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Der Tod traegt Turnschuhe

Der Tod traegt Turnschuhe

Titel: Der Tod traegt Turnschuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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von Blau in mein Bewusstsein. Mir wurde schwindelig und ich suchte nach irgendetwas, woran ich mich festhalten konnte. Erinnerungen und Visionen trieben an mir vorbei wie in einem tödlichen Strudel. Ich sank tiefer und tiefer in die Zukunft und mein Geist bäumte sich dagegen auf. Begleitet von Übelkeit und einem Geräusch wie von einer kreiselnden Münze, waberte und schlingerte das Blau um mich herum, bis es sich schließlich zu einem beständigen, gleichmäßigen Ton verdichtete.
    Ich befand mich noch immer im Leichenschauhaus und noch immer in Ace' Kopf. Die Polizei war da und der Typ, den wir in die Besenkammer gesperrt hatten, stand mit fassungslosem Gesicht in der Tür. Shoe saß auf dem Boden, den Kopf gesenkt. Seine Hände steckten in Handschellen. Und ich fühlte mich gleichzeitig super und zutiefst verzweifelt. Ich musste hier raus. Ich war in Ace' Kopf gefangen - ich spürte, wie sich seine Zufriedenheit mit meinem Schmerz vermischte, und wurde fast wahnsinnig.
    »Tja, und als ich rausfand, was er vorhatte«, hörte ich mich selbst sagen und kam mir verdammt clever vor, dass mir dieser Plan eingefallen war, »bin ich i hm von der Schule bis zum Krankenhaus gefolgt. Er hat sich reingeschlichen, den Typen da in den Wandschrank gesperrt und den Virus auf den Computer in der Leichenhalle gespielt. Ist das nicht total krank? Zu versuchen, Leute von einem Computer in der Leichenhalle aus zu töten?«
    Die Polizisten nickten und der eine von ihnen, der Shoe an der Schulter festhielt, musterte ihn mit angewidertem Blick.
    Das ist gelogen!, dachte ich, aber in Ace' Bewusstsein rührte sich rein gar nichts.
    »Ich hab ihm gesagt, er soll aufhören«, log Ace weiter. Shoe presste die Kiefer aufeinander und weigerte sich, irgendetwas dazu zu sagen. »Zum Glück hatte ich aber zufällig den Patch dabei. Ich hab ihn hochgeladen und dann hat er mir eine reingehauen! Hat mir die Tastatur über den Schädel gezogen. Der hat echt 'nen Schatten, ich sag's Ihnen. Total durchgeknallt. Und das Gleiche hat er in der Schule gemacht. Er hätte jemanden umbringen können!«
    Die Polizisten wandten sich an den Pfleger. »Können Sie das bestätigen?«, fragten sie ihn und der verwirrte Mann sah mit stumpfem Blick auf.
    »Ich kann mich nicht erinnern«, antwortete er. Diesen verwirrten Gesichtsausdruck kannte ich, ich hatte ihn nur zu oft bei meinem Dad gesehen. Er erinnerte sich an etwas, aber sein Verstand sagte ihm, dass das unmöglich war. Meine Todesengel waren gekommen und gegangen und hatten einen Haufen zerrütteter Leben zurückgelassen. Er lügt!, schrie ich in Ace' Kopf und der Schutzengel in der Ecke hörte auf zu schluchzen und sah auf. Dann zischte ich in Ace' Bewusstsein: Du bist ein Lügner. Ein widerlicher Lügner. Ich hätte einfach zulassen sollen, dass Nakita dich senst. Es war so unfair. Alles sah danach aus, als wäre der Patch wieder an Ort und Stelle. Doch bei meinem Versuch, noch irgendetwas zu retten, hatte ich Ace offenbar die perfekte Gelegenheit verschafft, Shoe wie den Kriminellen dastehen zu lassen und sich selbst als rechtschaffener Bürger hervorzutun. Außerdem schien sich niemand daran zu erinnern, dass ich überhaupt da gewesen war. Bis auf den Schutzengel vielleicht.
    Ich sammelte meine Kräfte für einen letzten Versuch, die Zukunft zu ändern. Doch der blaue Dunst, der über allem lag, schien zu zögern. Einen Moment lang war plötzlich alles normal: Farben, Geräusche, einfach alles. In dieser winzigen Sekunde der Klarheit blickte Shoe Ace an, aber ich glaube, er sah mich. In seinen Augen sah ich Verwirrung und Schmerz. Und dann … wurde die ganze Welt rot.
    Mit einem Ruck, so heftig, dass ich aufstöhnte, wurde ich aus dem Zeitgewebe gerissen. Keuchend schnappte ich nach Luft, die endlich wieder nur mir gehörte. Nichts klopfte mehr in meiner Brust. In meinen Adern floss kein Blut. Und Nakita umklammerte mich so fest, dass es wehtat.
    »Ich bin wieder da«, flüsterte ich und sie zuckte zusammen. »Madison!«, rief sie und ich sah zu ihr auf. In ihren silbrigen Augen spiegelte sich meine Angst. Aber es war die Erinnerung an den Schmerz in Shoes Augen, die mich nicht losließ.
    Ein Krachen ertönte und ich riss meinen Blick von ihr los. Da wurde mir klar, dass mein ganzer Zeitsprung nur einen winzigen Augenblick gedauert hatte. Shoe stand gerade vom Boden auf. Er wirkte benommen, aber entschlossen, und hielt sich den Kiefer. Das hatte ich schon mal gesehen. Ich hatte es erlebt.
    »Los, steh

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