Der Tod kommt in schwarz-lila
um neun Uhr vorbeigekommen«, berichtete Dietmar. »Er hält immer kurz hier an, um Guten Tag zu sagen. Er wollte das Boot streichen und den Schuppen reparieren. Frau Trewes hat bis kurz vor sechs im Garten gearbeitet und ist dann ins Haus gegangen. Sie hat sich schon gewundert, dass Grevenstedt nicht schon längst an ihr vorbeigefahren war. Er wollte um fünf wieder gehen. Sie wurde kurz nach neun von Grevenstedts besorgter Frau angerufen. Anschließend ist sie bei anbrechender Dunkelheit zum Schuppen gelaufen. Dort fand sie Grevenstedt im Wasser.«
»War er an dem Tag anders als sonst, hat sie etwas darüber gesagt?«
»Nein, überhaupt nicht. Er war freundlich und höflich wie immer. Sie haben ein bisschen miteinander geplaudert.«
»Hat sie sonst noch etwas gesagt? Hat sie etwas Außergewöhnliches bemerkt?«
Dietmar Petermann blätterte in seinem Notizbuch. Dann fand er die gesuchte Stelle. »Heute nicht. Aber vor ein paar Tagen fuhr ein weißer Kleinwagen an ihr vorbei. Grevenstedt war an diesem Tag nicht im Schuppen. Frau Trewes sagte, dass sie im Garten gewesen sei. Der Wagen fuhr zum Schuppen hinüber. Etwa eine Stunde später tauchte er wieder auf.«
Trevisan spitzte die Ohren. »Kann sie etwas zum Fahrer sagen, hat sie ein Kennzeichen abgelesen oder sonst irgendetwas, das uns weiterhilft?«
»Den Fahrer hat sie nicht gesehen«, erwiderte Dietmar. »Auch das Kennzeichen hat sie sich nicht gemerkt. Aber sie sagt, dass der Wagen eine dunkle Tür auf der Beifahrerseite hatte. Außerdem fielen ihr zwei übergroße Aufkleber am Heck des Wagens auf. Einer davon zeigte einen Taucher.«
»Habt ihr schon eine Fahndung …?«
»Nein, ich wollte warten, bis du kommst.«
»Gut, dann übernimm es bitte gleich. Ein solcher Wagen müsste doch auffallen«, sagte Martin Trevisan. Insgeheim ärgerte er sich, dass Dietmar nicht sofort reagiert hatte. Manchmal war er ein bisschen schwerfällig.
Es klingelte. Dietmar erhob sich und ging zur Tür, bald darauf kehrte er wieder zurück. Trevisan blickte ihn fragend an.
»Die Rettungssanitäter. Ich habe sie nach oben geschickt«, erklärte er, ehe er sich wieder setzte.
»Grevenstedt war verheiratet?«
»Ja.«
»Du hast die Adresse seiner Frau?«
Dietmar nickte.
»Ich werde jetzt erst mal den Tatort besichtigen. Danach fahre ich zur Ehefrau des Mordopfers. Kümmere dich bitte gleich um die Fahndung. Wir treffen uns am Tatort. Es wäre schön, wenn du mich zu Grevenstedts Frau begleitest«, sagte Trevisan, ehe er nach draußen ging.
*
Am Bootsschuppen traf Trevisan auf Monika Sander und Till Schreier. Zwei uniformierte Polizisten sperrten die Straße ab. Von Kleinschmidt war noch nichts zu sehen. Auch die Ausrüstung der Spurensicherung war noch nicht am Tatort eingetroffen. Ihre einzigen Lichtquellen waren die Scheinwerfer der Wagen und ihre Taschenlampen.
»Es sieht furchtbar aus«, berichtete Monika. »Der Arzt war schon bei ihm. Grevenstedt hängt immer noch im Wasser. Der Arzt hat den Tod festgestellt. Er ist sich nicht sicher, ob das Opfer ertrunken ist oder erschlagen wurde.«
Trevisan betrat den Schuppen mit einem unangenehmen Gefühl in der Magengegend. Hier hatte heute ein Mensch sein Leben verloren. Eine alte Zigeunerin hatte vor Jahren einmal zu ihm gesagt, dass die Seelen der Ermordeten noch einen ganzen Tag in der Nähe ihres Körpers verbrachten, ehe sie in den Himmel aufstiegen. Er hatte die Worte der Frau nie mehr vergessen, obwohl er nicht daran glaubte. Trotzdem fühlte er seitdem eine innere Anspannung, wenn er sich in der Nähe eines Mordopfers aufhielt.
Die Spuren des heftigen Kampfes waren nicht zu übersehen. Die Farbe auf dem Boden, der umgestürzte Schemel, die zerbrochenen Regalbretter. Schließlich sah er das Blut und folgte der rotbraunen Schleifspur. Ein blutiger Hammer lag unweit des Wassers.
Blut sieht im Schein der Taschenlampe noch gespenstischer aus als bei Tageslicht, dachte er. Er ging hinüber zum Wasser. Die Leiche trieb mit dem Gesicht nach oben nur wenig unter der öligen Wasseroberfläche. Tote Augen blickten ihn an. Trevisan erschauderte.
Dann fiel sein Blick auf die Schnur, die vom Netz herüber zum Geländer verlief und dort festgebunden war. Es schien, als habe der Mörder verhindern wollen, dass die leichte Strömung die Leiche davontrug. Wollte er sichergehen, dass der Tote auch wirklich entdeckt wurde und nicht irgendwo im Siel versank?
Trevisan hatte genug gesehen. Er verließ den Schuppen und achtete
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