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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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Tod.
    Ich wollte gerade zur Erklärung ansetzen, als Tod abwinkte.
    „Schon gut, ich habe es verstanden und bin einverstanden.“
    „Toll!“, sagte ich. Tod lächelte.
    Keiner von uns sprach einen Moment. Tod fing irgendwann an, mit den Füßen zu wippen.
    „Ich werde dann mal wieder“, sagte er schließlich.
    „Eine Sache noch“, unterbrach ich ihn. „Wir kennen uns nun schon so lange, aber du hast mir nie gesagt, wie du eigentlich heißt. Du hast doch einen Namen, oder?“
    Tods Gesicht wurde ernst. „Darüber habe ich lange nicht mehr nachgedacht.“
    Es entstand eine unangenehme Pause. Ich unterbrach die Stille. „Äh, alles klar?“
    „Ich … ich kann mich nicht erinnern.“
    Es sah fast so aus, als würde er ein Stück weit in sich zusammensacken, aber er hielt sich am Kescher fest.
    „Ich meine, ich weiß gar nicht so genau, was du bist. Bist du ein Engel? Ein Gott? Irgendwas?“
    „Nichts von alledem. Ich … bin einfach.“
    Er wirkte recht barsch in seinem Ton. Offenbar hatte ich etwas ausgesprochen, was einen wunden Punkt bei ihm berührt hatte.
    „Ich glaube, die alten Griechen nannten mich Thanatos.“
    „Thanatos?“, fragte ich ungläubig. „Tanny?“
    Tod zuckte zusammen, als ich „Tanny“ sagte.
    „Bietet sich nicht gerade für Kosenamen an, oder?“, warf ich ein, und Tod schüttelte nur mit dem Kopf.
    „Wenn du willst, kannst du mich Thanatos nennen, wenn es dir gefällt. Ansonsten reicht ‚Tod‘.“
    „Okay. Thanatos“, sagte ich.
    Tod sah aus, als wäre er beunruhigt, und tatsächlich sprang er sofort auf. Er umfasste seinen Kescher mit beiden Händen und schaute zu mir herüber.
    „Wir sehen uns dann in der Schule.“
    „Mach’s gut“, sagte ich, und ein Augenblinzeln später war er auch schon wieder verschwunden.

Kapitel 13
    Tod ließ sich eine ganze Woche nicht blicken. In jeder der späteren großen Pausen stand ich allein in einer Ecke des Schulhofs und wartete. Ich kam mir dabei etwas dämlich vor, aber falls Thanatos auftauchen sollte, wollte ich nicht, dass meine Mitschüler sahen, wie ich vermeintlich mit mir selbst redete. Mein unsoziales Verhalten fiel aber gar nicht weiter auf, da ich offenbar immer noch wegen meines kleinen Ausrutschers auf dem Sportplatz gemieden wurde. Das Wochenende konnte gar nicht schnell genug kommen.
    Am Freitag war klar, dass sich Anja von Frank getrennt hatte. Donnerstag hatte Anja urplötzlich die letzten zwei Stunden gefehlt, und am Morgen des nächsten Tages giftete sie unverhohlen Astrid im Unterricht an, die am anderen Ende des Raumes saß. Als der Lehrer sie etwas zu einer Kurvendiskussion fragte, antwortete sie kryptisch, dass X ein verlogenes Stück sei, über das sich nicht zu diskutieren lohne. Der Blick, den sie dabei Astrid zuwarf, sagte dem Lehrer wohl genug, so dass er sie für den Rest des Unterrichts in Ruhe ließ.
    Anja schrieb kleine Zettelchen, die zu Astrid durchgereicht werden sollten, aber als sie zu mir kamen, hielt ich sie zurück. Ich las die Zettel nicht, konnte mir aber denken, was drinstand, und hatte irgendwie das Gefühl, Anja vor sich selbst schützen zu müssen. Natürlich bemerkte sie das Ganze und schien noch ärgerlicher zu werden.
    Nachdem die Stunde vorbei war und es zur Pause klingelte, dachte ich, dass sie sich gleich wie eine Furie auf Astrid stürzen würde. Ich trat dazwischen, und Astrid war so schnell verschwunden, dass es fast unheimlich war.
    „Was soll das, Martin?“, fragte mich Anja und sah aus, als wollte sie stattdessen mir die Augen auskratzen.
    Ich nahm ihre Hand, die sie erst zurückziehen wollte, und gab ihr die Zettel zurück.
    „Obwohl du sicherlich das Recht hast, auf Astrid sauer zu sein, werden dir diese hasserfüllten Schnipsel nicht helfen, mit der Situation umzugehen. Ich bin sicher, dass du und Frank dachtet, sehr glücklich zu sein, aber wenn es so kam, wie es kam, dann sicherlich nicht, weil alles in eurer Beziehung total toll gewesen ist. Und ich mag dich zu sehr, um zuzulassen, dass du eine verbitterte Person deswegen wirst oder gar zur Furie.“
    Dem Ausdruck auf ihrem Gesicht nach zu urteilen, war Anja genauso baff wie ich, dass ich wagte, so etwas zu ihr zu sagen. Auch die restlichen Leute im Raum starrten uns an. Ich hatte nun aber mein Kontingent an Charisma und Courage aufgebraucht und machte mich ohne Verabschiedung schnell davon.
    Nachdem ich die Pause damit verbracht hatte, quer durchs Haus zu laufen, um Anja nicht zu begegnen, fing sie mich vor

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