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Der Tod traegt Turnschuhe

Der Tod traegt Turnschuhe

Titel: Der Tod traegt Turnschuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Fußboden der Leichenhalle.
    Oh nein, nicht jetzt!
    Voller Angst taumelte ich rückwärts und drückte mir die Hände auf den Bauch, als könnte ich mein Innerstes so zusammenhalten. Nakita drehte sich zu mir um und ich fühlte Panik in mir aufsteigen, als der ganze Raum plötzlich von blauem Dunst erfüllt war, der wie eine leuchtende Flut aus den Fassungen der Lampen zu strömen schien. Ein Zeitsprung. Ace hatte eine neue Entscheidung getroffen und seine Zukunft änderte sich.
    Das kam aber nun wirklich denkbar unpassend!
    »Madison?«, rief Nakita, doch ihre Stimme klang blechern, wie aus weiter Ferne.
    Benommen blickte ich zu ihr hinüber. Ich konnte ihre Flügel hinter ihr sehen, die nur einen winzigen Moment weiter als wir in der Zukunft existierten. Darum waren sie für jeden anderen unsichtbar, außer vielleicht für den Schutzengel, der über uns auf und ab schwebte. Nakitas Augen glänzten silbern. Sie war so schön, dass ich sie kaum ansehen konnte. Ich brauchte ein paar Anläufe, bis ich mühsam ein Flüstern herausbrachte: »Ich mache einen Zeitsprung, Nakita. Du musst mich festhalten!«
    Vor Schreck ließ Nakita ihre Klinge fallen und Ace, der seine Chance witterte, sprang nach vorn.
    »Nein!«, schrie ich, doch im nächsten Moment stand die Welt köpf und ich brach zusammen. Nakita stürzte auf mich zu und fing mich im letzten Moment auf, bevor ich auf dem Boden aufschlug. Shoe schrie irgendetwas, aber ich konnte meinen Blick nicht von der Decke abwenden. Dann wurde das Blau noch intensiver; die Decke, die Wände, alles löste sich auf … und der Anblick der Sterne traf mich mit voller Wucht.
    Ich keuchte auf. Der Schmerz über so viel Schönheit durchzuckte mich wie Feuer. Klänge, die ich noch nie zuvor vernommen hatte, explodierten in meiner Seele. Tränen stiegen mir in die Augen und ich zitterte in Nakitas Armen.
    »Es tut so weh …«, stöhnte ich und sie drehte mein Gesicht zu sich hin. Die schreckliche Schönheit des Himmels wich der tragischen Schönheit eines Engels, den ich zerstört hatte. Nakita, der ich gezeigt hatte, was Angst war. Ich hatte ihr das angetan. Ich ganz allein. Doch die Seraphim hatten recht: Die Angst war ein Geschenk und sie machte Nakita zu etwas, was sie vorher nie gewesen war, selbst wenn sie dafür leiden musste. »Schließ die Augen«, flüsterte Nakita voller Panik und ich vergrub mein Gesicht in ihrem Arm und schluchzte. Es war zu viel. Ich war sterblich und das Göttliche zu sehen würde mich töten. Wie hielt Ron das bloß aus?
    Kampfgeräusche drangen in mein Bewusstsein und ich fühlte, wie mein Geist durch den Raum schwebte und die Illusion meines Körpers langsam verblasste. Und dann … war ich Ace. Ich fühlte seine Wut, seine Angst. Ich fühlte alles, was er war.
    Ich hasse dich, dachte ich mit ihm. Ich konnte mich nicht von seinen Gedanken lösen. Er stieß einen lauten Schrei aus und ließ seine Faust auf Shoe zusausen, der gerade von seinem Stuhl aufstand. Ich heulte auf, als seine Faust ihn traf und der Schmerz seinen Arm hinaufzuckte. Ich schüttelte unsere pochende Hand und fühlte Ace' Genugtuung, als Shoe in den Stuhl zurücksank und dann zu Boden fiel, die Hand auf seinen Kiefer gepresst.
    Hein!, schrie ich in Ace' Bewusstsein, als er auf »Löschen « klickte und den Stecker aus der Dose zog. Ich hatte keine Ahnung, ob die Zeit ausgereicht hatte, den Patch komplett hochzuladen. Während ich versuchte, diese Zukunft, die noch gar nicht passiert war, irgendwie unter Kontrolle zu bringen, griff Ace nach der Tastatur und knallte sie Shoe an den Kopf, der noch immer benommen auf dem Boden saß.
    »Los, steh auf!«, hörte ich Ace sowohl in unseren gemeinsamen Ohren als auch in unserem gemeinsamen Kopf wütend brüllen. »Ich bring dich um!«
    Am liebsten hätte ich mich übergeben, aber ich saß hier drin fest. Ich wollte eingreifen, aber ich konnte mich noch nicht mal bemerkbar machen. Es war ein einziger Albtraum. Und über uns schwebte Ace' Schutzengel und weinte um Ace und um mich - ein glitzernder Schauer ging auf uns nieder und verwandelte das Blau in Silber, bis er auf Ace' Aura traf und davon abprallte. Shoe sah auf. »Jetzt komm mal wieder klar, Ace«, keuchte er. Er schwankte leicht, als er aufstand. »Es geht hier um echte Menschen. Was ist denn auf einmal los mit dir, Mann?«
    »Was mit mir los ist?«, schrie Ace.
    Ace, nein!, brüllte ich, ohne dass es jemand hörte.
    Doch wie als Antwort darauf quoll plötzlich eine noch dickere Wolke

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