Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
gekränkt, Mrs. Bidwell«, versicherte ihr Elizabeth. »Mr. Oliphant ist ein feinfühliger und verständnisvoller Mensch. Mr. Darcy hat großes Vertrauen zu ihm.«
»Wir alle, Madam, wir alle.«
Sie schwiegen eine Weile. Schließlich sagte Mrs. Bidwell: »Ich habe noch gar nicht vom Tod dieses armen jungen Mannes gesprochen. Es hat Will schrecklich zugesetzt, dass sich ein solcher Vorfall im Wald ganz in unserer Nähe ereignet hat und er uns nicht beschützen konnte.«
»Aber Sie waren doch hoffentlich nicht in Gefahr, Mrs. Bidwell. Mir wurde gesagt, Sie hätten nichts gehört.«
»Das stimmt – außer den Pistolenschüssen haben wir nichts gehört. Will hat nur wieder gespürt, wie hilflos er ist und welche Last sein Vater zu tragen hat. Aber diese Tragödie ist für Sie und den Herrn so schrecklich, dass ich besser nicht weiter von Dingen rede, über die ich nicht Bescheid weiß.«
»Sie kannten doch Mr. Wickham, als er noch ein Kind war?«
»Ja, ja, Madam. Der junge Herr und George Wickham haben immer zusammen im Wald gespielt. Wild waren sie, wie Knaben nun einmal sind, aber der junge Herr war der ruhigere von beiden. Ich weiß, dass aus Mr. Wickham später ein wüster Mensch geworden ist und er dem Herrn viel Kummer bereitet hat, aber seit Ihrer Hochzeit hat er nicht mehr von Mr. Wickham gesprochen, und das ist bestimmt das Beste. Aber dass der Knabe, den ich aufwachsen sah, zum Mörder geworden ist, kann ich nicht glauben.«
Wieder schwiegen sie. Elizabeth hatte sich vorgenommen, Mrs. Bidwell einen etwas heiklen Vorschlag zu unterbreiten, und überlegte, wie sie ihn am besten vorbringen sollte. Darcy und sie befürchteten, die abgeschieden lebenden Bidwells könnten sich seit dem Mord in Gefahr wähnen, insbesondere da ihr schwerkranker Sohn im Haus war und der Vater sich so häufig in Pemberley aufhielt. Weil sie eine solche Angst für sehr verständlich hielten, wollten Elizabeth und Darcy Mrs. Bidwell vorschlagen, die ganze Familie solle wenigstens bis zur Lösung des Falls nach Pemberley ziehen. Das Unternehmen hing natürlich davon ab, ob Will den Umzug durchstehen würde, aber um ihm die holprige Kutschenfahrt zu ersparen, plante man, ihn behutsam auf der Trage nach Pemberley zu bringen und ihn dort in einem ruhigen Zimmer aufopferungsvoll zu pflegen. Als Elizabeth den Vorschlag schließlich ausgesprochen hatte, erschrak sie geradezu über die Gegenwehr, die er bei Mrs. Bidwell hervorrief. Zum ersten Mal wirkte die Frau jetzt wirklich verängstigt und brachte ihre Erwiderung mit dem Ausdruck größten Entsetzens vor.
»O nein, Madam, bitte verlangen Sie das nicht von uns! Es würde Will nur unglücklich machen, wenn er nicht im Cottage bleiben könnte. Wir fürchten uns nicht. Louisa und ich haben keine Angst, auch wenn Bidwell nicht da ist. Nachdem Colonel Fitzwilliam so freundlich war, nach uns zu sehen, haben wir alle seine Anordnungen befolgt. Ich habe die Tür verriegelt und die Fenster im Erdgeschoß geschlossen, und niemand ist auch nur in unsere Nähe gekommen. Das war doch bloß ein Wilddieb, der überrascht wurde und unüberlegt gehandelt hat, Madam, aber mit uns hatte er ja keinen Streit. Und Dr. McFee würde bestimmt sagen, dass der Umzug für Will zu viel wäre. Bitte übermitteln Sie Mr. Darcy unseren Dank und unsere Grüße, und sagen Sie ihm, dass es gar nicht in Frage kommt.«
Ihr Blick, die ausgestreckten Hände – ein einziges Flehen. Elizabeth erwiderte sanft: »Dann lassen wir es bleiben. Aber wir können zumindest dafür sorgen, dass Ihr Mann die meiste Zeit über hier ist. Wir werden ihn zwar sehr vermissen, doch solange Will so krank ist und Pflege braucht, kann ein anderer seine Arbeit tun.«
»Das wird ihm nicht recht sein, Madam. Der Gedanke, andere könnten seine Aufgaben übernehmen, würde ihm weh tun.«
Elizabeth hätte am liebsten gesagt, wenn es so sei, dann müsse er diesen Schmerz eben erdulden, doch sie spürte, dass es um etwas Ernsteres ging als nur um Bidwells Wunsch, sich immer gebraucht zu fühlen. Sie beschloss, die Sache fürs Erste auf sich beruhen zu lassen. Mrs. Bidwell würde bestimmt mit ihrem Mann darüber sprechen und es sich vielleicht doch anders überlegen. Und mit einem hatte sie natürlich recht: Wenn Dr. McFee der Ansicht war, dass man Will den Umzug nicht zumuten könne, wäre es töricht, das Vorhaben auszuführen.
Sie hatten sich gerade voneinander verabschiedet und von den Sesseln erhoben, als über dem Rand der
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