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Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Titel: Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)
Autoren: Swantje Berndt
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verflog aus den himmelblauen Augen des Teenagers, als Daniel ihm seinen Mantel reichte.
    „Nouel?“ Etwas in dem Blick des Jungen kam Daniel bekannt vor.
    „Das war vor vielen Leben. Heute heiße ich Daniel. Woher kennst du mich?“
    „Du bist es?“ Ein warmes Lächeln breitete sich auf dem hübschen Gesicht aus. „Dann kann ich dir danken. Nach so langer Zeit.“ Er legte den Mantel beiseite und nahm Daniels Hände in seine. „Als wir uns das letzte Mal sahen, ragte ein Speer aus meinem Rücken. Erinnerst du dich? Du hast mich vom Schlachtfeld getragen und die Totenwache übernommen.“
    Es gab zu viele Totenwachen in Daniels Leben. Doch der Junge kam ihm immer vertrauter vor.
    „Die Schlacht bei Auberoche. Du hattest einen Bart, der dir bei Gegenwind die Sicht nahm und dir fehlte ein Ohr. Du hast Witze darüber gemacht. Ich habe gelacht, obwohl es schmerzte.“
    Die Gascogne. Es war eine der ersten Schlachten des Hundertjährigen Krieges gewesen. Als der Rückzug befohlen wurde, war Daniel über ein wimmerndes Häuflein Elend gestolpert.
    „Pépin?“
    Der Junge nickte glücklich.
    „Du bist in meinen Armen gestorben. Du brauchst mir nicht zu danken.“ Nur für winzige Augenblicke hatte die Angst vor dem Tod die verzerrte Miene des Kindes verlassen. Er hatte dem Knappen aus seinen Leben erzählt, um ihm den Schmerz erträglicher zu machen. Daniel erinnerte sich an schwarze Haare, viele Pickel, ein bartloses Kinn und eine ständig zitternde Unterlippe.
    „Der Tod ist wie ein tiefer, erholsamer Schlaf. Du hattest recht.“ Verlegen strich der Junge eine aschblonde Strähne hinters rot gewordene Ohr. „Dieses Mal heiße ich Ives. Für die anonymen Meister arbeite ich seit zwei Leben.“
    „Und hast es nur bis zum Diener gebracht?“
    Ives senkte den Blick. Er hatte ihn gekränkt. Das hatte Daniel nicht gewollt. Er fasste Ives am Kinn und drehte ihn zum Licht. „Wenigstens hast du in diesem Leben einen Grund, dich zu rasieren oder stammt der Schatten noch vom Marmeladenbrötchen?“
    „Vermutlich. Ich bin in keinem meiner Leben alt geworden.“ Er nickte die Treppe hoch und ließ Daniel den Vortritt. „Ich bin ein Trottel. Vertraue den falschen Leuten, suche mein Glück an falschen Orten.“
    „Wenn du für Maurice und die Bruderschaft arbeitest, wird sich dein Blatt nicht wenden. Du solltest gehen.“
    Ives lachte. „Auch du bist hier, oder nicht?“
    „Ich bin ein Meister.“
    Der Trotz stand Ives gut. Ließ ihn männlicher aussehen. Hätte er diesmal mehr Zeit, würde er es in der Bruderschaft zu etwas bringen können.
    „Geh lieber rein. Die warten schon. Gegen fünf landet eine Maschine aus Moskau. Du sollst eine Frau beschatten.“ Grinsend drückte er die Klinke. „Um sie dann zu töten. Viel Spaß dabei.“
    „Du spionierst deinen Meister aus?“
    Ives zuckte die Schulter. „Dich würde ich nicht ausspionieren.“ Das Grinsen verschwand, als er die Tür öffnete und Daniel mit höflich gedämpfter Stimme vorstellte.
    „Daniel.“ Keph stand auf und kam ihm entgegen.
    Der zierliche Mann am Schreibtisch musste Maurice sein. Daniel erkannte ihn nur an dem fanatischen Blick, der von einem Haarschopf eingerahmt wurde, der wie flüssige Schokolade aussah. Der Eindruck täuschte. Maurice war weder süß noch bekömmlich.
    „Du hast deine Namen oft geändert. Doch Daniel Levant gefällt mir, du solltest ihn für die nächsten Leben nach deiner Bewusstwerdung wieder wählen. Das würde uns eine Menge Zeit und Arbeit ersparen, die wir sonst in deine Suche investieren müssten.“
    Lässig wies er zu dem freien Platz neben Keph. Daniel blieb stehen.
    „Wie du willst. Du hast ohnehin wenig Zeit.“ Maurice reichte ihm eine Akte. „Der Klient ist ein Russe. Er hat den Vertrag mit der Bruderschaft vor einer Stunde in Moskau unterschrieben. Überbringer und Zeuge war Meister Orlow. Das Ziel ist eine Engländerin russischer Herkunft. Sie hat mit dem Klienten geschlafen und ihn dann bestohlen. Er will ihren Tod und das Diebesgut um Mitternacht zur Wintersonnenwende.“
    Lucinde Sorokin. Die Vergrößerung eines Reisepassfotos zeigte ein schönes Frauengesicht mit einer verspielten Hochsteckfrisur. Der eine Mundwinkel lag höher als der andere. Hatte das spöttische Lächeln dem Fotografen oder ihren Gedanken gegolten, die ihr in diesem Augenblick durch den Kopf gegangen waren? Laut Akte war sie fünfundzwanzig. Etwas in ihrem Gesicht ließ sie jünger erscheinen, etwas im Blick ihrer grünen Augen
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