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Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Schneehaube.
    Ich dachte an Andrew Ryan. Ich vermisste ihn wirklich. Aber die pragmatischen Hirnzellen hatten eindeutig recht. Ich musste einen Schlussstrich ziehen.
    Ich musste lächeln, als ich an Katys »Zufall« zum Dessert dachte. Ihre Kuppelbemühungen hatten schon vor einigen Jahren angefangen und sich nach Summers Auftreten noch intensiviert. Judd der Apotheker. Donald der Tierarzt. Barry der Unternehmer. Sam der was? Keine Ahnung. Ich lehnte alle Angebote ab.
    Meine Tochter, die Emma Woodhouse von Dixie.
    Jetzt also Charlie, der Strafverteidiger.
    In einem hatte Katy allerdings recht. Charlie Hunt war intelligent, gut aussehend, zu haben und interessiert. Warum also keinen Versuch wagen?
    Charlie war Witwer seit dem 11. September. Das hieß, er hatte eine Last zu tragen. War er bereit für eine Beziehung? War ich es? Auch ich hatte mein Vergangenheitsgepäck.
    Herr-je. Der Mann hatte einen Kaffee vorgeschlagen.
    Songzeilen kamen mir in den Sinn. England Dan und John Ford Coley.
    I’m not talking ’bout moving in.
    And I don’t want to change your life …

    Da haben wir’s.
    Moving in. Einziehen. Oder einen Schlussstrich ziehen.
    Der gute, alte Pete zog einen Schlussstrich.
    Pete und Summer.
    Wie lautete eigentlich Summers Familienname? Glotsky? Grumsky? Ich musste nachfragen.
    Wieder und wieder kehrten meine Gedanken zu dem Keller zurück.
    Ich dachte an die Puppe mit dem winzigen Schwert in ihrer Brust. An das Messer.
    Das Huhn war geköpft worden. War die Ziege auf ähnliche Art geschlachtet worden?
    Hatte es wirklich ein Menschenopfer gegeben? Wie bei Mark Kilroy, dem College-Studenten, der in Matamoros umgebracht worden war? Lingo unterstellte das, aber der quasselte ja nur. Er hatte keine Informationen. Ich leider auch nicht.
    Ich beschloss, welche zu finden.

9
    Obwohl ich nur wenig geschlafen hatte, stand ich wieder bei Tagesanbruch auf. Kaffee und ein Muffin, und ich war unterwegs ins Institut des MCME.
    Um 8 Uhr 30 lagen beide Oberschenkelknochen auf der Arbeitsfläche. Wie auch drei andere Abschnitte aus langen Röhrenknochen. Letztere waren zersägt und stammten von einem kleinen Säugetier. Oder Säugetieren. Da keine anatomischen Merkmale vorhanden waren, brachte mir das Osteologie-Buch nichts. Ich brauchte eine histologische Untersuchung zur Bestimmung von Spezies und Anzahl.
    Um zehn war der große Kessel geleert. Die restliche Erde hatte noch drei weitere rote Perlen, ein Geweihstück, vermutlich Hirsch, und ein kleines Plastikskelett enthalten.

    Nachdem ich die Sammlung fotografiert hatte, wandte ich mich den menschlichen Beinknochen zu.
    Die beiden Knochen waren ähnlich in Größe und Robustheit. Beide waren schlank und zeigten keine ausgeprägten Muskelansätze. Der eine war ein linker, der andere ein rechter. Beide waren gerade, mit nur wenig Schaftkrümmung, was eher ein afroamerikanisches als ein europäisches Merkmal war.
    Wie schon beim Schädel nahm ich auch hier die Maße ab. Maximale Länge. Breite des Doppelgelenkkopfes. Umfang des Mittelschafts. Nachdem ich zwei Sätze mit neun Angaben fertig hatte, gab ich die Daten in Fordisc 3.0 ein.
    Die Knochen wurden als weiblich klassifiziert. Und als schwarz.
    Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf das Alter.
    Wie der Schädel sind auch die Röhrenknochen nicht ab Werk montiert. So läuft das Ganze ab.
    Während der röhrenförmige Teil, der Schaft, sich während der Kindheit verlängert, bilden sich um ihn herum Gelenkkappen, -köpfe, Grate und Höcker. Erst das Zusammenwachsen dieser Teilchen zu einem kompletten Ganzen, irgendwann Mitte bis Ende der Pubertät, gibt jedem Knochen seine charakteristische Form.
    Die Verschmelzung geschieht in fester Abfolge, in grob vorhersagbaren Altersstadien. Ellbogen. Hüfte. Fußgelenk. Knie. Handgelenk. Schulter.
    Beide Oberschenkelknochen zeigten identische Muster. Die Hüftenden waren voll ausgewachsen, was eine komplette Verschmelzung der Köpfe mit den Hälsen und der größeren und kleineren Rollhügel mit den Schäften bedeutet. Am anderen Ende deuteten krakelige Linien an der Gelenkoberfläche darauf hin, dass die Gelenkköpfe am Knie mit ihrer Arbeit noch nicht ganz fertig waren. Das alles deutete auf einen Tod irgendwann im späten Teenageralter hin.
    Die Beinknochen kamen von einer jungen Schwarzen. Der Schädel ebenfalls.

    Ich fühlte mich, was? Erleichtert? Resigniert? Ich war nicht sicher.
    Ich dachte an das Mädchen auf dem Foto. Diesem sehr modernen Foto.
    Ich betrachtete noch

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