Der Tod soll auf euch kommen
astrologischen Sternenkarte herausfinden, wohin Alchú entführt worden war.
Langsam beendete er das Frühstück und stand schweren Herzens auf. Was sollte er heute tun? Unter den gegebenen Umständen wollte er die kostbare Zeit nicht mit Lesen verschwenden, sondern lieber überlegen, wie man am besten weiter vorging. Er trat zum Fenster und blickte über die grauen Mauern der Burganlage hinweg. Es war ein strahlender Spätherbsttag. Am blauen Himmel konnte er keine einzige Wolke entdecken, und kalt war es auch nicht sonderlich. Normalerweise war es eisig, und Reif überzog den Boden, wenn zu dieser Jahreszeit der Himmel so klar war.
Von seinem Fenster konnte er nach Süden blicken, wo sich die Wälder hinter der Stadt bis zum fernen Fluß Suir erstreckten.
Da kam ihm auf einmal ein Gedanke. Sicher würde er am Ende auch nicht viel klüger sein, aber dieser Sache nachzugehen wäre allemal besser, als herumzusitzen und nichts zu tun.
Er eilte hinaus und ging zu den Ställen.
Ein Stalljunge sattelte ihm rasch sein Pferd. Als es bereit war, ritt er über den Hof zu den Toren.
Caol hatte Dienst und begrüßte Eadulf.
»Ich mache einen kleinen Ausritt. Ich muß mich etwas bewegen«, erklärte Eadulf, ehe man ihn fragen konnte.
»Das ist ein prächtiger Morgen dafür, Bruder«, antwortete der Wächter. »Auch wenn ich nie gedacht hätte, daß du jemals zum Vergnügen ausreiten würdest«, fügte er mit einem kleinen Grinsen hinzu.
»Ich möchte dort hinter diese Berge« – Eadulf zeigte nach Süden – »und dort ein wenig herumlaufen.«
»Richtung Süden liegt ein See, der Loch Ceann«, sagte der Krieger. »Da läßt es sich gut wandern.«
»Richtung Süden? Ist das dort, wo der Holzfäller Conchoille arbeitet?« fragte Eadulf mit unschuldiger Miene.
»Ja, ganz in der Nähe. Die Stelle, wo er Bäume fällt, befindet sich bei Rath na Drínne. Willst du mit ihm sprechen, Bruder?«
»Das wäre eine gute Idee, jetzt, wo du es erwähnst. Vielleicht suche ich ihn bei dieser Gelegenheit auf.«
Eadulf bedankte sich bei Caol und ritt langsam den gewundenen Pfad hinab, der vom Burghügel bis zu den ersten Häusern der Stadt führte. Kurz vor dem Stadtrand bog er ab auf den Weg, der östlich um die Stadt herumging. Dann verschwand er im Wald.
Sein Ziel war nicht Loch Ceann, sondern Rath na Drínne, wo der Holzfäller Conchoille seinem Tagwerk nachging. Es dauerte nicht lange, und vor ihm lag der kleine Berg von Rath na Drínne. Dicht davor stand das alte Wirtshaus von Ferloga, dessen Schild langsam im Wind hin und her schwang. Eadulf hielt sein Pferd an und stieg ab.
Niemand befand sich in dem Holzhaus, als er ins dunkle Innere trat. Es war noch zu früh am Tag. Er ließ die Tür hinter sich zufallen, und nur ein paar Sekunden vergingen, bis ein kleiner rundlicher Mann mit hochgekrempelten Ärmeln und Schürze aus einem Nachbarraum kam und ihn von oben bis unten musterte. Schließlich begrüßte er ihn.
»Guten Tag, Bruder, was kann ich für dich tun?«
»Ich möchte einen Becher Met«, erwiderte Eadulf lächelnd, »und ein paar Fragen beantwortet haben.«
»Du bist Sachse, dem Akzent nach zu urteilen. Also bist du wohl Bruder Eadulf, Ehemann unserer Herrin, Lady Fidelma von Cashel?« erkundigte sich der Mann.
Eadulf nickte. »Und dein Name ist vermutlich Ferloga?«
»So ist es. Dein Unglück betrübt mich sehr, Bruder Eadulf. Lady Fidelma ist in diesem Landstrich hoch angesehen. Es wird gemunkelt, daß unsere alten Feinde, die Uí Fidgente, hinter der Tat stecken sollen.«
»Wo hast du das gehört?« fragte Eadulf und ging zu einem Stuhl am Feuer in der Ecke der Gaststube.
Ferloga hatte einen Becher Met eingeschenkt und brachte ihn Eadulf. Dann nahm er auch vor dem Feuer Platz.
»Hier spricht sich alles schnell herum, Bruder. Viele meiner Gäste leben oder arbeiten in Cashel.«
»So wie Conchoille?«
»So wie Conchoille«, bestätigte ihm der Wirt. »Es passiert in Cashel kaum etwas, ohne daß wir davon erfahren.«
Nachdenklich nippte Eadulf an seinem Met. Er war mit Honig gesüßt. »Kurz bevor er Sáraits Leiche fand, war Conchoille hier«, sagte er.
Ferloga schaute nachdenklich in die Flammen.
»Ich erinnere mich noch gut an jenen Abend. Ich erfuhr ja erst am nächsten Morgen, was passiert war. Da kam Conchoille noch einmal her und erzählte mir alles. Ich habe versucht, alles, was an jenem Abend hier geschah, genau im Gedächtnis zu behalten.«
»Conchoille kam her und hat dir alle Einzelheiten
Weitere Kostenlose Bücher