Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
kann.
Eigentlich wollte ich ja nur im Eingangsbereich des Fun&Happyfit-Studios auf Stefanie warten, doch dann begehe ich den leichtsinnigen Fehler und blättere aus Langeweile in einem der Prospekte, die mich zum Fatburnen, Bodypumpen und Salsosteppen einladen.
Eine sehr kleine bunt geschminkte Dame mit breitem Lächeln spricht mich mit heller, klarer Stimme von der Seite an:
«Hi, ich bin die Jessy! Kann ich dir helfen?»
Ah so, man duzt sich hier. Man ist also eine große Funhappyfit-Familie. Eine solche Familie hätte ich auch gerne. Habe ich aber nicht. Ein klares Nein auf ihre Frage liegt mir schon auf der Zunge, da sehe ich aber in ihr so ein offenes, strahlendes, fittes, positives, herziges Gesicht und denke an meine eigentlich schon seit zwei Jahren regelmäßig auftauchenden Rückenschmerzen und Schulterverspannungen. So entwickelt sich urplötzlich der sehnliche Wunsch, dass mir dieses Gute-Laune-Sixpack-Mädchen mit den weißen Zähnen, den akkurat rasierten Augenbrauen und den definierten Oberarmen in genau diesem Moment hilft. Und zwar für immer.
Ich bejahe also ihre Frage und bin irrsinnig interessiert an einer lebenslangen Mitgliedschaft. Ich möchte aktiv gegen Osteoporose sein, erfahren was «Zumba» bedeutet, Damen in «Wechseldruck-Hosen» begutachten, gemeinsam mit anderen Menschen im Rückenkurs würdelose Bewegungen auf der Matte machen, einen Bauch-Beine-Po-Kurs für Arme belegen und mich irgendwann einmal mit fünfundzwanzigjährigen Männern im ärmellosen Shirt im «Freihantelbereich» verabreden und dabei allen so richtig zeigen, wo der Hammer hängt.
Ich lasse mich von Jessy durch das gesamte Studio führen, höre ihr aufmerksam und fasziniert zu und bin mir fast ganz sicher, dass ich hier Mitglied werde. Also bald, jetzt noch nicht gleich, irgendwann. Dann, wenn es passt. Ich denke auf jeden Fall mal darüber nach. Jaja, klar, ich melde mich. Danke Jessy, es war eine schöne und gesunde Zeit mit dir. Und diese, da mag kommen was will, wird uns keiner mehr nehmen.
In diesem Moment tritt eine frisch gespinnte und geduschte Stefanie Assmann durch die Damen-Umkleide-Tür, und wir beschließen, noch ein Getränk an der sportlichen Bar zu uns zu nehmen.
Während wir uns setzen, wird mir klar, dass meine «Beziehung» zu Stefanie nicht annähernd geklärt ist. Muss sie auch nicht, finde ich. Es ist doch schön, wenn mal etwas nicht gleich geklärt werden soll. Wobei ich zugeben muss, dass im Moment ein wenig viel in meinem Leben ungeklärt ist. Die Situation mit Franziska belastet mich schon sehr und bedarf einer Klärung. Keine Frage. Doch ich weiß einfach nicht wie und sitze auch deshalb stattdessen jetzt mit Stefanie Assmann auf unbequemen Barhockern an einer Bar. Ich bin einfach gerne mit ihr zusammen. Nicht mehr, nicht weniger.
Schlecht sieht sie aus, die Stefanie. Müde, ausgelaugt und abgespannt.
«Gut siehst du aus», sage ich.
«Danke», entgegnet sie. «Fühl mich aber nicht so.»
«Was ist los?»
«Gregor will nicht mehr. Er macht es wahr. Er gibt seine Pfarrstelle in Schotten auf.»
«Aha?»
«Ja, übermorgen, Sonntag, will er schon seine Abschiedspredigt halten. Er hat die Nase endgültig voll. Er will weg hier. Das mit Lasse hat ihm den Rest gegeben.»
«Das heißt, ihr zieht weg?»
Stefanie zuckt mit den Schultern. «Was weiß ich? Er redet ja kaum noch mit mir. Und wir sehen uns praktisch nicht mehr. Er hat diese Entscheidung auch nicht mit mir besprochen. Keine Ahnung, was jetzt kommt. Keine Ahnung auch, ob wir überhaupt eine gemeinsame Zukunft haben.»
Ich nicke verständnisvoll. In diesem Themengebiet kenne ich mich schließlich auch recht gut aus.
«Weiß nicht, ob ich meinen Job hier aufgeben will», fährt Stefanie fort. «Ich hänge dran. Aber vielleicht ist es auch für Lasse besser, wenn wir woanders hinziehen.»
«Wie geht’s ihm denn?»
«Ach.» Stefanie winkt ab. «Unverändert. Schritt für Schritt wird’s besser. Aber wir sollen weiterhin nicht mit ihm über die Sache reden. Da möchten sich erst die Therapeuten langsam ranwagen.»
Kurz spiele ich mit dem Gedanken, ihr von dem Adrian-Verdacht und dem Sim-Karten-Fund zu erzählen. Doch ich entscheide mich im letzten Moment dagegen.
«Mir tut das leid», flüstere ich stattdessen, viel leiser, da ich beobachte, dass zwei Barhocker weiter ein solariumsgebräunter Mann mit Haarteil, vielen Muskeln und schmalen Schultern Interesse an unserem Gespräch entwickelt.
«Mir tut das leid, das mit
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