Der Tod kommt in schwarz-lila
peinlich darauf, keine Spuren zu verwischen.
»Es ist kein schöner Anblick«, sagte Till Schreier, als Trevisan durch die Tür ins Freie trat.
Kräftig atmete er die salzige Luft ein. »Das gleiche Bild wie bei Hansen. Das war zweifellos unser Mann. Wenn wir die Leiche aus dem Wasser ziehen, werden wir feststellen, dass ein Finger an der linken Hand fehlt«, prophezeite Trevisan.
Eine Viertelstunde später traf Kleinschmidt mit seinem Team ein.
*
Als Trevisan den Wagen vor der Garagenauffahrt parkte, war ihm unwohl. Es war eines der schwierigsten und traurigsten Kapitel der Polizeiarbeit. Er musste mit einer Frau reden, die gerade ihren Mann auf eine grausame Art und Weise verloren hatte.
Es hatte zu regnen begonnen, doch Trevisan bemerkte es nicht einmal. Dietmar Petermann war ebenfalls ausgestiegen und zog die Jacke über den Kopf. Es war kurz vor zwei Uhr mitten in der Nacht. Im Haus brannte noch Licht. Er schaute auf das liebevoll verzierte Türschild. Familie Horst Grevenstedt stand darauf. Ein Name, der verloren gegangen war. Unwiederbringlich.
Ein alter Mann öffnete auf das Klingeln.
»Guten Abend. Mein Name ist Martin Trevisan von der Kriminalpolizei und das ist mein Kollege Dietmar Petermann«, sagte Trevisan mit belegter Stimme. Guten Abend, hatte er gesagt. Wie schizophren diese Floskel angesichts des Grundes seines Besuchs doch wirken musste.
Der alte Mann nickte wortlos und trat einen Schritt zur Seite. »Sie sind alle im Wohnzimmer«, sagte er.
»Wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«
»Ich bin … das heißt, ich war Horsts Schwiegervater. Wissen Sie schon … wer es war?«
Trevisan war überrascht. Ihm war nicht klar gewesen, dass die Grevenstedts Bescheid wussten. Fragend blickte er Petermann an, doch der zuckte nur mit den Schultern.
»Woher wissen Sie, was passiert ist?«, fragte Trevisan verwundert.
»Frau Trewes hat uns angerufen«, erwiderte der Alte. »Sie hat es meiner Tochter am Telefon gesagt.« Grevenstedts Schwiegervater führte die beiden Polizisten ins Wohnzimmer.
Schon als Trevisan eintrat, sah er den Schmerz in den Zügen der Frau. Ihre Augen waren rot geschwollen und ihr Gesicht bleich wie Mehl. Eine ältere Frau saß neben ihr auf der Couch und hielt ihre Hände. Auch sie hatte sich die Augen wund geweint.
»Die Herren sind von der Polizei«, sagte Grevenstedts Schwiegervater und bot Trevisan und Petermann Platz an. Trevisan lehnte dankend ab.
»Warum, warum macht ein Mensch so etwas?«, jammerte Frau Grevenstedt.
Trevisan blickte betroffen, doch die Antwort blieb er ihr schuldig. Er musste sich dazu zwingen, über ihren Schmerz hinwegzugehen. Sie war eine Zeugin, nicht mehr und nicht weniger. »Frau Grevenstedt. Mein Beileid. Es tut mir …«
»Warum macht ein Mensch so etwas? Warum tötet er … Ich … ich kann es nicht fassen.« Ein Krampf schüttelte ihren Körper, doch ihre Augen blieben trocken. Alle Tränen waren bereits geweint.
Trevisan wartete eine Weile, bevor er seine Fragen stellte. Er bemühte sich, klar und deutlich zu formulieren. Nach einer Weile überwand Eva Grevenstedt ihren Schmerz und antwortete ihm. Sie bestätigte, dass ihr Mann vorgehabt hatte, das Boot zu streichen. Sie erzählte, dass Horst Grevenstedt unmittelbar nach dem Frühstück aufgebrochen war. Er wollte gegen sechs Uhr wieder zurück sein.
Am Abend wollten sie gemeinsam eine Fernsehshow ansehen. Horst Grevenstedt hielt sich immer an solche Absprachen, und kam etwas Unvorhergesehenes dazwischen, dann rief er an. Grevenstedt spielte im Musikverein Trompete, sang im Kirchenchor und war Mitglied des Kirchengemeinderates. Eva Grevenstedt zeichnete das Bild eines liebevollen Vaters und eines herzlichen Ehemannes. Trevisan hatte das Gefühl, dass in dieser Beziehung noch sehr viel Liebe füreinander vorhanden war. Hansen kam ihm in den Sinn. Dessen Tochter hatte ihn ähnlich beschrieben.
»Kennen Sie einen Ole Hansen aus Wilhelmshaven? Hat Ihr Mann jemals diesen Namen erwähnt?«, fragte Trevisan ins Blaue hinein.
Frau Grevenstedt überlegte. Dann schüttelte sie den Kopf.
»Sagen Ihnen die Namen Gabler, Mijboer oder Willemsen etwas?«
Wiederum dachte sie eine Weile nach. »Willemsen habe ich schon einmal gehört. Ich weiß aber nicht mehr, in welchem Zusammenhang.«
»Bitte, ich weiß, es ist viel verlangt, aber könnten Sie noch mal darüber nachdenken? Es ist wichtig«, setzte Trevisan nach.
In ihrem Gehirn arbeitete es, doch schließlich schüttelte sie den Kopf.
Trevisan
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