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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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nicht ständig so falsch liegen!

16
    Das Wort eines Engländers
    Ffion Lyke-Evans war eine sehr glückliche junge Frau.
    Wird die Tür eines belagerten Gebäudes aufgerissen und kommt der Verdächtige gewehrschwingend herausgelaufen, folgt gewöhnlich ein Remake der Schlussszene von Butch Cassidy und Sundance Kid. Glücklicherweise reagierte die CAT-Spezialeinheit auf Sandy Glenisters diktatorischen Schrei »Nicht schießen!« und hielt die Disziplin aufrecht und sich selbst zurück.
    Als Peter Pascoe Ffion mit dem Gewehr auf sich zulaufen sah, nahm er an, nun habe sie es darauf abgesehen, ihn endgültig zu erlegen. So gewiss war er sich, sein letztes Stündlein habe geschlagen, dass er sich kaum erleichtert fühlte, als zwei Männer in Schwarz sie zu Fall brachten und ihren widerstandslosen Händen das Gewehr entwanden. Während sie auf dem Boden lag, schrie sie etwas, was er wegen des Klingelns in seinen Ohren kaum hören konnte. Aber wenn er es richtig verstanden und sie wirklich »Peter! Peter! Alles in Ordnung?« gerufen hatte, schien ihm das doch eine ziemlich unverfrorene Kehrtwendung, selbst für eine Literaturagentin.
    Zu diesem Zeitpunkt galt der Großteil seiner Aufmerksamkeit allerdings den schrecklichen Schmerzen, die er jeden Augenblick erwartete, sowie dem tödlichen arteriellen Blutschwall, der seiner Wunde am Hals entströmen musste.
    Doch aus irgendeinem Grund wollten sich die Schmerzen nicht einstellen, und als er die Hand auf die Wunde legte, fühlte sich der heiße Blutstrahl überraschenderweise wie verschmierte kalte Erde an.
    Officer Sullivan, der sich als zurückhaltender Ulsterman von liebenswürdiger Wesensart herausstellte, offenbarte ihm schließlich die Wahrheit, die ihn zwar gewaltig beruhigte, ihn aber auch ziemlich in Verlegenheit brachte.
    Er war nicht angeschossen worden. Er war rückwärts in einen weiteren von Youngmans Stolperdrähten getreten, und die Explosion hatte einen Erdklumpen hochgeschleudert, der ihn am Hals getroffen hatte.
    Die einzige ärztliche Versorgung, ebenfalls von Sullivan zur Verfügung gestellt, bestand in Form einer Wasserflasche voller Whisky, die der gütige Ire ihm verabreichte, nicht ohne ihm vorher das Versprechen vollkommenen Stillschweigens abgerungen zu haben.
    Es hätte viel schlimmer kommen können, dachte sich Pascoe, als er eine zweite Dosis des Heiltrunks entgegennahm.
    Vor allem, was die Peinlichkeit anbelangte. Wenigstens hatte er, als er auf die Knie gesunken war, keine letzten Botschaften diktiert. Wie schon in der Mill Street hatten sich all die eleganten Abschiedsepigramme, die er im Lauf der Jahre zusammengetragen hatte, vollends aus seinem Gedächtnis verflüchtigt.
    Bis er wieder ganz in der Welt angekommen war, die er befürchtet hatte, verlassen zu müssen, war von Ffion oder Glenister keine Spur mehr zu sehen. Als er ins Cottage wollte, wurde ihm von Gordon, der seine Männer ausgeschickt hatte, das Gelände nach weiteren Alarmeinrichtungen abzusuchen, der Weg verstellt.
    »Sie können da nicht rein«, sagte er. »Tatort. Das sollten Sie wissen.«
    Pascoe, enttäuscht, der Gelegenheit beraubt zu sein, in Youngmans Sachen zu wühlen, überlegte kurz, ob er es auf einen Disput ankommen lassen sollte. Aber es war nicht angeraten, sich mit jemandem anzulegen, der den Finger am Abzug hatte: eine, wie ihm schien, ganz brauchbare Maxime. Außerdem wusste er nicht das Geringste über Gordon, seinen Dienstgrad, überhaupt, ob er zur Polizei gehörte oder zur Geheimdienstfraktion der CAT.
    »Wo ist Ffion?«, fragte er. »Die Waliserin.«
    »Sandy Glenister hat sie zu ihrem Wagen gebracht. Passen Sie auf, wo Sie hinlaufen. Ich will nicht, dass Sie noch mal über die Drähte stolpern.«
    Er fand die beiden Frauen auf dem Rücksitz vor. Freeman musste vorgefahren sein, sobald die Action vorbei gewesen war. Als er Pascoe kommen sah, stieg er aus.
    »Ist wohl am besten, wenn man sie eine Weile in Ruhe lässt«, murmelte er lächelnd. »Mädchensachen.«
    »Die Sie sich getrost anhören dürfen, aber ich nicht? Was sind Sie? Der Palasteunuche?«
    Freeman schien amüsiert, er lachte laut auf und fragte dann, eifrig besorgt: »Und wie geht es Ihnen, Peter? Nach Ihrem kleinen Schock, meine ich?«
    »Bei mir ist alles in Ordnung«, erwiderte Pascoe.
    Wie bei Gordon und dem verwehrten Zutritt zum Cottage blieb ihm auch jetzt nichts anderes übrig, als seine Frustration auszusitzen und darauf zu warten, dass vielleicht einige Informationskrümel für

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