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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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nicht.“
    „Dein Körper sieht das offenbar anders.“
    „Verstehe ich nicht.“
    Tod seufzte. „Glaubst du wirklich, dass du plötzlich auf der Welt hin- und herspringen, dich in zwei Personen aufspalten und Teile der Zukunft sehen kannst und das alles völlig normal ist? Denk doch mal nach, bitte.“
    „Du meinst, diese Dinge habe ich von dir übernommen?“, fragte ich immer noch ungläubig.
    „Drücke ich mich eigentlich so undeutlich aus?“
    „Du willst damit sagen, dass sich Damm tatsächlich die Birne wegpustet?“
    „Damm ist dieser Zimmerkamerad? Ich schätze mal, ja.“
    „Oh mein Gott.“
    Tod rollte mit den Augen.
    „Ich muss das verhindern“, sagte ich.
    „Es hat keinen Sinn, so etwas verhindern zu wollen. Du bringst dich nur selbst in Gefahr, und im Endeffekt muss er ohnehin sterben. Wir haben darüber schon etliche Male gesprochen.“
    „Kannst du mir sagen, wann es genau passiert?“
    „Weißt du das nicht selber? Ging das nicht aus deiner Vision hervor?“
    „Nein, ich habe nur kurz dieses Bild vor meinem geistigen Auge aufblitzen sehen.“
    „Gut.“
    „Gut?“, brüllte ich fast.
    „Ja, so kommst du nicht auf dumme Ideen.“
    „Du sagst mir, dass ich sehen kann, wie einer meiner Freunde umkommt, und ich soll nichts dagegen machen beziehungsweise kann gar nichts dagegen machen?“
    „Schon wieder dieses Gerede von einem Freund. Wie gut kennst du ihn denn überhaupt?“, fragte Tod.
    „Das ist doch jetzt völlig irrelevant. Ich kenne ihn halt.“
    „Und nur weil du ihn kennst, ist er dein Freund?“
    Ich starrte nervös aus dem kleinen Fenster des Dienstzimmers.
    „Wie kann ich das wieder rückgängig machen?“, fragte ich.
    „Was?“
    „Diese ganze Abfärberei von deinen … deinen …“
    „Gar nicht, soweit ich weiß.“
    Ich raufte mir die Haare.
    „Warum willst du sie loswerden? Die Springerei hat dir doch bisher gut gefallen. Vermutlich hast du jetzt schon mehr von der Welt gesehen, als du je gesehen hättest, wenn du diese Eigenschaft nicht besitzen würdest.“
    „Darum geht es doch gar nicht. Ich will nicht wissen, wie oder wann jemand stirbt.“
    „Du wehrst dich viel zu sehr. Ich habe dir doch schon immer gesagt, es ist dein Schicksal, meinen Job zu übernehmen.“
    „Mein Schicksal? Du hast mich gefragt, ob ich das möchte, und ich habe nein gesagt.“
    „Na ja, das war eher eine Formalität.“
    „Eine Formalität?“
    „Das ist vielleicht der falsche Ausdruck. Genau genommen war die Frage überflüssig.“
    „Heißt das, dass du mich damals angelogen hast?“
    Tod spitzte die Lippen. „Äh, nein.“
    „Es klingt aber verdammt danach.“
    „Ich musste dich doch irgendwie darauf vorbereiten.“
    „Indem ich so etwas wie den Tod eines Freundes mit ansehen muss? Bist du bescheuert?“
    „Schon wieder redest du von einem Freund.“
    „Nun häng dich nicht immer daran auf. Es geht hier um ein Leben. Im Grunde geht es auch um mein Leben.“
    „Du hast recht. Es geht auch um dein Leben, dessen Weg allerdings bereits vorgezeichnet ist.“
    „Ich weigere mich, das zu glauben. Wir alle führen unsere Leben selbstbestimmt. So etwas wie Schicksal, oder wie auch immer du es nennen möchtest, gibt es nicht.“
    „Vielleicht siehst du es endlich ein, wenn Damm sich tatsächlich eine Kugel in den Kopf jagt.“
    „Ich werde versuchen, das zu verhindern.“
    Tod seufzte. „Mir ist irgendwie die Lust auf das Spiel vergangen.“
    „Und mir erst.“
    „Schätze, wir sehen uns dann spätestens, wenn es passiert.“
    „Wird wohl so sein.“
    Tod stand auf, nahm seinen Kescher, blickte noch einmal zu mir herüber und war verschwunden. Ich saß noch einen Moment auf meinem Stuhl und starrte in die Richtung, wo er zuvor gesessen hatte. Dann wischte ich aus einem Impuls heraus das Schachbrett vom Tisch, so dass alles darauf quer durchs Zimmer flog.
    „Verdammte Scheiße“, fluchte ich. Dann stand ich auf und sammelte das Spiel wieder ein.

Kapitel 22
    Zu behaupten, ich wäre in dieser Zeit nicht angespannt gewesen, wäre eine Untertreibung von epischen Ausmaßen. Ich hing ständig um Damm herum, so dass es für ihn und mich schon unangenehm wurde. Zumindest kommentierte er meine Aufdringlichkeit entweder mit „Alter, rück mir nicht so auf die Pelle“ oder mit „Rück mir nicht so auf die Pelle, Alter“. Seine Satzkonstruktionen waren legendär. So wie seine Nonchalance in Bezug auf das Leben. Es gab nichts, was darauf schließen ließ, dass er überhaupt

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