Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
Stirn führte nur zu einer leichten Blutung, die Denny die Sicht raubte, so dass er ins Torkeln geriet. Die Wunde am Hinterkopf wurde ihm mit einer anderen Waffe zugefügt, mit einem schweren, abgerundeten Gegenstand, einem Stein möglicherweise. Und der Darstellung derer zufolge, die diese Wunde gesehen haben – Sie eingeschlossen, Mr. Darcy –, ist sie so tief und lang, dass ein abergläubischer Mensch denken könnte, sie sei nicht durch Menschenhand entstanden und ganz gewiss nicht durch Wickham. Ich bezweifle, dass er einen Stein dieses Gewichts mühelos hätte so hoch heben können, dass dieser genau das anvisierte Ziel traf. Und sollen wir etwa annehmen, der Stein hätte passenderweise rein zufällig dort gelegen? Dann hätten wir noch die Kratzer an Wickhams Stirn und an den Händen. Sie sind ein starker Hinweis darauf, dass er sich nach dem ersten Anblick von Dennys Leiche im Wald verlief.«
»Sie meinen also, dass man ihn freisprechen würde, falls die Sache vor das Schwurgericht kommt?«, fragte Colonel Fitzwilliam.
»Die bisher vorliegenden Indizien sprechen dafür, aber in Fällen ohne weitere Verdächtige besteht immer die Gefahr, dass sich die Geschworenen fragen: Wenn er es nicht war, wer dann? Für einen Richter oder Verteidiger ist es schwer, die Geschworenen vor dieser Frage zu warnen, ohne sie ihnen gleichzeitig zu suggerieren. Wickham wird einen guten Anwalt brauchen.«
»Ich werde einen auftreiben«, sagte Darcy.
»Versuchen Sie Jeremiah Mickledore für diese Aufgabe zu gewinnen«, riet Alveston. »Er ist wie geschaffen für derartige Fälle und für Geschworene aus der Stadt. Allerdings übernimmt er nur Aufträge, die ihn interessieren, und hasst es, London verlassen zu müssen.«
»Besteht die Möglichkeit, den Fall einem Gericht in London zuzuweisen? Sonst wird darüber erst im nächsten Frühjahr oder Sommer vor dem Schwurgericht in Derby verhandelt.« Darcy sah Alveston an. »Erklären Sie mir doch bitte den genauen Ablauf.«
»Dem staatlichen Willen zufolge wird nach Möglichkeit in der nächstgelegenen Stadt verhandelt, die Sitz eines Schwurgerichts ist. Die Begründung lautet, dort könnten die Leute mit eigenen Augen sehen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Wenn man einen Fall verweist, dann üblicherweise nur an den nächsten Schwurgerichtshof der Grafschaft und auch nur, wenn ein triftiger Grund vorliegt, etwas so Schwerwiegendes, dass ein fairer Prozess vor dem eigentlich zuständigen Gericht nicht möglich erscheint – Zweifel an einem ordnungsgemäßen Verhandlungsablauf, Geschworene, die bestochen sein könnten, Richter, die als korrupt gelten. Oder aber dem Angeklagten schlägt so großer Hass aus der örtlichen Bevölkerung entgegen, dass der Prozess schon im Vorhinein davon beeinflusst würde. Nur der Erste Kronanwalt hat die Befugnis, darüber zu bestimmen und die Strafverfolgung abzubrechen, was in unserem Fall hieße, dass man den Prozess durch kronanwaltliche Entscheidung an ein anderes Gericht verweist.«
»Es ist also die Entscheidung von Spencer Perceval?«, fragte Darcy.
»Genau. Da das Verbrechen auf dem Besitz eines hiesigen Friedensrichters begangen wurde, könnte man vielleicht ins Feld führen, dass ein Prozess am Ort für ihn und seine Familie unzumutbar wäre oder dass es in der ganzen Gegend zu Tratsch und Unterstellungen hinsichtlich der Beziehung zwischen Pemberley und dem Beschuldigten kommen könnte, was der Gerechtigkeit Abbruch täte. Es dürfte nicht einfach sein, den Prozess verlegen zu lassen, aber die Tatsache, dass Wickham sowohl mit Ihnen als auch mit Mr. Bingley verschwägert ist, könnte in den Augen des Ersten Kronanwalts eine schwerwiegende Komplikation darstellen. Er trifft seine Entscheidung nicht aufgrund persönlicher Wünsche, sondern versucht herauszufinden, ob der Gerechtigkeit durch eine Verlegung am besten gedient ist. Doch Sie sollten ganz unabhängig vom Ort der Verhandlung versuchen, Jeremiah Mickledore als Verteidiger zu gewinnen. Ich war bis vor etwa zwei Jahren Referendar bei ihm und könnte ihn vielleicht dazu bewegen. Am besten schicken Sie ihm per Eilboten eine schriftliche Darstellung der Fakten, und ich bespreche den Fall mit ihm, wenn ich nach der gerichtlichen Untersuchung wieder in London bin.«
Darcy nahm den Vorschlag dankend an. Daraufhin sagte Alveston: »Gentlemen, ich denke, wir sollten uns jetzt über die Zeugenaussagen unterhalten, die wir machen müssen, wenn man uns fragt, was Wickham
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