Der Tod soll auf euch kommen
daß Sárait vergewaltigt wurde – von Capa, wie wir nun wissen –, und sie hatte Angst, daß es wieder geschah. Sie glaubte wohl, sie wäre sicherer, wenn sie den Neffen des Königs bei sich hatte. Irrtümlich nahm sie an, daß der Rang des Kindes sie schützen würde. Der Haß macht aber vor dem Ansehen nicht halt. Gobnat haßte sie so sehr, daß ihr der Rang des Kindes gleichgültig war.«
»Und Conrí und seine Leute sind in ihre Heimat aufgebrochen?« fragte Eadulf eine Weile später.
Fidelma nickte.
»Wollen wir hoffen, daß nun zwischen unseren Völkern eine Zeit des Friedens anbricht. Dein Freund Brehon Dathal hat sich auf seine kleine Burg am Fluß Suir zurückgezogen«, fügte sie schelmisch hinzu. Eadulf schnitt eine Grimasse, die sie zum Lachen brachte. »Wie dem auch sei, Brehon Baithen ist der richtige Mann in dem Amt. Und Caol als neuer Befehlshaber der Leibgarde ebenso. Morgen sind wir zum Jahrmarkt auf der Festwiese eingeladen. Dort werden Forindainund seine Theatertruppe die Geschichte von Faylinn darbieten. Wenn es jemanden gibt, der unser Mitgefühl verdient, so ist es der kleine Komödiant, der seinen Bruder verlor. Da ist vieles, für das Capa geradestehen muß.«
»Das Töten gehört zum Handwerk eines Kriegers«, betonte Eadulf. »Wir bilden Krieger dazu aus, in unserem Auftrag zu töten, um uns und unsere Gesellschaft zu schützen. Doch indem wir den Tötungsinstinkt in einem Krieger fördern, fördern wir auch etwas, das offensichtlich nicht so einfach zu kontrollieren ist. Ein Krieger kann ebenso leicht jemand in seinem Interesse töten, wenn er einen triftigen Grund dafür zu haben glaubt, wie er für seinen Befehlshaber tötet. Einem Mann, der so aufwuchs, zu sagen, er solle niemanden töten, das ist so, als würde man einem Vogel sagen, nicht zu fliegen. Das Töten wird zu seiner ersten Natur und nicht zu seiner letzten Möglichkeit. In diesem Sinne hat Capa sich und Gobnat zu schützen versucht.«
Fidelma war nicht davon überzeugt.
»Nicht alle Krieger sind so. Ich kenne viele, die anständig sind.«
»Vielleicht. Aber sind sie die Ausnahmen oder die Regel? Viele sind eben nicht anständig, und es sollte uns nicht überraschen, wenn sie ihr wahres Wesen zeigen.«
»Wenn das so ist, hätte mein Bruder Cuirgí und Cuán lieber nicht an Conrí übergeben sollen. Beide sind zum Töten ausgebildet, das ist gewiß. Meiner Ansicht nach hatte nur Crond einen guten Kern, doch am Ende hätte auch er mich umgebracht.«
»Was mein Argument nur bestätigt. Doch Conrí wird die beiden Stammesfürsten von seinem Brehon vor Gericht stellen lassen, so daß man ihnen ihren Rang als Fürsten aberkennenkann. Er weiß, daß er nur so die Wunden unserer beiden Völker heilen kann.«
»Das wollen wir hoffen.«
»Und was ist mit dem Schäferpaar?« fragte Eadulf. »Wann kehren sie nach Sliabh Mis zurück?«
»Wenn du einwilligst, bleiben sie hier. Darüber wollte ich später mit dir reden. Muirgen wird eine sehr gute Amme für Alchú sein, und mein Bruder besitzt an den Hängen des Berges Maoldomhnach Schafherden, die auf einen guten Hirten warten.«
Eadulf riß überrascht die Augen auf.
»Wollen sie das auch?«
Fidelma nickte.
»Wir brauchen nur noch dein Einverständnis. Wenn du zustimmst, wird Nessán nach Sliabh Mis reiten, dort alles Nötige regeln, ihr Haus verschließen, seine Herde abgeben und dann wieder zurückkommen. Muirgen hat inzwischen Gefallen gefunden am Leben in Cashel. Vielleicht können sie ein Waisenkind adoptieren. Vielleicht wird es das Kind sein, mit dem Alchú zusammen in die Pflegejahre geht.«
»Pflegejahre?« Eadulf runzelte die Stirn.
»Du kennst doch inzwischen unsere Gesetze, Eadulf. Wenn Alchú sieben Jahre alt ist, wird er bis zu seinem siebzehnten Lebensjahr zur Pflege und Erziehung fortgegeben. Das Gesetz schreibt vor, daß er zu einem anderen Stammesfürsten oder gebildeten Menschen kommt, der für sein Wohlergehen und seine Bildung sorgt. So ist es hier Brauch. Unser Volk soll dadurch erstarken, daß enge Bindungen unter den Familien entstehen.«
»Habe ich in dieser Sache nichts zu sagen?« Eadulf überkam plötzlich wieder die altgewohnte Enttäuschung.
»Dem Gesetz nach nicht«, erwiderte Fidelma freundlich. »Alchú ist der Sohn eines
cú glas,
eines ausländischen Vaters, und daher kann ich als seine Mutter allein über seine Pflegejahre entscheiden. So ist es hier Brauch und Recht.«
»Was die Frage aufwirft …«, setzte Eadulf an.
»Ja«,
Weitere Kostenlose Bücher