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Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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ein.
    Eine siebenundfünfzigjährige Lehrerin verklagte den Schulbezirk wegen angeblicher Altersdiskriminierung, die zu ihrer Entlassung geführt habe. Ein arbeitsloser Lastwagenfahrer hatte in der Powerball-Lotterie fünfzehn Millionen Dollar gewonnen.
    Bird hüpfte aufs Bett und rollte sich an meinem Knie zusammen.

    »Gut für den Lastwagenfahrer«, sagte ich und streichelte dem Kater den Kopf.
    Der Kater schaute mich an.
    »Der Mann hat fünf Kinder und keine Arbeit.«
    Noch immer keine Katzenmeinung.
    Ein Ehepaar war verhaftet worden, weil es Kupferdraht von einem Fabrikgelände an der Tuckaseegee Road gestohlen hatte. Zusätzlich zu dem Diebstahl warf man dem einfallsreichen Paar auch noch Anstiftung Minderjähriger zu einem Verbrechen vor. Mom und Dad hatten die Kinder auf ihre Raubzüge mitgenommen.
    Die Behörden untersuchten den Tod eines vierundsechzigjährigen Mannes durch Schusswaffengebrauch in seinem Haus in Pineville. Obwohl die Polizei keine Hinweise auf ein Verbrechen gefunden hatte, war der Tod als verdächtig klassifiziert worden. Der Medical Examiner würde eine Autopsie durchführen.
    Ich döste langsam ein.
    »— Anbetung Satans direkt hier in den Kellern und Hinterzimmern unserer Stadt. Heidnische Götzenverehrung. Opfer. Blutvergießen. «
    Die Stimme war ein Bariton, die Vokale dick wie Sirup.
    Meine Augen sprangen auf.
    Der Bericht kam eben zum Ende. Übergewichtig und rotgesichtig ließ Boyce Lingo eine seiner medienwirksamen Tiraden vom Stapel.
    »Diejenigen, die Luzifer folgen, müssen schnell und unbarmherzig ausgemerzt werden. Ihr böses Tun muss gestoppt werden, bevor es auf unsere Spielplätze und unsere Schulhöfe sickert. Bevor es den innersten Zusammenhalt unserer Gesellschaft bedroht.«
    Als Prediger, der zum County Commissioner, also zum Bezirkspolizeichef, gewählt geworden war, stellte Lingo ein Paradebeispiel für extremistische Ideologie, Pseudo-Christlichkeit, Pseudo-Patriotismus und kaum verhüllten weiß-männlichen Chauvinismus dar. Sein Wahlkreis war einer, der die Wirtschaft dereguliert,
den Sozialstaat klein und die Bürgerschaft weiß, in Amerika geboren und strikt christlich haben wollte.
    »Du Schwachkopf!« Hätte ich die Fernbedienung in der Hand gehabt, hätte ich sie nach ihm geworfen.
    Birdie sprang vom Bett.
    »Du vernagelter Idiot!« Ich schlug mit der Hand auf die Matratze.
    Ich hörte leises Tapsen und nahm an, dass Birdie den Abstand vergrößerte. Diese Suada war typisch für Lingo. Der Mann hatte eine Art, sich an jedes medienwirksame Thema dranzuhängen, nur um eine Minute Sendezeit oder eine Schlagzeile zu bekommen.
    Ich schaltete Fernseher und Lampe aus und lag dann angespannt und wütend im Dunkeln. Ich warf mich herum, trat die Decke nach unten, schüttelte das Kissen auf, doch die Gedanken und Bilder wirbelten wie in einem Kaleidoskop durch mein Hirn. Die Kessel. Das verweste Huhn. Der menschliche Schädel und der Oberschenkelknochen.
    Das Schulfoto.
    Wer war das Mädchen? War Skinnys Entscheidung richtig gewesen? Oder sollten wir das Foto doch im Fernsehen bringen?
    War das Foto schon irgendwo weit weg über die Bildschirme geflimmert, in einem Sendegebiet, der mit Charlotte nichts zu tun hatte? Hatte irgendein Nachrichtensprecher von einem vermissten Mädchen berichtet, das auf dem Nachhauseweg von einem Ballspiel oder einem Pizzaabend mit Freunden verschwunden war? Wann? War das vor der Einrichtung der Zentren für vermisste Kinder und des Amber Alert gewesen, der freiwilligen Kooperation zwischen Behörden, Medien und Transportunternehmen in solchen Fällen?
    Waren ihre Eltern vor die Kameras getreten, die Mutter weinend, der Vater mit versteinerter Stimme? Hatten Nachbarn und Anwohner sie getröstet und insgeheim gehofft, dass ihre eigenen Kinder in Sicherheit waren? Dass die Tragödie sie, dieses Mal zumindest, verschont hatte?

    Wie war das Bild in diesen Kessel gelangt? Der Schädel? War es der Schädel dieses Mädchens?
    Und was war mit den Beinknochen? Stammten beide von einer einzigen Person?
    Stammten der Schädel, die Oberschenkelknochen und das Foto von einer einzigen Person? Von zwei? Drei? Mehr?
    Mein Radiowecker zeigte 23 Uhr 40. Zwanzig nach zwölf. Zehn nach eins. Draußen im Garten quakten eine Million Frösche. Windböen trieben Blätter vor sich her, die an meinem Schlafzimmerfenster kratzten.
    Warum war es so spät im Herbst noch so warm? In Quebec wäre es inzwischen schon kalt. Vielleicht trug Montreal sogar schon eine

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