Der Tod soll auf euch kommen
konnte. Die Worte des Wirts hatten ihn auf einen unheimlichen Gedanken gebracht. Wenn er recht hatte, so lag die Lösung des Falls vielleicht nicht so fern, wie er angenommen hatte.
Fidelma saß mit gerunzelter Stirn über das Spielbrett gebeugt.
Conchobhar gewann diese Runde
brandubh
. Es war ein schwieriges Spiel, denn das Brett bestand aus sieben mal sieben Kästchen. Das Feld in der Mitte des Brettes verkörperteden königlichen Palast von Tara, auf diesem Feld befand sich ein Stein, der den Hochkönig darstellte. Auf den vier Kästchen um ihn herum standen die Steine, die die vier Provinzkönige darstellten, die den Hochkönig beschützen sollten. Auf den Feldern am Rand des Brettes waren die Steine postiert, die die Kräfte des Chaos verkörperten. Mit jedem Würfeln konnten sie vorwärtsbewegt werden. Ziel des Spiels war es, die Sicherheit des Hochkönigs zu garantieren. Er durfte sich durch die feindlichen Steine zum Rand des Brettes bewegen oder auf die vier Felder der Provinzkönige.
Gewöhnlich spielte Fidelma mit Begeisterung, doch heute war sie unkonzentriert. Sie hatte schon zwei Verteidigungssteine eingebüßt.
Conchobar, der alte Mönch, dessen Apotheke sich im Schatten der königlichen Kapelle innerhalb der Burganlage befand, betrachtete sie besorgt.
Fidelma sah ihn an und zuckte mit den Achseln.
»Es tut mir leid, mein alter Freund«, sagte sie, denn sie kannte ihn schon ihr ganzes Leben. »Ich bin reichlich nervös.«
Conchobar blickte sie durchdringend an.
»Das ist verständlich. Um das zu erkennen, muß ich nicht meine Künste bemühen. Ich hatte aber gehofft, dich mit einem Spiel ablenken zu können. Wir werden ein andermal damit weitermachen.«
Fidelma stieß einen tiefen Seufzer aus. Sie hatte gerade an Eadulfs Vorschlag gedacht, die Astrologie zu Rate zu ziehen. Er hatte da etwas ausgesprochen, was sie schon lange im Hinterkopf gehabt hatte. In ihrer Verzweiflung wollte sie alles Erdenkliche unternehmen.
»Ich würde gern deine Künste bemühen, um mein Kind wiederzufinden, Conchobar«, sagte sie leise.
Der alte Mann schüttelte bedauernd den Kopf.
»Du weißt, daß das nicht möglich ist.«
»Aber du bist am erfahrensten, was das Deuten der Sterne betrifft.«
»So weit würde ich nicht gehen. Auch wenn ich unter Mo Chuaróc mac Neth Sémon studiert habe, dem größten Astrologen, den es jemals in Cashel gab, so sind doch meine Fähigkeiten nicht unfehlbar.«
»Ich habe gehört, daß ein guter
réalt-eolach,
einer, der sein Wissen aus den Sternen bezieht, ein Horoskop erstellen kann, um ein bestimmtes Objekt zu finden. Warum sollte das für mein Baby nicht auch gelten?«
»Ach, Fidelma, einst habe ich versucht, dich die Kunst der Sterndeutung zu lehren. Hättest du deine Studien weiterbetrieben, so hätte ich dich zu einer hervorragenden Deuterin der Vorzeichen gemacht. Du solltest dich daran erinnern, daß es für das Befragen der Sterne immer nur einen richtigen Zeitpunkt gibt.«
»Und wenn ich sie jetzt befrage?«
»Das würde nicht funktionieren. Um die Sterne zu befragen, muß man den genauen Zeitpunkt des Entstehens der Frage treffen. Das ist wie beim Erstellen eines Geburtshoroskops für einen Menschen. Das Horoskop muß für einen bestimmten Augenblick an einem bestimmten Ort erstellt werden, sonst ist es nutzlos. Damit meine ich nicht nur den genauen Tag, einen bestimmten Tag in einem bestimmten Jahr, sondern die genaue Tageszeit, denn die Sterne bewegen sich sehr rasch am Himmel. Was für einen Menschen richtig ist, kann für einen anderen, der am gleichen Ort nur zehn Minuten später zur Welt kam, schon falsch sein.«
»Das verstehe ich. Aber was willst du mir damit sagen?«
»Du hast dir diese Frage seit vielen Tagen schon gestellt. Wie soll ich den exakten Zeitpunkt feststellen, an dem deine Frage ursprünglich entstanden ist?«
Fidelma zog resigniert die Schultern hoch.
»Es ist so deprimierend, nur zu warten und die Dinge nicht lenken zu können.«
Conchobar nickte voller Mitgefühl.
»Du bist schon immer so furchtbar ungeduldig gewesen, Fidelma.« Er lächelte sanft. »Seit du das Licht der Welt erblickt hast, bist du ungeduldig gewesen. Ich war bei deiner Geburt dabei. Du bist zu früh gekommen, hast geschrien und gebrüllt, um Zuwendung zu erhalten. Du warst voller Ungeduld, auf die Welt zu kommen, zu lernen, was du lernen wolltest, du warst ungeduldig mit allen Menschen, die dir dumm und einfältig erschienen und die nicht so schnell waren wie
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