gummisohlen. Für die Kripo stand deshalb fest: Hier waren zwei gut aufeinander eingespielte Ganoven am Werk, die zwar nicht gerade zur „Elite" der Hamburger Einbrecherzunft gehörten, aber dennoch Format besaßen. Ein Tatort, das Büro im Ober-geschoß eines Hauses, war nur über das Dach des Polizeireviers, also über Polizistenköpfe hinweg, zu erreichen gewesen. Solcher Dreistigkeit konnten nur ganz ausgekochte Burschen fähig sein.
Die Kriminalpolizei fahndete nach zwei Männern, denen bereits dreißig Einbrüche zur Last gelegt wurden. Das war in Hamburg, wo alltäglich 247 Verbrechen und Vergehen, die Verkehrsdelikte nicht mitgezählt, begangen wurden, zwar nicht allzuviel, zumal die Täter durchschnittlich nur alle 24 Tage von sich reden machten. Lästig war es trotzdem. Die Kripo sah sich die Tatorte an, stattete den Geschädigten ihren „Beileidsbesuch" ab, schrieb die übliche „Meldung über unbekannte Täter", trug den neuen Fäll in den KP 14a, die „Vergleichsreihe", ein, schickte die
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