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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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braune und orangefarbene Blätter aufwies, um damit einen vallombrosanischen Bachlauf zu ersticken.
    »Mrs. Sarhadi?«, fragte er.
    »Was wollen Sie?«
    Es war ihr anzusehen, dass sie in ihrer Einschätzung schwankte: Vertreter oder Mitarbeiter einer Behörde? Polizist befand sich nicht auf ihrer Liste. Die meisten bekamen schmale Augen, wenn ihnen bewusst wurde, dass ein Polizist vor ihrer Tür stand.
    »Ist Kalim zu Hause?«, fragte er.
    »Nein. Was wollen Sie von ihm?«
    »Nur plaudern.«
    »Dann sind Sie Journalist?«
    Kalims Ruhm musste sie mit Journalisten vertraut gemacht haben.
    »Nein. Von der Polizei.«
    Er bemerkte die schmalen Augen und fügte hastig an:
    »Nichts Ernsthaftes, nur ein paar abschließende Fragen, wirklich. Kalim kennt mich. Ich habe ihn und seine Verlobte letzten Samstag kennengelernt. Meine Frau war mit ihm am Abend vorher in der Fernsehsendung.«
    »Oh aye? Die! Und die Verrückte, die meinen Jungen erschießen wollte, was passiert mit der? Ein Klaps auf die Finger und zwei Stunden gemeinnützige Arbeit, was?«
    »Die Staatsanwaltschaft ist wohl noch dabei, die Anklage zu formulieren«, sagte er.
    »Was gibt es da groß zu formulieren, wenn man nicht hirntot ist?«, fragte sie.
    Pascoe, der dieser Reaktion einiges an Mitgefühl entgegenbringen konnte, sich selbst aber nicht belasten wollte, nickte.
    »Tottie!«, kam ein anklagender Ruf von drinnen. »Wo ist meine saubere Hose?«
    »Im Kühlschrank, wo ich sie immer hinlege! Wo meinst du denn! In der Wäschekammer, du Trottel«, brüllte Mrs. Sarhadi zurück. »Männer. Wissen nicht, wo vorn und hinten ist, wenn man es ihnen nicht ständig sagt.«
    Tottie. Bei dem Namen klingelte es irgendwie. Sie war, erinnerte sich Pascoe an Joe Fidlers Interview mit Sarhadi, eine aus der hiesigen Gegend stammende Konvertitin, die ganz offensichtlich nicht der Ansicht war, man könne kein selbstbewusstes Yorkshire-Mädel mehr sein, wenn man sich dem Islam angeschlossen hatte.
    »Wenn Sie mir sagen könnten, wo ich Kalim finde …«, sagte er.
    »Er ist in der Moschee. Halt, was hast du es so eilig?«
    Der letzte Teil war an einen schlanken, mittelältlichen Südasiaten adressiert, der die Treppe heruntergestürzt kam und sich dabei die Hemdschöße in die Hose stopfte.
    »Ich hab dir doch gesagt, ich muss am Nachmittag Mrs. Atwood vom Bahnhof abholen. Du hättest mich früher wecken sollen.«
    »Womit? Indem ich dir eine Kanonenkugel ins Ohr schieße? Hast du schon vergessen – ich treffe mich mit Jamila im Grange. Du hast gesagt, du würdest mich dort absetzen.«
    »Hab ich das? Tut mir leid, keine Zeit, keine Zeit.«
    »Was soll das heißen, ›keine Zeit‹? Mrs. Atwood kann nicht warten, aber deine eigene Frau kann zu Fuß gehen. Und überhaupt, welcher Zug kommt schon pünktlich?«
    Es war nicht zu übersehen, dass sich Mr. Sarhadi genau dort befand, wo Yorkshire-Gattinnen einen gern hatten: in einer Zwickmühle.
    Eigeninteresse und männliche Solidarität verleiteten ihn zu dem Satz: »Vielleicht kann ich Sie ja mitnehmen, Mrs. Sarhadi.«
    Die Augen des Mannes, der ihn fragend gemustert hatte, erhellten sich vor dankbarer Erleichterung.
    »Na ja«, sagte Tottie zweifelnd. »Wir kämen auf dem Weg dorthin an der Moschee vorbei, ich könnte Ihnen also zeigen, wo Sie hinmüssen.«
    Das war typisch Yorkshire. Lass niemals zu, dass du anderen zu Dank verpflichtet bist, wenn sich die Möglichkeit ergibt, den Spieß umzudrehen.
    »Na also«, sagte ihr Mann. »Problem gelöst. Bis dann.«
    Er drängte sich an Pascoe vorbei und stieg in sein Taxi.
    »Du weißt noch nicht mal, wer das ist«, rief seine Frau ihm nach. »Könnte doch auch mein Verehrer sein!«
    Aber sie sagte es im Tonfall brummiger Zuneigung, die ebenfalls das Kennzeichen einer Yorkshire-Ehe ist.
    »Da ist mein Wagen«, sagte Pascoe und zeigte auf den Focus. »Sobald Sie fertig sind …«
    »Ich bin fertig«, sagte die Frau, griff sich einen breiten Seidenschal vom Haken hinter ihr und wickelte ihn sich um den Kopf. »Los!«
    Pascoe öffnete ihr die hintere Wagentür, und sie glitt hinein. Rod drehte sich um, lächelte sie an und sagte: »Hallo, ich bin Rod.«
    »Und ich bin Tottie. Schön, Sie kennenzulernen«, sagte sie und erwiderte das Lächeln interessiert.
    Er hätte ihn an die Tür schicken sollen, dachte sich Pascoe. Nur dass Rod jetzt dann wahrscheinlich im Haus sitzen, Tee trinken und frisch gebackenen Pfefferkuchen mampfen würde.
    Er klemmte sich hinters Steuer und ließ

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