Der Tod traegt Turnschuhe
mehr an Paul gedacht und nur deswegen hat Ace einen Schutzengel bekommen. Es tut mir total leid, Nakita. Es war mein Fehler. Ich habe wirklich eine Vereinbarung mit Paul getroffen. Aber nur, dass er darauf achtet, dass Ace uns nicht dazwischenfunkt, wenn Shoe den Virus bekämpft. Ich war so sauer auf Paul, ich hätte ihn am liebsten gesenst. Aber es war nie mein Hauptziel, dafür zu sorgen, dass Ace keinen Schutzengel bekommt. Ich habe versucht, ihm klarzumachen, was für Folgen sein Verhalten haben würde. Ich will ihn dazu bringen, sich zu ändern, damit sein Leben einen Sinn bekommt. Das kann ich immer noch versuchen. Ich weiß, dass das völlig deinem Naturell widerspricht, aber ich dachte, du würdest es trotzdem verstehen. Oder es wenigstens versuchen. Ich dachte, du wolltest mir helfen.«
In die Wut in ihren Augen mischte sich Unsicherheit und sie senkte verwirrt den Blick. »Ace wird sich nicht ändern«, sagte sie. »Das hast du selbst gesagt. Und jetzt ist seine Seele verloren.«
Ich machte einen Schritt nach vorn und berührte sie an der Schulter, doch als ihr Kopf nach oben ruckte, wich ich wieder zurück. Sie hatte Tränen in den Augen und wischte sie schnell weg. Es wirkte fast, als sei sie erschrocken darüber, dass sie weinte.
»Es ist noch nicht zu spät.« Wie, bitte schön, soll ich eine jahrtausendealte Tradition ändern, wenn ich es schon nicht schaffe, einen einzigen Todesengel zu überzeugen, der mir eigentlich sogar glauben möchte? »Ich bringe das wieder in Ordnung«, redete ich weiter. Sie starrte mich an, als fragte sie sich, warum ich mir eigentlich die Mühe machte. »Wenn wir nichts unternehmen, muss Shoe für Ace' Taten büßen. Aber wenn Ace die Verantwortung für das Ganze übernehmen muss, ändert er sein Schicksal vielleicht selbst.«
Schicksal, dachte ich und kostete das Wort in meinem Bewusstsein, als es sich auf meiner Zunge auflöste. Ich hasste dieses Wort, aber es hatte Nakitas Interesse geweckt. Mit dem Schicksal kannte sie sich aus.
»Meinst du?«, fragte sie. Ihre Schultern entspannten sich ein wenig und ihre wütenden Gesichtszüge wurden weicher, als ein Anflug von Hoffnung darüberhuschte. »Ich hoffe es«, sagte ich, denn ich wollte absolut ehrlich sein.
Nakita sah stirnrunzelnd zu Shoe hinüber, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Shoe hatte wieder angefangen zu tippen, hielt zwischendurch immer wieder mal inne und murmelte dabei auf den Computer ein. Die Umstellung war schwer für sie, aber sie würde es versuchen - für mich, ihre Zeitwächterin, die ihren festen Glauben zerstört hatte. Ihr Schwert verschwand. »Dann hätte ich Paul wohl besser keine reinhauen sollen«, sagte sie und biss sich mit unschuldigem Blick auf die Unterlippe. Ihr fielen meine nackten Füße auf und sie blinzelte. »Wo sind denn deine Schuhe?«
Das Schlimmste schien vorbei zu sein und ich entfernte mich langsam von der Bahre. »Keine Ahnung. Ist mit Barnabas und Grace alles in Ordnung?«, fragte ich. Nakita schien sich darüber keine großen Gedanken zu machen und sah sich in der Leichenhalle um. »Sie sind auf dem Weg«, sagte sie, während sie auf die Reihe von Spinden zuging. Sie strich mit den Fingern über die Türen, als suchte sie etwas. »Nachdem du weg warst, hat Ron über sein Amulett mit Paul gesprochen. Als er hörte, dass Ace einen Schutzengel hat, hat er nur dreckig gelacht, uns ein paar unhöfliche Sprüche an den Kopf geworfen und ist gegangen. Grace und Barnabas sind ihm hinterher, um sicherzugehen, dass er dir nicht folgt. Deine Aura konnte man nämlich durch den ganzen Äther plärren hören. Ich bin dann zu Shoe nach Hause gegangen, um mich selbst davon zu überzeugen. Und dann bin ich hergekommen.«
Nakita rüttelte und zerrte am Griff eines Spinds.
Schließlich sprang die Tür auf, die Scharniere waren vollkommen verbogen. »Tut mir leid«, sagte sie, als sie hineingriff und meine Schuhe herausholte. »Ich hätte dir vertrauen sollen. Ich verstehe einfach nicht, was du erreichen willst. Wenn ich das nur nachvollziehen könnte!«
Mit lautlosen Schritten durchquerte sie den Raum und reichte mir meine gelben Sneakers. »Ist nicht schlimm«, sagte ich, als ich sie in Empfang nahm. »Die Hälfte der Zeit über weiß ich eigentlich selbst nicht, was ich da tue. Ich mache einfach das, was sich richtig anfühlt.«
Nakita lächelte schwach. »Wahrscheinlich hätte ich Paul nicht bewusstlos schlagen sollen - obwohl sich das ziemlich richtig angefühlt hat. Sein Amulett
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