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Der Tod soll auf euch kommen

Der Tod soll auf euch kommen

Titel: Der Tod soll auf euch kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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fehlt dir?« fragte sie. Sie legte eine Hand auf ihren Arm.
    Fidelma brachte kein Wort heraus.
    »Oh, verzeih mir, Lady Fidelma, ich habe eben nur an mich gedacht.« Della war offenbar wirklich betroffen. »Ich vergaß, daß es hier um dein Kind geht, das entführt wurde. Wie konnte ich so gedankenlos sein?«
    Fidelma versuchte, die Fassung wiederzugewinnen. Dann seufzte sie.
    »Ach, Della, es ist nicht nur Alchús Entführung, die macht, daß ich mich fühle, als stünde ich an einem tiefen Abgrund.«
    Della starrte sie nachdenklich an.
    »Ist es wegen des sächsischen Bruders? Deinem Ehemann? Ist er der Grund für deinen Kummer?«
    »Es ist weit mehr, als daß ich ihn nur mit meiner Eitelkeit verstimmt habe, Della«, erwiderte Fidelma mit gebrochener Stimme.
    Ihre Freundin sah sie prüfend an.
    »Erzähl mir, was geschehen ist«, meinte sie.
    Zuerst zögerte Fidelma, doch dann fing sie an, Della die Situation zu schildern, in der sie und Eadulf sich befanden. Die Worte sprudelten nur so aus ihrem Mund. Während siesprach, wurde ihr bewußt, daß es schon lange her war, daß sie sich mit einer Frau unterhalten hatte, der sie trauen konnte. Seit ihre Freundin Liadin, die wie eine Schwester für sie gewesen war, Schande über sich gebracht hatte, hatte Fidelma keine
anam chara,
keine Seelenfreundin, mehr gehabt. Liadin und sie waren zusammen aufgewachsen. Als sie das Alter der Wahl erreichten und vor dem Gesetz als Frauen galten, waren sie Seelenfreundinnen geworden. Sie hatten sich geschworen, einander geistlichen Beistand zu leisten, so wie es unter Christen in Irland Brauch war. Liadin hatte einen fremden Stammesfürsten geheiratet, Scoriath von Fir Morc, den man aus seinem Land vertrieben hatte und der unter den Uí Dróna in Laigin Zuflucht gefunden hatte. Liadin aber hatte bald einen Liebhaber und war offenbar an dem Mord an ihrem Mann und ihrem Sohn nicht schuldlos. Auch ihren Eid gegenüber Fidelma hatte sie gebrochen. Fidelma hatte nie wieder jemanden als Seelenfreundin akzeptiert.
    Nun quollen all ihre Ängste, Hoffnungen und Sorgen aus ihr heraus, als sei ein Staudamm gebrochen.
    Als Fidelma schwieg, fand Della noch eine ganze Weile keine Worte.
    »Das einzige, was ich gelernt habe, Lady Fidelma, ist, nie jemandem einen Rat zu geben, wenn es um die Beziehung zwischen Mann und Frau geht«, sagte sie schließlich. »Dei nen Worten entnehme ich, daß der Sachse es so wollte. Er muß die größere Verantwortung tragen. Gibt es nicht das alte Sprichwort in unserem Volk, daß ein Mann, der eine Frau aus einem engen Tal heiratet, das ganze Bergtal heiratet? War deinem Mann nicht klar, daß er mit dir auch deine Herkunft heiraten würde und damit akzeptieren muß, daß du eine Eóghanacht bist?«
    »Vielleicht hat er vorher nicht geahnt, was damit alles verbunden ist.«
    »Dafür kann er aber nicht dir die Schuld geben, Lady Fidelma.«
    »Er ist hier nicht glücklich, Della, und in seinem Land könnte ich nicht glücklich sein.«
    »Es gibt immer einen Kompromiß.«
    »Doch wie soll der aussehen?«
    »Das mußt du mit deinem Mann herausfinden.«
    »Das ist nicht so einfach.«
    »Vielleicht, weil du mit dem Verstand nach einer Lösung suchst. Manchmal klären sich emotionale Dinge am schnellsten, wenn man sich von seinen Gefühlen leiten läßt. Wenn du siehst, was du zur Wahl hast, ist immer noch Zeit genug, dich zu entscheiden.«
    Fidelma schüttelte den Kopf. »Wo einen das Herz hinführt, muß auch der Verstand hingehen.«
    »Du magst das Problem mit dem Verstand betrachten, Lady Fidelma, aber die Wahrheit erschließt sich dir nur durch deine Gefühle. Das Gefühl hat die Menschen gelehrt, die Vernunft zu gebrauchen.«
    Auf einmal erhob sich Fidelma und lächelte. »Du bist eine kluge Frau, Della.«
    Della stand auch auf. »Die Klugheit hat mich nicht gerade reich gemacht.«
    »Klugheit übersteigt allen Reichtum, Della.«
    »Das mag schon sein, doch bisher bin ich eine ehemalige
bé-táide,
die man verdächtigt, mit Sáraits Mord zu tun haben.«
    Fidelma blickte Della in die Augen.
    »Mein Instinkt sagt mir, daß du nichts damit zu tun hast.Er sagt mir aber noch etwas anderes – nämlich, daß du mir etwas verheimlichst.«
    Della errötete. »Ich kann dir versichern, daß ich weder etwas mit der Ermordung von Sárait noch mit dem Verschwinden deines Babys zu tun habe.«
    Fidelma senkte einen Augenblick den Kopf.
    »Ich glaube dir so lange, bis das Gegenteil bewiesen ist«, sagte sie leise, ehe sie sich zur

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