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Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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Street
    1
    E s war vereinbart worden, dass Alveston mit Mr. Mickledore im Gerichtssaal blieb, falls man ihn bei den Formalitäten der Begnadigung brauchen sollte, und so legte Darcy, der sich nach Elizabeth sehnte, den Weg in die Gracechurch Street ganz allein zurück. Erst um vier Uhr nachmittags tauchte Alveston auf und erklärte, alle für eine königliche Begnadigung notwendigen Maßnahmen würden am frühen Abend des übernächsten Tages erfolgt sein; dann werde er Wickham im Gefängnis abholen und in die Gracechurch Street bringen. Man hoffte, dies mit möglichst geringem öffentlichem Aufsehen bewerkstelligen zu können. Am Hintereingang des Gefängnisses Coldbath Fields sollte eine privat gemietete Kutsche bereitstehen, eine weitere zur Täuschung vor dem Hauptausgang. Dass Darcy und Elizabeth nicht, wie von allen erwartet, in einem eleganten Hotel, sondern bei den Gardiners wohnten und man dies hatte geheim halten können, erwies sich als vorteilhaft; wenn der Öffentlichkeit auch der genaue Zeitpunkt von Wickhams Entlassung verborgen blieb, war es durchaus möglich, seine Ankunft in der Gracechurch Street zu vertuschen. Wickham war zwar zunächst nach Coldbath Fields zurückgebracht worden, doch Reverend Cornbinder, der Gefängnispfarrer, hatte Vorkehrungen getroffen, damit er am Vorabend seiner Entlassung bei ihm und seiner Frau nächtigen konnte. Zu ihnen wollte Wickham auch wieder, nachdem er Darcy und dem Colonel seine Geschichte erzählt hatte; die von Mr. und Mrs. Gardiner ausgesprochene Einladung, in der Gracechurch Street zu bleiben, nahm er nicht an. Die Gardiners hatten sich zwar zu dieser Einladung verpflichtet gefühlt, doch dass Wickham sie ablehnte, stieß allgemein auf Erleichterung.
    »Es erscheint zwar wie ein Wunder, dass Wickhams Leben gerettet wurde«, meinte Darcy, »aber das Urteil war tatsächlich verkehrt und gegen alle Vernunft – man hätte ihn niemals schuldig sprechen dürfen.«
    »Dieser Ansicht bin ich nicht«, wandte Alveston ein. »Er hat das, was die Geschworenen als ein Geständnis aufgefasst haben, zweimal wiederholt, und sie glaubten es. Darüber hinaus ist vieles rätselhaft geblieben. War Captain Denny in einer solchen Nacht wirklich nur deshalb ausgestiegen und in den dichten, ihm unvertrauten Wald gelaufen, um sich nicht der Peinlichkeit aussetzen zu müssen, bei Mrs. Wickhams Ankunft in Pemberley anwesend zu sein? Immerhin ist sie Mrs. Darcys Schwester. Sehr viel wahrscheinlicher war es doch, dass sich Wickham in London auf irgendwelche ungesetzlichen Unternehmungen eingelassen hatte und Denny, der ihm seine weitere Komplizenschaft verweigerte, zum Schweigen bringen musste, ehe sie Derbyshire verließen!
    Es könnte allerdings noch etwas zu dem Urteil beigetragen haben – ich erfuhr es erst, als ich mich noch im Gericht mit einem der Geschworenen unterhielt. Der Sprecher der Jury hat eine verwitwete Nichte, die er sehr liebt. Ihr Ehemann nahm am irischen Aufstand teil und kam dabei zu Tode. Seitdem ist dieser Geschworene von einem unversöhnlichen Hass auf die Armee erfüllt. Wäre das bekannt geworden, hätte Wickham den betreffenden Geschworenen anfechten können. Der trug aber nicht denselben Namen, und die Sache wäre wohl nie herausgekommen. Wickham hatte vor der Verhandlung erklärt, dass er weder die Auswahl der Geschworenen in Frage stellen wolle, was sein gutes Recht gewesen wäre, noch darauf bestehe, drei Zeugen aufzubieten, die über seinen Charakter aussagen sollten. Er war wohl von Beginn an zuversichtlich, allerdings auch fatalistisch. Er war ein dekorierter Soldat, verwundet im Dienst für das Vaterland und bereit, sich von seinen Landsleuten richten zu lassen. Wenn sein Eid nicht ausreichte, wo sollte er sich dann noch Gerechtigkeit erhoffen?«
    »Eines stimmt mich dennoch bedenklich«, sagte Darcy, »und ich würde gern Ihre Meinung dazu hören, Alveston. Glauben Sie wirklich, dass ein todkranker Mann den ersten Hieb ausgeführt haben kann?«
    »Ja, das glaube ich. Ich hatte es im Laufe meines Berufslebens bereits mit mehreren schwerkranken Menschen zu tun, die eine erstaunliche Kraft aufbrachten, wenn es erforderlich war. Bidwell schlug zwar nur leicht zu und kam danach auch nicht mehr weit – dass er jedoch ohne Hilfe in sein Bett zurückfand, halte ich für ausgeschlossen. Ich nehme an, er hatte die Tür offen gelassen und seine Mutter ging ihn daraufhin suchen. Nachdem sie ihn gefunden hatte, wird sie ihn ins Haus und zu Bett gebracht

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