Der Tod traegt Turnschuhe

winziger weißer, golden geränderter Stiefel auf den ausgeblichenen Fliesen. Genauso hatte sie auch an dem Nachmittag ausgesehen, als sie versucht hatte, mich umzubringen. Anscheinend war irgendwas passiert.
    »Nakita!«, rief ich und erschauderte dann, als etwas über meine Aura glitt, um sie zu verbergen.
    Shoe am Computer atmete aus und begann wieder zu tippen.
    »Ich hab dir vertraut!«, schrie Nakita mich an. Ihre Augen wirkten fast schwarz, als sie bebend vor mir stand.
    Verständnislos starrte ich sie an, bis es mir wieder einfiel. Ace. Er hatte einen Schutzengel. Verdammt. »Paul ist uns seit der Schule gefolgt«, stammelte ich und wich zurück, während sie Schritt für Schritt näher kam. »Ich wusste gar nicht, dass er da war! Und als ich kapiert hatte, was er vorhat, war es schon zu spät. Nakita, ich hab ihm nicht verraten, dass es Ace ist. Er ist mir gefolgt!« Ich schrie beinahe und kreischte kurz auf, als ich mit dem Rücken gegen die Bahre hinter mir stieß. Ich dachte daran, wie sie vor meinen Augen meinen Vorgänger getötet hatte, und dann fiel mein Blick auf ihr Amulett. Es war, als würde es schwarze Lichtpfeile in den Schatten des Raumes schießen. Nakita war stehen geblieben, doch ihre Hand umklammerte das Schwert noch immer so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Ich hatte das Gefühl, dass sie mir am liebsten glauben wollte, aber zu viel Angst davor hatte.
    »Die Seraphim hatten recht«, gab ich zu. »Ace hätte sich nicht umstimmen lassen. Aber Shoe kann die Leute noch retten, die Ace getötet hätte.«
    Nakita senkte ihr Schwert ein Stückchen. Auf ihren Wangen brannten rote Flecken und ich umklammerte mit beiden Händen den Rand der Bahre hinter mir. »Die Leute, die er getötet hätte, interessieren mich nicht«, sagte sie und Shoe hörte auf zu tippen. »Die zu retten ist nicht meine Aufgabe! Deren Seelen sind unbefleckt, die Seraphim werden sich daran erfreuen. Mich interessieren nur die gefallenen Seelen. Sie sind es, um die ich mich kümmere, Madison, nicht die unversehrten. «
    Mein Mund klappte auf und meine Lippen formten ein lautloses »Oh«, als ich endlich verstand. Sie war ein schwarzer Todesengel. Sie tötete Menschen, um ihre Seelen zu retten. Sie fand meine Bemühungen, etwas zu ändern, völlig sinnlos. Und trotzdem stand sie da und schirmte meine Seele gegen Ron ab, während sie versuchte, mich zu verstehen.
    »Meine Aufgabe war es, Ace seine Seele zu nehmen, bevor er sie so sehr befleckt, dass der Schaden nicht mehr behoben werden kann«, erklärte sie und ich konnte nicht sagen, was sie wohl fühlte. »Das Wohl seiner Seele hing von mir ab und ich habe sie kläglich im Stich gelassen, weil ich dir vertraut habe. Du hast einen Pakt mit dem Handlanger des weißen Zeitwächters geschlossen. Du hast zugelassen, dass er Ace einen Schutzengel gibt, damit ich seinen Körper nicht töten kann. Gib es schon zu!«
    Shoe starrte uns an. Seine Finger rührten sich nicht und die Stille durchdrang mein Bewusstsein. »Mach weiter, Shoe«, sagte ich zu ihm, ohne den Blick von Nakita abzuwenden. »Ich habe i hm Ace nicht überlassen«, wandte ich mich dann wieder an sie. Sie wurde nur noch aufgebrachter, ein verwirrter Engel mit einem Schwert in der Hand. »Paul hat Ace den Schutzengel gegeben, bevor ich überhaupt wusste, dass er da war. Du hast ihn nicht im Stich gelassen. Ich war es. Und das tut mir leid, aber ich habe dich nicht hintergangen! Zumindest nicht mit Absicht.«
    Nakita berührte ihr Amulett, die Augen schmal vor Misstrauen. Ich war schuld daran, dass die Schwarzflügel ihre Erinnerungen gefressen hatten. Nicht alle, aber genug, dass sie gespürt hatte, wie der Tod sie streifte. Ihre Schreie, als sie erkannt hatte, dass es tatsächlich ein Ende gab, waren grauenhaft gewesen. Von allen Todesengeln war sie die Einzige, die wusste, was es bedeutete, den Tod zu fürchten. Sie wusste, wie bitter ein Verlust sein konnte. Und trotzdem schaffte ich es einfach nicht, ihr begreiflich zu machen, warum ich diesen vorzeitigen Vollstreckungen ein Ende setzen wollte.
    »Ich war in Shoes Zimmer. Ich habe mit Ace gesprochen «, sagte Nakita. »Er hat mir erzählt, du hättest dich auf einen Handel mit dem zukünftigen weißen Zeitwächter eingelassen. Er hat mich ausgelacht. Du hast mich angelogen! Genau wie Kairos!«
    »Ich hab dich nicht angelogen«, widersprach ich sofort. Ich streckte die Hand nach ihr aus, nur um sie gleich wieder sinken zu lassen. »Ich hatte nicht