Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)
Sorokin zum Leben. Daniel rutschte an der Duschwand hin unter. Das Wasser rann heiß über seinen Nacken und entspannte ihn trotzdem nicht. Eine ausweglose Situation. Er hasste ausweglose Situationen.
Als er sich die Haare trockenrubbelte, sah sein Gesicht unter dem weißen Handtuch grau und müde aus. Ein martialisches Kreischen quälte seine Nerven. Der Fußboden vibrierte, von der Decke rieselte Staub. Ob er hin untergehen und Susannas Freunden klarmachen sollte, dass weder tragende Wände noch tragende Balken eingerissen werden durften? Nach einem letzten verzweifelten Aufschrei verstummte die Kreissäge wieder, dafür war Susannas dumpfes Schimpfen zu hören. Daniel verkroch sich unter Decken und Kissen. Nur eine Stunde Schlaf, dann würde er Ives ablösen und Lucy wieder persönlich observieren.
Der Aufzug knarrte in den Seilen. Daniel fluchte ins Kopfkissen. Sollte Ives seinen Posten verlassen haben, würde er ihn einen Kopf kürzer machen.
„Daniel? Wo bist du?“
Jade? Ihr fröhliches Gesicht erschien zwischen den Stäben.
„Die Kleine von unten hat mich her eingelassen. Seit wann schließt du ab? Spontane Besuche sind schicksalsbestimmt. Es ist nicht gut fürs Karma, wenn sie unterbunden werden.“
Daniel verkroch sich noch etwas tiefer unter die Decken.
„Hey, dunkler Held! Deine düstere Aura tentakelt bis in den Aufzugschacht. Ich finde das sexy.“ Sie hielt ein Deck Spielkarten hoch. „Willst du in deine Zukunft schauen?“
„Auf keinen Fall.“
Als er Jade das erste Mal getroffen hatte, hatte sie im Kreis um ein Arrangement aus Blüten und Knochen mitten im Sherwood Forest getanzt. Dass sie von einem Haufen Touristen umstanden und angestarrt wurde, hatte ihr nichts ausgemacht. Irgendwann war die Polizei gekommen und hatte sie in eine Decke gehüllt und mitgenommen. Engländer waren empfindlich, wenn es um Nudismus in der Öffentlichkeit ging. Mit ihren endlos blonden Haaren war sie ihm wie eine Nymphe erschienen. Doch wenn sie noch so schön war, sie sollte verschwinden und ihn allein lassen.
Jade rümpfte die Nase. „Sei nicht so negativ. Das Universum hält überraschende Wendungen in deinem Leben bereit.“
„Ich kann heute nicht. Termine.“
„Das wird sich ändern. Ich habe dir eine Fußreflexzonenmassage versprochen und die bekommst du jetzt.“
Das konnte nicht ihr ernst sein. „Mir fehlt dazu jetzt der Nerv.“
Jade schüttelte energisch den Kopf, kramte ein Buch aus ihrem Rucksack und legte es aufgeklappt neben ihn. „Ich bin dabei, meine neue Mitarbeiterin einzuarbeiten. Sie wird dich heute übernehmen.“ Sie lächelte ihn an wie ein Arzt einen Sterbenden.
„Ich will das nicht!“ Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Morgen tötete er die Frau seines Lebens. Sein Inneres stülpte sich nach außen bei dem Gedanken daran. Konnte Jade nicht gehen und ein Nein akzeptieren?
„Ich akzeptiere kein Nein, Daniel. No Chance.“
„Jade! Bitte!“
„Lucy, du kannst kommen. Er ist so weit.“
Lucy kam aus dem Aufzug. Sie musste sich hinter der Absperrung versteckt haben.
„Ich geh dann mal. Lucy, alles, was du brauchst, liegt für dich auf dem Bett bereit. Solltest du nicht weiterkommen, sieh ins Buch. Die Meridiane sind farblich markiert.“
Sie ging. Und ließ ihn mit Lucy allein.
„Jade hat gesagt, du seist mein Tod und ich soll dich lieben, weil du mich sonst umbringen würdest.“
Lucy setzte sich im Schneidersitz vor ihn und begann, kräftig über seinen Fuß zu streichen. Sein Mund war trocken. Er brachte keinen Ton heraus.
„Ich glaube nicht an Prophezeiungen, aber ich brauchte eine Ausrede.“ Sie zog an seinen Zehen und lächelte ihn dabei an . „Wenn wir uns sehen, schürst du ein Chaos in mir, das du nicht beseitigst. Ich bin gekommen, um mich zu rächen. “
„Lucy, du solltest nicht hier sein.“
Sie legte den Finger auf seine Lippen. „Hast du eine Freundin?“
Er schüttelte den Kopf.
„Eine Frau?“
Er schüttelte wieder den Kopf.
„Begehrst du mich?“
Er nickte, seine Gedanken verselbstständigten sich. Gut, dass er wenigstens ein Handtuch trug. Mit Schwung zog sie es von seinen Hüften. Ihre Augen weiteten sich. Daniel schloss seine. Das hier war verrückt. Es konnte nur ein Traum sein, entsprungen aus seinem wundgedachten Hirn, das nach Lösungen suchte, und keine fand.
Als der Handy-Gong dröhnte, hätte er am liebsten gebrüllt. Lucy saß da, seinen Fuß in ihrem Schoß und massierte seine Sohle.
„Du bist verspannt.
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