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Der Tod trägt dein Gesicht

Der Tod trägt dein Gesicht

Titel: Der Tod trägt dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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klaren frostigen Bergluft verpuffte. Das fahle Licht, das durch die Bäume schien, noch bevor die Sonne aufging, tauchte alles in einen surrealen Schimmer.
    Wenn sie morgens joggte, fühlte sich Casey so, als sei sie der einzige Mensch auf Erden. Nichts bewegte sich außer ihr selbst und den Tieren des Waldes, die in der Nacht durch das Unterholz geschlichen waren und sich Futter gesucht oder am Bach, der sich durch den Wald schlängelte, Wasser getrunken hatten.
    Im Waldesinneren, beobachtete Casey durch die Bäume hindurch ein Reh, das mit ihren zwei weiß gepunkteten Kitzen unterwegs war. Schnell verschwanden sie tiefer im Wald, der die Stadt wie einen Gürtel umgab. Vor ihr huschte ein Eichhörnchen über den Joggingpfad.
    Manchmal genoss Casey diese Einsamkeit. Sie gab ihr die Möglichkeit, sich zu entspannen, den Frieden einzuatmen, und für eine kurze Zeit die Fälle zu vergessen, an denen sie arbeitete. Dann ließ sie ihren Gedanken freien Lauf.
    An anderen Tagen jedoch erinnerte sie die Stille im Park schmerzlich daran, wie einsam sie war. Wie sich ihr Leben auf eine Sache beschränkt hatte, auf eine Routine, die kaum unterbrochen wurde.
    Abgesehen davon, dass sie noch über die Serienmorde nachgedacht hatte, war ihr Wochenende verlaufen wie unzählige Male davor. Am Freitagabend war sie in ihr leeres Haus gegangen und hatte lange in der Badewanne gelegen. Sie hatte einige Kapitel des neuen Romans gelesen, den sie am Wochenende zuvor begonnen hatte, und war dann ins Bett gegangen.
    Am Samstagmorgen hatte sie nach dem Joggen geputzt, geduscht, für die Woche eingekauft und einige Erledigungen gemacht. Nach dem Abendessen hatte sie sich einen kitschigen Film im Fernsehen angesehen und war früh ins Bett gegangen. Wie immer war sie am Sonntagmorgen mit ihrer Familie in die Kirche gegangen und hatte den Rest des Tages mit ihren Angehörigen verbracht.
    Nun war es wieder Montagmorgen, und eine weitere Woche lag vor ihr. Wenigstens arbeitete sie an einem wichtigen Fall, der ihr ihre ganze Konzentration abverlangte.
    Gleichgültig, wie sehr das morgendliche Joggen sie auch entspannte, Casey war dabei nie völlig ausgeglichen. Ein Teil von ihr war immer auf der Hut. Sie hörte und sah alles, was sich um sie herum bewegte.
    Im Südosten des Parks machte der Laufpfad eine Neunzig-Grad-Kurve nach Westen. Casey folgte der Biegung und hielt ihr Tempo. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie ein anderer Jogger die Monarch Street überquerte und in den Park einbog.
    Es war ungewöhnlich, um diese Zeit jemandem zu begegnen, aber ab und zu passierte das. Sie lauschte den rhythmischen Schritten. Er lief hinter ihr. Das Geräusch kam näher, und als er aufholte, ging Casey ein Stück zur Seite, um ihn an sich vorbeizulassen.
    Gleichzeitig spannten sich ihre Muskeln ein klein wenig an. Ihre Aufmerksamkeit war ganz auf den Menschen gerichtet, der hinter ihr lief. Es gab wenige Überfälle auf joggende Frauen in den Parks von Mears, aber gelegentlich passierte eben doch etwas.
    “Guten Morgen, Detective.”
    Der Ton einer vertrauten Stimme erschreckte sie so sehr, dass sie ins Straucheln kam und fast hingefallen wäre, wenn er sie nicht aufgefangen hätte.
    “Vorsicht!”, rief Dr. Adams. “Ich wollte Sie doch nicht erschrecken.”
    Irgendwie gelang es Casey, ihr Gleichgewicht wiederzufinden und weiterzulaufen, während der Arzt seine Geschwindigkeit an die ihre anpasste.
    Sie bedachte ihn mit einem genervten Blick. “Was machen Sie hier?”
    “Ich laufe, so wie Sie.”
    “Ich habe Sie bisher noch nie in diesem Park gesehen.”
    “Wirklich? Vielleicht haben Sie mich nicht bemerkt, weil Sie mich nicht kannten.”
    Sie warf ihm einen Seitenblick zu. Das war möglich, aber unwahrscheinlich. Welche Frau würde einen Mann, der so aussah wie er, nicht bemerken? Auch wenn sein Haar schweißnass an seinem Kopf klebte, sah er hinreißend aus.
    Die Vorderseite seines Sweatshirts hatte einen dunklen Fleck über der Brust, seine muskulösen Beine glänzten vor Schweiß, auch wenn es so früh am Morgen nur knapp über null Grad war. Wie lange war er schon gelaufen, bevor er in den Park gekommen war?
    Unauffällig musterte sie seine Laufschuhe, die Shorts und das Sweatshirt, das er trug. Alles war recht abgenutzt. Er schien wirklich ein erfahrener Läufer zu sein.
    Sein Blick traf den ihren, und Casey wurde bewusst, dass er bemerkt hatte, dass sie ihn musterte. Er grinste, und sie blickte stur geradeaus. Sie konnte spüren, wie ihr das Blut

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