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Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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ausgebreitet – Messer, Gabeln, Löffel, die Kandelaber, silberne Servierplatten und Obstschalen. Während er sie putzte, stellte er sich vor, wie die Kandelaber mit langen Kerzen darin juwelengeschmücktes Haar, erhitzte Gesichter und die zitternden Blüten in den Vasen beschienen.
    Es machte ihm nichts aus, seine Familienangehörigen in dem Cottage im Wald alleinzulassen, und sie hatten auch keine Angst. Jahrelang hatte es verwahrlost und verlassen dagestanden, bis Darcys Vater es renovierte und als Wohnung für einen der Hausangestellten herrichtete. Doch obwohl es größer war, als ein Diener erwarten durfte, und Ruhe und Ungestörtheit bot, waren nur wenige bereit, darin zu wohnen. Mr. Darcys Urgroßvater hatte es errichtet, ein Einsiedler, der fast sein ganzes Leben allein, nur von seinem Hund Soldier begleitet, verbracht hatte. In diesem Cottage hatte er sich sogar selbst einfache Mahlzeiten zubereitet, hatte gelesen und die dicken Stämme und das Gewirr des Unterholzes betrachtet, seine Schutzwehr gegen die Welt. Als George Darcy sechzig Jahre alt war, wurde Soldier krank, hilfsbedürftig und von Schmerzen gequält. Bidwells Großvater, damals noch ein kleiner Junge, der im Pferdestall mithalf, hatte eines Tages frische Milch zum Cottage gebracht und seinen Herrn tot aufgefunden. Darcy hatte seinen Hund und sich selbst erschossen.
    Vor Bidwell hatten seine Eltern das Cottage bewohnt. Sie hatte die Geschichte des Hauses ebenso wenig geängstigt wie ihn. Das Gerücht, im Wald spuke es, entsprang einer Tragödie jüngeren Datums, die sich kurz nach der Übernahme des Anwesens durch den Großvater des gegenwärtigen Mr. Darcy ereignet hatte. Ein junger Bursche, einziger Sohn seiner Eltern und in Pemberley als Gärtnergehilfe beschäftigt, war des Wilderns auf dem Grundbesitz des ortsansässigen Friedensrichters Sir Selwyn Hardcastle schuldig gesprochen worden. Das Wildern galt eigentlich nicht als Kapitalverbrechen, und in harten Zeiten, wenn großer Hunger herrschte, zeigten sich die meisten Friedensrichter verständnisvoll, doch der Jagdfrevel in einem Wildpark konnte mit dem Tod geahndet werden, und Sir Selwyns Vater hatte auf dem vollen Strafmaß bestanden. Mr. Darcy hatte leidenschaftlich dafür plädiert, Milde walten zu lassen, doch Sir Selwyn weigerte sich. Eine Woche nach der Hinrichtung des Jungen hatte sich seine Mutter erhängt. Obwohl Mr. Darcy zumindest getan hatte, was in seiner Macht stand, hieß es, die tote Frau mache hauptsächlich ihn verantwortlich. Sie habe die Familie Darcy verflucht, und nun griff der Aberglaube um sich, diejenigen, die dumm genug waren, den Wald nach Einbruch der Dunkelheit zu betreten, würden ihren Geist wehklagend zwischen den Bäumen umherstreifen sehen, und jedes Mal würde das Rachegespenst einen Todesfall auf dem Anwesen ankündigen.
    Bidwell duldete solche Narrheiten nicht, aber eine Woche zuvor war ihm zu Ohren gekommen, dass zwei von den Hausmädchen, Betsy und Joan, im Dienstbotenraum herumgetuschelt hatten, sie wären dem Geist begegnet, als sie sich einer Mutprobe wegen in den Wald gewagt hätten. Er hatte sie davor gewarnt, solchen Unsinn zu erzählen, der, wäre er Mrs. Reynolds zugetragen worden, zu ernsthaften Konsequenzen für die Mädchen geführt hätte. Seine Tochter Louisa arbeitete zwar nicht mehr in Pemberley, weil sie zu Hause bei der Pflege ihres kranken Bruders mithelfen musste, aber er machte sich Gedanken, ob die Geschichte womöglich zu ihr durchgedrungen war. Jedenfalls achteten ihre Mutter und sie jetzt sorgsamer darauf, dass die Cottagetür nachts geschlossen war, und hatten ihn angewiesen, dreimal laut und viermal etwas leiser anzuklopfen, wenn er spät aus Pemberley zurückkehrte, und den Schlüssel erst dann ins Schloss zu stecken.
    Das Cottage bringe Unglück, hieß es, doch Unglück war den Bidwells erst in den letzten Jahren widerfahren. So genau, als wäre es gestern geschehen, erinnerte er sich an die Trostlosigkeit des Moments, als er zum letzten Mal die prächtige Livree des Oberkutschers von Mr. Darcy von Pemberley ausgezogen und seinen geliebten Pferden adieu gesagt hatte. Und nun lag sein einziger Sohn, die Hoffnung für die Zukunft, seit einem Jahr von Schmerzen gepeinigt im Sterben.
    Als wäre das nicht genug, machte ihnen auch die älteste Tochter Kummer, das Kind, von dem seine Frau und er nie Schwierigkeiten erwartet hatten. Mit Sarah war immer alles in Ordnung gewesen. Sie hatte den Sohn des Gastwirts vom King’s

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