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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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könnten. Darauf verstieg er sich zu ausfälligen Drohungen. Nachdem er abgezogen war, wechselte der Beamte, der mit diesem Subjekt nichts als Ärger vorhersah, einige inoffizielle Worte mit einem Kollegen im indonesischen Innenministerium. Früh am nächsten Morgen wurde Carradice aufgegriffen, zur unerwünschten Person erklärt und mit einem Tempo, über das die Einwanderungsbehörden in London nur staunen konnten, in ein Flugzeug nach Großbritannien verfrachtet.
    Das trug ihm ein wenig Publicity ein, die nicht nur verständnislos ausfiel. Dann verschwand Carradice für achtzehn Monate aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit, wobei, wie jetzt schien, die CAT ihn immer im Visier behielt. Ihr Interesse an ihm konkretisierte sich schließlich zur Operation Marion. Nach wochenlanger Observierung und verdeckten Ermittlungen sah die CAT den Zeitpunkt zum Zuschlagen gekommen. Das Haus in Nottingham, in dem Carradice zusammen mit einem Dutzend junger Muslime wohnte, wurde gestürmt, die Bewohner wurden verhaftet und belastende Materialien sichergestellt, darunter angeblich Literatur und Chemikalien, die auf die Herstellung von Rizin verwiesen.
    Gleichzeitig wurden in der Stadt zehn weitere Muslime festgenommen. Die Zeitungsschlagzeilen waren voll mit dem terroristischen Anschlag, der zum Tod von mehreren tausend Einwohnern der Stadt hätte führen können, wäre die Trinkwasserversorgung wirklich vergiftet worden.
    Sensibilität gegenüber dem Straftatbestand der Verleumdung führte dazu, dass die meisten Zeitungen die Lautstärke ihrer Äußerungen um einiges verminderten, nachdem die Anklageerhebungen gegen die Verschwörer der Reihe nach eingestellt werden mussten. Nur die Voice weigerte sich, davon zu lassen, und verkündete, gefährliche Täter würden wieder auf freien Fuß gesetzt, nicht weil sie unschuldig seien, sondern »weil unsere antiquierten englischen Gesetze mehr Löcher aufwiesen als eine ausgeleierte Strickjacke«. Carradice war schließlich der Einzige, der sich vor Gericht verantworten musste. Zu diesem Zeitpunkt griff Ellie das Thema wieder gegenüber Pascoe auf. »Ich hatte recht«, erzählte sie ihm. »Mum sagt, es sind die Carradices meiner Großmutter. Aber keine Sorge. Wir haben mit ihnen nichts mehr zu schaffen, genauso gut könnten sie Chinesen sein. Mum sagt, sie hat sie zum letzten Mal gesehen, als ich dreizehn war. Da tauchte eine ganze Wagenladung von ihnen auf, sie waren auf der Durchreise, und mir wurde ein Baby in die Hand gedrückt, das mich von oben bis unten anpinkelte. Mum glaubt, es hätte Mike geheißen. Witzig, wenn er es gewesen wäre.«
    »Nicht die hebe, sondern die angepisste Verwandtschaft«, sagte Pascoe.
    So ferne Verwandte, redete er sich ein, zählten doch gar nicht mehr, dennoch achtete er sehr darauf, dass nichts davon seinen Kollegen zu Ohren kam. Der Humor von Polizisten konnte mehr als ätzend sein. Dalziel war dabei die größte Gefahr. Er hatte eine Nase für kleine Geheimnisse, mit der er als Skandalreporter ein Vermögen hätte verdienen können.
    Jetzt allerdings wurde Pascoe bewusst, dass der Dicke gegenüber den CAT-Leuten ein blutiger Anfänger war.
    Er holte tief Luft und zwang sich zu einem Lächeln. Aufgrund seiner schäbigen Schulmeister-Erscheinung und seines entsprechenden Benehmens hätte man Komorowski leicht abtun können. Was allerdings dumm gewesen wäre.
    Pascoe war immer noch dabei, das komplexe Sudoku der CAT-Strukturen und Machtverhältnisse zu enträtseln, aber er hatte den starken Verdacht, dass dieser Mann wesentlich mehr war als nur irgendeine Ziffer.
    »Sie wissen ja«, sagte er, »wie das so ist mit Freunden und Verwandten. Man kann sie sich nicht aussuchen.«
    »In der Tat.«
    Komorowski schien noch etwas hinzufügen zu wollen, suchte aber noch nach den richtigen Worten.
    Schließlich sagte er: »Es war nicht meine Absicht, Sie zu kränken, indem ich Ihre Verwandtschaftsbeziehung erwähne und Ihnen damit zeige, wie clever wir sind, Mr. Pascoe.«
    »Schon gut.«
    »Ich dachte mir nur, es würde Sie beruhigen. Sie müssen jetzt nicht mehr darüber grübeln, ob wir davon wissen und, falls ja, ob es irgendeinen Einfluss hat.«
    »Einfluss worauf?«, fragte Pascoe, noch immer argwöhnisch und noch immer leicht aus der Fassung gebracht.
    »Den Grad unseres Vertrauens in Sie. Absolutes Vertrauen erfordert absolutes Wissen.«
    »Und ich habe den Test bestanden.«
    »Absolut.« Komorowski lächelte jetzt. Ein Lächeln, das einem Sonnenstrahl

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