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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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wieder zu Damm rübersah. Einige waren bereits fertig, als wir immer noch auf dem Flur saßen. Damm putzte alles sehr gründlich und setzte seine Waffe zusammen, als ich mich ein letztes Mal umschaute – und Tod neben ihm stehen sah.
    Vor Schreck ließ ich die Teile, die ich auf dem Schoß hatte, auf den Boden fallen. Ich sprang auf, doch mein Blick wurde kurz abgelenkt, als mich Anselm von der Seite anbrüllte, mit der Ausrüstung vorsichtiger zu sein.
    Manchmal sind es nur Sekunden, die den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen. Damm hatte den Moment meiner Unaufmerksamkeit genutzt, eine Patrone, die er irgendwie beiseitegeschafft hatte, in die frisch geputzte Waffe einzulegen. durchzuladen und die Schulterstütze auf den Boden zu stellen. Als ich mich wieder umdrehte, lächelte er mich an, während er sein Kinn über die Mündung schob und mit dem Daumen den Abzug drückte.
    Der Knall war ohrenbetäubend. Damms Kopf flog nach hinten, und eine rote Wolke aus Blut, Knochen und Gehirnmasse verteilte sich über die Wand hinter ihm. Während ich den Mund aufriss und schrie, sprang Anselm mit einem Satz von mir zu Damm, doch da war es bereits zu spät. Damms Kopf fiel wieder nach vorne, und ich sah, wie aus der klaffenden Kopfwunde ein Schmetterling flog und von Tod eingefangen wurde. Thanatos’ unbewegte Miene stand im Kontrast zu meinem verzerrten Gesicht. Er machte keine Worte. Unsere Blicke trafen sich kurz, als er so plötzlich verschwand, wie er gekommen war.
    Die Kameraden, die sich schon in ihren Stuben aufgehalten hatten, rannten wieder hinaus auf den Flur. Die Reaktionen reichten von Ohnmachtsanfällen über spitze Schreie bis zu geschockter Stille. Remmler war kalkweiß im Gesicht und hätte fast das Bewusstsein verloren, wenn ihn Kruppa nicht aufgefangen und gerüttelt hätte. Anselm rief nichts weiter als „Scheiße, Scheiße, Scheiße!“.
    Ich blieb resigniert auf meinem Stuhl sitzen und ließ den Kopf hängen. Ich hatte Damms Tod nicht verhindern können. Bedeutete das, dass Thanatos recht hatte? Dass unser Schicksal feststeht? Ich wollte es immer noch nicht glauben. Vor allem aber wollte ich es nicht akzeptieren. Ich blickte noch einmal zu Damm hinüber, dann fing ich langsam wieder an, mein Gewehr weiter zusammenzusetzen. Nachdem ich endlich fertig war, bemerkte ich das kleine Rinnsal Blut, das durch eine Fuge zwischen den Steinplatten im Fußboden langsam den Flur hinunterlief.

Kapitel 23
    Die Polizei kam, und die Leiche wurde entfernt. Und ob das nicht genug gewesen wäre, hatte ausgerechnet unsere Stube in dieser Woche Putzdienst. Unsere Vorgesetzten waren immerhin so rücksichtsvoll, dass sie einer weiteren Stube befahlen, uns zu helfen. So hatte ich also nicht nur Damms Tod nicht verhindern können, ich durfte, um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, auch noch sein Blut vom Flur entfernen.
    Während ich, noch halb unter Schock stehend, den Boden schrubbte, tauchte Tod auf und rieb mir unter die Nase, dass er es mir gesagt hätte.
    „Ich kann das jetzt nicht diskutieren“, nuschelte ich, um bei den anderen nicht den Eindruck zu erwecken, ich würde mich mit einem Stück Luft unterhalten.
    Tod stand da und sah aus, als würde er am liebsten „Tada!“ rufen und sich verbeugen, als wäre er der weltbeste Hellseher. „Aber ich habe es dir gesagt!“, unterstrich er noch einmal seine Sicht der Dinge.
    „Ja doch!“
    Meine Erwiderung kam etwas lauter heraus, als ich gehofft hatte. Kruppa, der ein paar Meter weiter wischte, sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. „Alles klar?“
    Ich nickte nur und schaute dann kurz zu Tod, um ihn mit einem finsteren Blick zu belegen.
    „Du brauchst mich gar nicht so anzusehen“, sagte Tod. „Es gibt keinen Grund, dass wir uns streiten.“
    „Ich fände es nur wesentlich angenehmer, wenn es dir nicht so viel Spaß machen würde, mir immer wieder zu zeigen, wie recht du doch hast.“
    Tod seufzte. „Und du wirst immer etwas finden, was dir missfällt, oder?“
    Ich schmiss den Lappen in die Ecke, ließ mich an der Wand herunterrutschen und blickte aus dem Fenster. Ein paar Kameraden hielten beim Putzen inne und schauten ebenfalls in meine Richtung. Ich ließ nur kurz meinen Blick schweifen, bevor ich Tod leise ansprach.
    „Ich muss hier das Blut von meinem Kumpel wegwischen. Und du stehst da und tust so, als wäre das irgendwie witzig. Tut mir leid, wenn ich das nicht amüsant finde.“
    Tod blickte mich ernst an, aber ich konnte mich jetzt nicht

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