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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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geschrieben habe. Den hast du doch gesehen, oder?«
    »Oh, aye«, sagte Wield, zog eine Kopie davon aus seiner Tasche und wedelte nachlässig damit herum. »Paar Sachen sind nicht drin, weil’s keinen Grund gab, sie reinzuschreiben. Du hast erwähnt, du und der Beamte vom Baureferat habt die Häuserzeile vor eineinhalb Jahren überprüft, nachdem die Abrisspläne des Stadtrats hinfällig wurden. Empfehlung: für Privatwohnungen nicht mehr geeignet, aber okay zum geschäftlichen Gebrauch.«
    »Aye, ein wenig Druck wurde dabei schon ausgeübt«, sagte Lipton.
    »Du hast ein Brandrisiko gesehen?«
    »Ich hab die ganze Häuserzeile als einziges Brandrisiko gesehen!«, korrigierte Lipton. »Der Stadtrat hat versprochen, die Elektrik zu überprüfen und das Balkenwerk einer Feuer abweisenden Behandlung zu unterziehen. Das wäre ungefähr so, als würdest du deine Unterhose vor dem Weihnachtstanz des Bürgermeisters mit einem Insektenmittel einsprühen.«
    In der Mythologie der Lokalverwaltung war der Ball von Kirriemuir verglichen mit dem Weihnachtstanz des Bürgermeisters wie ein Treffen von Erweckungspredigern.
    »Wie stand es um die Speicher?«, fragte Wield beiläufig.
    »Bestanden die Trennwände aus festen Ziegeln oder nur aus Latten und Verputz?«
    »Bist du verrückt? Weder noch, weil es keine Trennwände gegeben hat, nur einen einzigen, offenen, gemeinsam zu nutzenden Speicher. Wenn in Nummer eins Feuer ausbricht, würde es Nummer sechs schneller einen Besuch abstatten, als ein kräftiger Kerl dazu unten auf dem Gehweg braucht!«
    »Fürchterlich!«, sagte Wield. »Sie hätten auf dich hören sollen, Jim.«
    »Nein«, antwortete Lipton, »egal, was ich empfohlen habe, bei dem, was dort passiert ist, hätte es sowieso nichts genutzt. Eine Explosion wie die legt die ganze Chose flach, der Brand war nur ein optionales Extra.«
    »Aye, muss ein ziemlicher Knall gewesen sein«, stimmte Wield zu. »Ich hab’s mir selber angesehen, ich und einer aus dem Team der Schottin. An der Seite von Nummer sechs war eine Tür, eine gute, feste Sicherheitstür mit Metallrahmen. Die hing nur noch in den Angeln. Das muss die Druckwelle gewesen sein, die sie aufgerissen hat, nehm ich an.
    Oder haben deine Jungs sie geöffnet?
    »Nein, das war die Druckwelle. Ist mir selber aufgefallen.
    »Aber eine Tür wie die, mit zwei Riegelschlössern, wenn die fest verschlossen war …«
    »War sie nicht«, kam es prompt von Lipton. »Konnte auch nicht verriegelt gewesen sein. Deshalb ist sie durch die Druckwelle ja aufgeflogen. Nur deshalb stehen wahrscheinlich die Wände noch. So wie die Häuserzeile gebaut war, wäre die Mauer wie die von Jericho eingestürzt, hätte die Tür der Druckwelle nicht ein Schlupfloch gelassen.
    Wield blieb noch ein paar Minuten, plauderte über dieses und jenes und erzählte das Neueste von Dalziels Zustand.
    »Da ist mir wirklich klar geworden, was es für eine Explosion gewesen sein musste«, sagte Lipton, nachdem der Sergeant bereits gegangen war. »Was diesen Scheißkerl umwirft, das muss schon ein gewaltiger Rums sein!
    Schon komisch, dachte sich Wield, nachdem er sich verabschiedet hatte. Für einen Großteil der Bevölkerung von Mid-Yorkshire war »die Bedrohung durch Terroristen aus unserer Mitte«, wie die Lokalzeitung es so phantasielos bezeichnet hatte, exponentiell angewachsen, weil die Möglichkeit bestand, dass Andy Dalziel für immer aus dieser Mitte entfernt werden könnte.
    Er sah auf seine Uhr. Es ging auf Mittag zu, davor allerdings wollte er noch dem Leichenschauhaus einen Besuch abstatten. Manchmal, wenn er im kuscheligen Wohnzimmer des mit Edwin bewohnten Cottage saß und seinen geliebten Gilbert und Sullivan lauschte, musste er feststellen, dass er die Tage bis zu seiner Pensionierung zählte.
    Doch da gab es noch viel zu zählen. Jahre an Arbeit standen noch an, bevor er, metaphorisch gesprochen, seinen Schlagstock gegen eine Mohnblume oder Lilie austauschen konnte.
    Mit dem Lied des Sergeant aus Die Piraten von Penzance auf den Lippen, stieg er auf seinem rätselhaften Weg den steilen Hügel hinauf, der zum Central Hospital führte.

4
    Einbruch
    Am Ende des zweiten Tags in Manchester reichte es Peter Pascoe.
    Während der einleitenden Videovorführung und dem Briefing hatte er das Gefühl gehabt, an vorderster Front zu stehen. Doch als er am darauffolgenden Tag frühmorgens in der Lubjanka ankam, wurde er in einen stickigen Keller gewiesen, wo zwei Agenten, die auf den ersten Blick jung

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