Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens
Erdgeschoss, zerrte er uns schnellstmöglich ins andere Gebäude, damit wir durch die gewaltige Glasröhre fahren konnten, welche im Grunde ein haushohes Fischbecken mit einem Aufzug in der Mitte war. Sophie bekam den Mund nicht mehr zu, während Tobi die ganze Zeit plapperte und sogar die Frau, die den Besuchern erklärte, um welche Fische es sich handelte, korrigierte. Im Anschluss lud uns Monika alle auf ein Eis ein und verstand es geschickt, mir die Information zu entlocken, dass ich geschieden war. Sie selbst hatte ihren Mann fast zwei Jahre zuvor bei einem Autounfall verloren.
So wie ich das erzähle, klingt das, als wäre das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Die Hollywood-Version würde vermutlich so enden, dass wir uns wiedersehen und unsterblich ineinander verlieben würden. Ach was, zu diesem Zeitpunkt hätten wir uns natürlich schon auf den ersten Blick längst über beide Ohren verliebt. Eine ab zwölf freigegebene Sexszene würde folgen, wobei der Sex unter der Bettdecke stattfände und Monika noch einen BH anhätte. Die volle „Sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende“-Packung.
Monika machte den Vorschlag, dass wir uns wieder zufällig über den Weg laufen könnten. Dieser Zufall könnte auch das nächste Wochenende sein. Und dann lächelte sie. Ihr Lächeln wirkte so ganz anders als das Lächeln von Anja. Und ich wusste, dass mich nie wieder eine Frau so im Innern berühren würde wie Anja. Ganz abgesehen davon, dass mich ohnehin bald niemand mehr berühren würde.
Also sagte ich zu Monika, dass wir das mit dem Zufall doch besser dem Zufall überlassen sollten. Und dann lächelte sie nicht mehr. Sie schnappte sich Sophie, drehte sich um und schaute nicht mehr zurück. Tobias nahm meine Hand und fragte, warum Monika so grummelig aussehen würde.
„Ich glaube, sie hat für einen Moment gedacht, dass sich ihre Zukunft erfreulicher entwickeln könnte, als sie angenommen hatte. Aber das hat sich als Irrtum erwiesen“, erklärte ich.
„Das verstehe ich nicht“, sagte Tobias, und ich ergänzte, dass das auch gar nichts ausmachen würde.
Ich fuhr mit Tobias zurück und versuchte all die glücklichen Paare zu ignorieren, die sich verschworen hatten, um mir in der U-Bahn aufzulauern. Tobias rannte wie meistens den letzten Absatz der Treppe zu Anjas Wohnung vor, um ihr, die schon in der Tür wartete, in die Arme zu fallen. Meistens streifte er dabei bereits seine Jacke ab, um dann schnellstmöglich in seinem Zimmer zu verschwinden, wo sein Spielzeug sehnsüchtig wartete. Auch jetzt schaute ich ihm nur hinterher, als er gleich wieder verschwand.
Anja fragte mich, ob alles in Ordnung mit mir sei.
„Ja, geht schon. Ich stehe vielleicht etwas neben mir“, meinte ich und kratzte mir die Stirn.
„Willst du vielleicht einen Moment reinkommen?“, fragte sie und trat demonstrativ beiseite, um mir Platz zu machen. Ich ließ mich nicht zweimal bitten.
Wir verquatschten uns am Küchentisch, und für eine Zeit vergaß ich Zeit und Raum. Diesen Effekt hatte sie schon immer auf mich gehabt. Ich kam aber wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, als sie mich fragte, warum ich im Urlaub nicht für ein paar Tage weggefahren sei.
Tatsächlich hatte ich mir eine Woche freigenommen, aber was Anja nicht wusste, war, dass ich das nur tat, um meine letzten Tage mit Tobias und ihr zu verbringen. In der Vorwoche hatte ich den letzten Arbeitstag meines Lebens hinter mich gebracht. Nun überbrückte ich nur noch die Zeit.
„Ich schätze, ich wollte euch nur noch mal in Ruhe sehen“, antwortete ich.
Anja runzelte die Stirn. „Du klingst, als würdest du für längere Zeit weggehen wollen.“
Ich glaube, ich murmelte mehr in meinen Dreitagebart, als dass ich zu ihr sprach. „Wollen trifft es nicht wirklich.“
Aber für den Kleinen war es Zeit, ins Bett zu gehen, und so half ich ihm im Bad und steckte ihn unter die Decke, wobei ich ihn noch einmal viel zu lange in den Arm nahm und versuchte, meine Tränen zu unterdrücken.
Anja bemerkte natürlich, dass ich viel emotionaler als gewöhnlich war. Sie fragte erneut, ob wirklich alles in Ordnung mit mir sei. Als Antwort zog ich sie zu mir heran und gab ihr einen viel zu langen Kuss.
„Wow, was … also … wo kam das denn auf einmal her?“, fragte sie überrascht.
„Ich habe das gerade gebraucht“, erklärte ich mit einem resignierten Unterton. „Mach es gut“, ergänzte ich und wandte mich zum Gehen.
„Er vermisst dich wirklich“, rief
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