Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
bewahren.«
Ohne eine Erwiderung abzuwarten, fuhr der Colonel fort. »Der Plan war recht einfach. Louisa sollte unter dem Vorwand, ihre Eltern und ihr Bruder würden das Kind so gern sehen, nach der Entbindung mit dem Säugling ins Cottage zurückkehren, denn Wickham wollte natürlich überprüfen, ob das Kind wirklich lebte und gesund war. Das Geld sollte am Vormittag vor Lady Annes Ball übergeben werden, weil Wickham und Louisa dann sicher sein konnten, dass alle in Pemberley Beschäftigten abgelenkt sein würden. Auf dem Waldweg sollte eine Kutsche warten. Dort sollte Louisa ihrer Schwester und ihrem Schwager das Kind zurückgeben. Im Cottage würden sich zu diesem Zeitpunkt nur Mrs. Bidwell und Will aufhalten, und nur sie waren in den Plan eingeweiht. So etwas kann kein Mädchen vor ihrer Mutter geheim halten, und auch vor Louisas Bruder, dem sie so nahestand und der das Cottage nie verließ, konnte es nicht verborgen werden. Alle drei waren sich einig, dass Bidwell es nie erfahren sollte. Louisa hatte ihrer Mutter und Will erzählt, der Vater des Kindes sei ein Milizoffizier, der Lambton im Sommer des Vorjahrs verlassen habe. Mrs. Bidwell hatte keine Ahnung, dass es sich bei dem wahren Liebhaber um Wickham handelte.«
Der Colonel ergriff ein mit Wein gefülltes Glas und trank in langsamen Zügen. Eine Zeitlang schwiegen beide Männer. Dann fuhr Fitzwilliam fort zu sprechen.
»Soweit Wickham und ich wussten, war alles gut vorbereitet. Tante und Onkel würden das Kind aufnehmen und lieben und seine wirkliche Abstammung nie erfahren, während Louisa die bereits zuvor geplante passende Ehe eingehen würde. Von da an konnte man die Sache auf sich beruhen lassen.
Wickham handelt nicht gern allein, wenn er einen Verbündeten oder Freund auftreiben kann. Dieser Hang zur Unvorsichtigkeit erklärt wohl, weshalb er die Torheit beging, Miss Lydia Bennet mitzunehmen, als er vor seinen Gläubigern aus Brighton floh. Nun vertraute er sich seinem Freund Denny und in noch größerem Maße Mrs. Younge an, die offenbar von früh an eine beherrschende Figur in seinem Leben gewesen war. Ich denke, dass er und Mrs. Wickham während seiner Erwerbslosigkeit durch regelmäßige Zuwendungen von ihr unterstützt wurden. Er bat Mrs. Younge, sich hin und wieder heimlich im Wald einzufinden, damit sie ihm von der Entwicklung des Kindes berichten könne, was Mrs. Younge auch tat. Sie gab vor, die Gegend erkunden zu wollen, und erschien zu verabredeten Treffen mit Louisa, die das Kind dazu in den Wald brachte. Dann nahm die Sache jedoch insofern einen unglücklichen Verlauf, als Mrs. Younge den Knaben sehr schnell liebgewann und beschloss, ihn selbst zu adoptieren. Dabei kam ihr eine scheinbare Katastrophe zu Hilfe, als nämlich Michael Simpkins schrieb, er sei nicht bereit, das Kind eines anderen Mannes großzuziehen. Die Beziehung zwischen den Schwestern war wohl nicht allzu gut gewesen, als Louisa im Wochenbett lag, und Mrs. Simpkins hatte bereits drei Kinder, bei denen es wohl nicht bleiben würde. Ihr Mann und sie erklärten sich dazu bereit, das Kind weitere drei Wochen zu behalten, damit Louisa eine Unterbringung suchen könne, doch keinen Tag länger. Louisa teilte dies Wickham mit, und der erzählte es Mrs. Younge. Louisa war natürlich verzweifelt. Sie musste ihr Kind unterbringen, und in Mrs. Younges wenig später vorgebrachtem Angebot sahen alle die Lösung ihrer Probleme.
Wickham hatte Mrs. Younge von meinem Interesse an der Sache und von den dreißig Pfund unterrichtet, die ich ihm versprochen und auch tatsächlich geliehen hatte. Sie wusste, dass ich anlässlich von Lady Annes Ball nach Pemberley kommen würde, da ich das immer zu tun pflegte, sofern ich Urlaub von der Armee hatte; außerdem wusste Wickham immer darüber Bescheid, was sich gerade in Pemberley zutrug – meist durch die Berichte seiner Frau, die häufig in Highmarten weilte. Mrs. Younge schrieb mir an meine Londoner Adresse und erklärte, sie sei daran interessiert, das Kind zu adoptieren. Zwei Tage lang werde sie im King’s Arms anzutreffen sein, wo sie mit mir darüber zu sprechen wünsche, wie dies zu bewerkstelligen sei, da ich, soweit sie wisse, zum Kreis der Interessenten gehöre. Wir vereinbarten eine Zusammenkunft um neun Uhr des Abends vor Lady Annes Ball, wenn, wie sie vermutete, alle viel zu beschäftigt sein würden, um meine Abwesenheit zu bemerken. Es erschien dir sicherlich merkwürdig und unhöflich, Darcy, als ich mit der
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