Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
in der Schlacht, die am 21. Juni bei Enniscorthy geschlagen wurde. Wir stürmten den Hügel und zwangen die Aufständischen zum Rückzug. Am 8. August ging General Jean Humbert mit tausend französischen Soldaten an Land und marschierte in südlicher Richtung auf Castlebar zu. Der Franzosengeneral spornte seine aufständischen Verbündeten zur Gründung der sogenannten Republic of Connaught an und schlug General Lake am 27. August in der Schlacht von Castlebar vernichtend – eine demütigende Niederlage für die britische Armee. Doch dann forderte Lord Cornwallis Verstärkung an. Er beließ seine Truppen zwischen den französischen Invasoren und Dublin und schloss Humbert zwischen sich und General Lake ein. Das war das Ende der Franzosen. Nach dem Angriff der britischen Dragoner auf die irische Flanke und die französischen Linien kapitulierte Humbert. An diesem Angriff war Wickham beteiligt. Er war dabei, als die Aufständischen zusammengetrieben und die Republic of Connaught zerschlagen wurde. Ein blutiges Handwerk, die Aufständischen zur Strecke zu bringen und zu bestrafen …«
Darcy spürte, dass der Colonel den detaillierten Bericht schon oft abgeliefert hatte und seinen Vortrag sehr genoss.
»Und Wickham war daran beteiligt?«, fragte Alveston. »Wir wissen alle, was zum Niederschlagen eines Aufstands dazugehört. Es dürfte genügen, um einem Mann Gewalt vielleicht nicht gerade schmackhaft, aber doch zumindest vertraut zu machen. Wir versuchen doch gerade herauszufinden, was für ein Mensch aus George Wickham geworden ist!«
»Er ist ein guter, tapferer Soldat geworden«, versicherte ihm Colonel Fitzwilliam. »Ich stimme Darcy zu, ich sehe ihn nicht als Mörder. Ist bekannt, wie er und seine Frau seit seinem Ausscheiden aus der Armee im Jahr 1800 gelebt haben?«
»Er wurde nie in Pemberley empfangen«, erklärte Darcy, »und wir standen nicht in Verbindung zueinander, aber in Highmarten erhält Mrs. Wickham Aufnahme. Es ist ihnen nicht gut ergangen. Nach dem Irlandfeldzug von 1798 war Wickham eine Art Nationalheld, was ihm zwar Anstellungen verschaffte, in denen er sich aber nie hielt. Offenbar fuhr das Paar immer dann nach Longbourn, wenn Mr. Wickham keine Arbeit und nur mehr wenig Geld hatte, und Mrs. Wickham genoss es natürlich, alte Freundinnen zu besuchen und mit den Heldentaten ihres Mannes zu prahlen, aber die Besuche dauerten nur selten länger als drei Wochen. Irgendwer muss die beiden regelmäßig finanziell unterstützt haben. Mr. Wickham sprach nie darüber, und Mrs. Bingley stellte natürlich auch keine Fragen. Mehr weiß ich nicht, und mehr möchte ich offengestanden auch nicht wissen.«
»Da ich Mr. Wickham Freitagnacht zum ersten Mal begegnet bin, beruht meine Ansicht über seine Schuld oder Unschuld nicht auf seiner Persönlichkeit oder Vergangenheit, sondern einzig auf meiner Einschätzung der bisher verfügbaren Indizien«, sagte Alveston. »Ich halte seine Verteidigung für sehr aussichtsreich. Es ist gut möglich, dass hinter seinem sogenannten Geständnis nichts weiter steckt als ein schlechtes Gewissen, weil er seinen Freund dazu getrieben hatte, aus der Kutsche auszusteigen. Er war betrunken, und Weinerlichkeit nach einem Schock ist bei Berauschten nichts Ungewöhnliches. Aber sehen wir uns einmal die objektiven Indizien an. Das größte Rätsel in diesem Fall ist, warum Captain Denny in den Wald lief. Was hatte er von Wickham zu befürchten? Denny war der Größere und Kräftigere von beiden, und er trug eine Waffe bei sich. Wenn er zum Gasthof zurückgehen wollte, warum tat er es nicht auf der Straße? Die Kutsche hätte ihn zwar einholen können, aber er war wie gesagt eigentlich nicht in Gefahr. Wickham hätte ihn nicht angegriffen, während Mrs. Wickham in der Kutsche saß. Wahrscheinlich wird man vor Gericht behaupten, Denny habe sich gezwungen gesehen, sich von Wickham entfernen zu müssen, und zwar unverzüglich, weil ihn das Vorhaben seines Gefährten, Mrs. Wickham in Pemberley zurückzulassen, ohne dass sie zum Ball eingeladen war und ohne dass man Mrs. Darcy verständigt hatte, mit Abscheu erfüllte. Dieses Vorhaben war ja auch wirklich ungezogen und rücksichtslos, rechtfertigt aber wohl kaum Dennys dramatische Flucht aus der Kutsche. Im Wald war es dunkel, und er hatte keine Lampe. Für mich ist sein Verhalten völlig unverständlich.
Und es gibt noch überzeugendere Indizien. Wo sind die Waffen? Es müssen zwei gewesen sein. Der erste Schlag auf die
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