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Der Tod traegt Turnschuhe

Der Tod traegt Turnschuhe

Titel: Der Tod traegt Turnschuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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dafür Geld kriegt.«
    Er antwortete nicht. Ich spürte Nakitas Blick auf mir und kurbelte das Fenster hinunter. Oder versuchte es zumindest, das blöde Ding war so schwergängig und widerspenstig, als wäre es seit Jahren nicht mehr geöffnet worden. Endlich hatte ich es geschafft und es wehte etwas frische Luft herein, als wir in dieselbe Richtung wie vorher Shoe fuhren. Als wir hergeflogen waren, hatte ich östlich von hier, inmitten von Maisfeldern, eine kleine Stadt gesehen.
    Ace nickte im Takt der Musik mit und warf Nakita verstohlene Blicke zu, um zu sehen, wie sie ihr gefiel. Ich sah wieder auf die CD in meiner Hand, legte sie aufs Armaturenbrett und nahm mir eine andere. Das Cover ähnelte dem ersten, lauter Schnörkel und leuchtende, knallige Farben. Es erinnerte mich irgendwie an eins dieser keltischen Knotenmuster.
    »Die sind gut«, wiederholte ich, während ich die Handvoll CDs durchsah, die in meiner Reichweite lag. »Deine Cover, meine ich. Du solltest dich mal mit deinem Kunstlehrer unterhalten, der weiß bestimmt, was für Stipendien es da gibt.«
    »Leute wie der helfen Leuten wie mir doch nie«, erwiderte Ace, dessen Stimmung sich wieder verfinsterte.
    »Außerdem bin ich nicht so der College-Typ.«
    Ich zog die Augenbrauen hoch. Leuten wie ihm?
    »Das da ist auch von mir«, sagte er und deutete auf die Straßenüberführung, unter der wir gerade durchfuhren. Sie war voller Graffiti: die gleichen verschlungenen Wirbel, dazwischen überall archetypische Symbole. Es wirkte wie eine Mischung aus einem Tattoo und einem Kirchenfenster.
    »Wow«, staunte ich und drehte mich auf der Sitzbank um. Die andere Seite der Überführung war auch besprüht. »Das ist echt schön.«
    Ace grinste verwegen und trommelte mit den Fingern den Rhythmus der Musik mit. »Bin beinahe erwischt worden in der letzten Nacht, die ich daran gearbeitet hab. Die haben mir aufgelauert. Guckt euch mal den Wasserturm an.«
    Nakita machte ein ersticktes Geräusch und ich folgte ihrem Blick zu dem bauchigen Gebäude, das sich über den Maisfeldern erhob. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich zu dem Turm hinüber.
    »Und, was sagt ihr?«, fragte Ace und ich nickte nur stumm, zu entsetzt, um irgendwas zu sagen.
    »Das sieht ja aus wie ein Schwarzflügel!«, flüsterte Nakita. Ich nickte wieder. Um den Turm wand sich eine schwarzweiße Krähe, die zu zerschmelzen und sich in einer schleimigen Pfütze aufzulösen schien. Genauso musste ein Schwarzflügel für die Lebenden aussehen. Das Bild wirkte wie eine Mischung aus anspruchsvollem Graffito und indianischem Felsenbild. Schwarzflügel waren so was wie die Aasgeier der Seelenwelt. Stupide, aber unbeirrbar tauchten sie immer dann auf, wenn jemand gesenst wurde, in der Hoffnung, ein kleines Stückchen Seele abzustauben, falls mal keiner hinguckte. Ich hasste diese Viecher, bei ihrem Anblick überkam mich jedes Mal das kalte Grausen. Doch so fies sie auch waren, sie halfen weißen wie schwarzen Todesengeln dabei, ihr Ziel ausfindig zu machen.
    »Das ist mittlerweile 'ne Art Markenzeichen von mir«, sagte Ace und riss mich damit aus meinen Gedanken. »Was, die Krähen?«, fragte ich und unterdrückte einen Schauder. »Wie bist du auf die Idee gekommen, sie so schmelzen zu lassen?«
    Er presste die Kiefer aufeinander. »Shoe.«
    Und wieder waren wir bei Shoe. Sah aus, als hätte Barnabas recht gehabt: Shoe schien unser Ziel zu sein, nicht Ace.
    Ace nahm eine Hand vom Lenkrad und sah Nakita an. »Du bist nicht besonders gesprächig, oder?«
    »Ich wüsste nicht, warum. Taten sind wesentlich überzeugender«, entgegnete sie steif. Das komplette Kontrastprogramm zu ihrem Kichern vorher.
    Nickend, als hätte sie da etwas sehr Weises gesagt, stimmte Ace ihr zu: »Geht mir genauso.«
    Ich musste zurück zu Shoe. Barnabas hatte recht gehabt. »Hey, tut mir leid wegen deinem Freund«, versuchte ich zögernd, die Unterhaltung auf ihn zu lenken.
    Ace schnaufte. »Der ist ein Idiot. Ich kenne ihn seit der dritten Klasse und er ist schon immer ein Idiot gewesen. Tut immer so, als wäre alles schlecht hier. Nichts ist gut genug für ihn. Er kann's gar nicht erwarten, hier wegzukommen, in irgend 'ne Großstadt, um da ein besseres Leben zu führen. Was bitte ist denn so schlimm daran, hierzubleiben und einfach normal zu sein?«
    »Er ist der Hacker, oder?«, vergewisserte ich mich. »Du entwirfst die Cover und er zieht die Musik aus dem Netz?«
    Ace starrte geradeaus, während er unverändert

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