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Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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einen Stuhl sowie einen abgeschlossenen Schrank, in dem sich Waffen und Munition befanden. Der schmale Tisch war offenbar von der Wand weggerückt worden und stand nun in der Mitte des Raums. Darauf lag die mit einem sauberen Leintuch bedeckte Leiche.
    Bevor er zu Sir Selwyn geritten war, um ihn von Dennys Tod zu unterrichten, hatte Darcy Stoughton beauftragt, Leuchter von einheitlicher Größe und die besten langen Wachskerzen bereitzustellen, was bei Stoughton und Mrs. Reynolds vermutlich zu einigem Murren geführt hatte, denn es handelte sich um Kerzen, die üblicherweise nur im Speisezimmer verwendet wurden. Er selbst hatte sie gemeinsam mit Stoughton in zwei Reihen auf dem Schreibtisch aufgestellt und eine schmale Anzündkerze bereitgelegt. Während er sie nun von einer Kerzenspitze zur nächsten wandern ließ, erhellte sich der Raum. Ein warmer Glanz überzog die Gesichter der Umstehenden und ließ selbst Hardcastles grobe, knochige Züge sanft erscheinen. Die Rauchfahnen stiegen wie Weihrauch in die Höhe, und ihr flüchtiger Duft verlor sich im Geruch von Bienenwachs. Darcy erschien es, als hätte sich der Schreibtisch mit den aufgereihten brennenden Kerzen in einen überladenen Altar verwandelt und die so karg und zweckmäßig möblierte Waffenkammer in eine Kapelle. Ihm war, als hielten er und die vier anderen Männer heimlich eine Totenfeier nach dem strengen Ritus einer seltsamen Religion ab.
    Während sie den Leichnam wie unpassend gekleidete Messdiener umringten, schlug Hardcastle das Leintuch zurück. Dennys rechtes Auge war mit schwarzem Blut verkrustet, das auch den größten Teil des Gesichts überzog, doch das linke Auge stand offen, und die Pupille war so nach oben verdreht, dass Darcy, der sich hinter Dennys Kopf gestellt hatte, sie auf sich gerichtet glaubte. Der beharrliche Blick enthielt nicht die Leere des Todes, sondern einen lebenslangen Vorwurf.
    Dr. Belcher betastete Dennys Kopf, Arme und Beine und verkündete: »Im Gesicht hat die Leichenstarre bereits eingesetzt. In einer vorläufigen Schätzung würde ich sagen, dass er seit etwa fünf Stunden tot ist.«
    Hardcastle stellte eine kurze Berechnung an. Dann sagte er: »Das bestätigt unsere Vermutung, dass er kurz nach dem Verlassen der Kutsche und annähernd zu dem Zeitpunkt starb, als die Schüsse zu hören waren. Er wurde gegen neun Uhr gestern Abend getötet. Was ist mit der Wunde?«
    Dr. Belcher und Dr. McFee traten dichter heran und reichten Brownrigg ihre Leuchter, der sie, nachdem er seine eigene Kerze auf dem Schreibtisch abgestellt hatte, in die Höhe hielt, während die beiden Ärzte den dunklen Blutfleck eingehend betrachteten.
    »Wir müssen die Wunde säubern, um feststellen zu können, wie tief sie ist«, sagte Dr. Belcher. »Zuvor sollten wir jedoch festhalten, dass ein Teil eines verdorrten Blattes und ein kleiner Klumpen Erde auf der blutigen Stelle kleben. Er muss, nachdem ihm die Wunde zugefügt worden ist, vornübergefallen sein. Wo ist das Wasser?« Er blickte sich um, als erwartete er, dass es aus dem Nichts auftauchen würde.
    Darcy streckte den Kopf zur Tür hinaus und wies Mrs. Reynolds an, eine Schüssel mit Wasser und zwei kleine Handtücher zu bringen. Das Gewünschte kam so schnell, als hätte sie mit dem Befehl gerechnet und nebenan in der Toilette am Wasserhahn gewartet. Sie reichte Darcy Schüssel und Handtücher, ohne die Waffenkammer zu betreten. Dr. Belcher schritt zu seinem Arztkoffer, entnahm ihm mehrere weiße Wollknäuel, wischte die Haut energisch ab und warf die rot gefärbte Wolle ins Wasser. Nacheinander nahmen er und Dr. McFee die Wunde gründlich in Augenschein und betasteten noch einmal die Haut ringsum.
    Schließlich ergriff Dr. Belcher das Wort. »Er wurde von einem harten, möglicherweise runden Gegenstand getroffen – Genaueres über Form und Größe der Waffe lässt sich nicht sagen, weil die Haut eingerissen ist. Ich bin mir jedoch sicher, dass ihn dieser Schlag nicht getötet hat. Er führte zwar zu einer starken Blutung, was bei Kopfverletzungen häufig geschieht, kann aber nicht tödlich gewesen sein. Ich weiß nicht, ob mein Kollege diese Ansicht teilt.«
    Dr. McFee betastete die Wunde noch einmal sehr ausführlich und sagte nach etwa einer Minute: »Ich bin derselben Meinung. Es handelt sich um eine oberflächliche Verletzung.«
    Hardcastles Stimme durchbrach die Stille. »Dann drehen Sie ihn jetzt um!«
    Denny war ein schwerer Mann, aber mit Dr. McFees Hilfe gelang es

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