Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
wesentlich länger, die Sachen zu ihrer Zufriedenheit in der Truhe zu verstauen, als die Bingley’schen Koffer zu packen. Doch als Darcy und Elizabeth zum Mittagessen zurückkehrten, war alles getan, und um zwanzig Minuten nach zwei saßen die Bingleys in ihrer Kutsche. Letzte Abschiedsworte wurden gewechselt, dann fuhr der Wagen ruckartig an, rollte schwankend den breiten Uferweg und die lange abschüssige Auffahrt hinunter und verschwand. Elizabeth sah ihm nach, als könnte sie das Gefährt zurückzaubern; schließlich wandte sich die kleine Gruppe um und trat ins Haus.
In der Eingangshalle blieb Darcy stehen und sagte zu Fitzwilliam und Alveston: »Ich wäre dankbar für ein Treffen in der Bibliothek, in einer halben Stunde. Wir drei haben Dennys Leiche gefunden und werden vor Gericht aussagen müssen. Sir Selwyn hat mir heute Morgen nach dem Frühstück eine Nachricht geschickt und mitgeteilt, dass Dr. Jonah Makepeace, der Untersuchungsrichter, den Termin auf Mittwoch, elf Uhr, festgesetzt hat. Ich möchte herausfinden, ob unsere Erinnerungen insbesondere in dem übereinstimmen, was nach der Auffindung von Captain Dennys Leiche gesprochen wurde. Außerdem erachte ich es als sinnvoll, ganz allgemein zu bereden, wie wir in der Sache vorgehen sollen. Was wir gesehen und gehört haben, war so bizarr und das Mondlicht so trügerisch, dass ich mir manchmal selbst in Erinnerung rufen muss, dass es wirklich passiert ist.«
Die beiden anderen stimmten murmelnd zu.
Fast auf die Sekunde pünktlich betraten sie eine halbe Stunde später die Bibliothek, wo Darcy bereits Platz genommen hatte. An dem rechteckigen Kartentisch standen drei Stühle und beiderseits des Kamins je ein Armsessel mit Lederknöpfen. Nach kurzem Zögern bedeutete Darcy den Neuankömmlingen, sich dort niederzulassen, holte einen der Stühle vom Tisch und setzte sich zwischen die beiden Männer. Er hatte den Eindruck, dass sich Alveston, der auf dem vordersten Rand seines Sessels saß, unbehaglich, ja verlegen fühlte, was so sehr im Widerspruch zu seinem üblichen Selbstbewusstsein stand, dass es Darcy erstaunte, als Alveston das Wort ergriff und ihn ansprach.
»Sie werden sicherlich Ihren eigenen Anwalt hinzuziehen, Sir, aber falls er einen weiten Anfahrtsweg hat und ich zwischenzeitlich behilflich sein kann, stehe ich zur Verfügung. Da ich selbst Zeuge bin, kann ich natürlich weder Mr. Wickham noch die Familie Darcy vertreten, doch wenn ich Ihnen von Nutzen sein kann, würde ich Mrs. Bingleys Gastfreundschaft noch ein wenig länger strapazieren. Mr. und Mrs. Bingley waren so freundlich, es mir anzubieten.«
Er hatte stockend gesprochen. Aus dem gerissenen, erfolgreichen, vielleicht auch arroganten jungen Anwalt war einen Augenblick lang ein verunsicherter, unbeholfener Junge geworden. Darcy wusste, weshalb. Alveston befürchtete, sein Angebot könnte – vor allem von Colonel Fitzwilliam – als eine List gedeutet werden, mit deren Hilfe er die Annäherung an Georgiana vorantreiben wollte. Darcy zögerte nur kurz, doch lang genug, um Alveston Gelegenheit zum raschen Weitersprechen zu geben.
»Colonel Fitzwilliam hat bestimmt Erfahrungen mit Militärtribunalen, so dass Sie vielleicht jede Beratung, die ich anbieten könnte, als überflüssig erachten, vor allem da der Colonel sich im Gegensatz zu mir hier in der Gegend auskennt.«
Darcy wandte sich an Colonel Fitzwilliam. »Ich nehme an, du teilst meine Meinung, dass wir jede verfügbare juristische Hilfe annehmen sollten.«
Der Colonel entgegnete gelassen: »Ich bin kein Friedensrichter und war nie einer, und dass mich die sporadischen Erfahrungen, die ich mit Militärgerichten gesammelt habe, zum Experten für Zivilstrafrecht gemacht hätten, kann ich auch nicht behaupten. Da ich im Gegensatz zu Darcy nicht mit George Wickham verwandt bin, habe ich nicht das Recht, in dieser Angelegenheit vor Gericht gehört zu werden, es sei denn als Zeuge. Darcy muss selbst entscheiden, welchen Rat er annimmt. Aber Mr. Alveston hat ja soeben selbst gesagt, dass er in der vorliegenden Sache wohl kaum von Nutzen sein kann.«
»Es wäre unnötige Zeitverschwendung, täglich zwischen Highmarten und Pemberley hin- und herzureiten«, sagte Darcy zu Alveston. »Mrs. Darcy hat mit ihrer Schwester gesprochen, und wir hoffen, dass Sie unsere Einladung annehmen, hier in Pemberley zu bleiben. Gut möglich, dass Sir Selwyn Hardcastle Sie bitten wird, Ihre Abreise zu verschieben, bis die polizeiliche Ermittlung
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