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Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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zu, dass es vielleicht zu anstrengend für ihn wurde, das Silber ganz allein zu putzen. Welch schmähliche Niederlage das wäre! Energisch zog er den letzten Kandelaber zu sich, griff nach einem frischen Poliertuch, lockerte die schmerzenden Beine unter dem Stuhl und beugte sich wieder über seine Arbeit.

5
    D ie Herren ließen die Damen im Musikzimmer nicht lange warten, und während die Gesellschaft auf dem Sofa und den Stühlen Platz nahm, entspannte sich die Atmosphäre ein wenig. Darcy klappte den Klavierdeckel hoch, und die auf dem Instrument stehenden Kerzen wurden angezündet. Als alle saßen, wandte sich Darcy an Georgiana und erklärte so förmlich, als wäre sie ein Gast, dass sie den Anwesenden eine große Freude bereiten würde, wenn sie etwas spiele und dazu sänge. Georgiana erhob sich. Nachdem sie Alveston einen Blick zugeworfen hatte, trat auch er ans Klavier, und sie verkündete dem Publikum: »Da heute ein Tenor unter uns weilt, habe ich einige Duette ausgewählt.«
    »Eine ausgezeichnete Idee!«, rief Bingley begeistert. »Wir wollen beide hören. Jane und ich haben uns erst letzte Woche an ein paar Duetten versucht, nicht wahr, meine Liebe? Aber dieses Experiment wiederholen wir heute Abend besser nicht. Es war nämlich eine reine Katastrophe …«
    Jane lachte. »Das stimmt doch gar nicht – du hast deine Sache sehr gut gemacht. Ich dagegen übe leider seit der Geburt von Charles Edward nicht mehr genug. Miss Georgiana ist eine ungleich begabtere Musikerin – da wollen wir unsere Freunde nicht mit unseren musikalischen Versuchen belästigen.«
    Elizabeth versuchte sich auf die Melodien zu konzentrieren, doch ihre Gedanken verharrten bei dem Paar am Klavier. Nach den ersten beiden Liedern wurde allgemein um ein drittes gebeten, und es entstand eine kurze Pause, in der Georgiana ein neues Notenbuch ergriff und es Alveston zeigte. Der blätterte darin und deutete auf einige Stellen, die er vielleicht für zu schwierig hielt oder an denen er sich der italienischen Aussprache unsicher war. Georgiana spielte, den Blick auf ihn gerichtet, einige Takte mit der rechten Hand, woraufhin Alveston zustimmend lächelte. Die wartenden Zuhörer schien das Paar gar nicht mehr wahrzunehmen. Es war ein sehr inniger Moment; die beiden wirkten wie in ihrer eigenen Welt, selbstvergessen in der gemeinsamen Liebe zur Musik. Elizabeth betrachtete die andächtigen Gesichter der beiden im Kerzenschein, sah sie, nachdem das Problem gelöst war, lächeln, und als Georgiana sich zum Spielen bereitmachte, wurde ihr klar, dass dies keine flüchtige, auf körperlicher Nähe oder auch nur auf der gemeinsamen Begeisterung für die Musik beruhende Anziehung war. Die beiden waren ineinander verliebt, standen an der Schwelle zur Liebe, an jenem zauberhaften Punkt voller Hoffnung und Erwartung, an dem man einander entdeckt.
    Diesen Zauber hatte sie nie erlebt. Es erstaunte sie immer noch, dass sie zwischen Darcys erstem, beleidigendem Antrag und seiner zweiten, erfolgreichen und reumütigen Bitte um ihre Liebe weniger als eine halbe Stunde allein miteinander verbracht hatten – damals, als sie mit den Gardiners Pemberley besichtigte und er unerwartet zurückkehrte. Er war mit ihr durch die Gärten spaziert und am nächsten Tag zum Gasthof in Lambton hinübergeritten, wo sie logierte. Dort hatte er sie weinend angetroffen, Janes Brief mit der Nachricht von Lydias Flucht in der Hand. Schon nach wenigen Minuten war er hastig gegangen, und sie hatte nicht geglaubt, ihn jemals wiederzusehen. Nicht einmal dem glänzendsten Schriftsteller wäre es wohl gelungen, den Lesern seines Romans glaubhaft zu machen, dass sich innerhalb so kurzer Zeit Stolz bezwingen und Vorurteil überwinden ließ! Und als Darcy und Bingley dann nach Netherfield zurückkehrten und sie Darcy als ihren künftigen Ehemann akzeptiert hatte, war die Zeit des verliebten Umgangs miteinander keineswegs freudvoll gewesen, sondern die wohl spannungsreichste und peinlichste Phase ihres Lebens, weil sie sich so bemühte, Darcy von den lautstarken und überschwenglichen Glückwünschen ihrer Mutter abzulenken, die fast so weit ging, ihm dafür zu danken, dass er sich herabgelassen hatte, um die Hand ihrer Tochter anzuhalten. Jane und Bingley war das alles erspart geblieben; entweder hatte der gutmütige, liebestolle Bingley die Gewöhnlichkeit seiner künftigen Schwiegermutter nicht bemerkt, oder sie störte ihn nicht. Und hätte sie selbst Darcy auch dann geheiratet,

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