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Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
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animalische Kraft. Während er mich mit einem stahlharten Händedruck begrüßte, fixierte er mich mit seinen türkisblauen Augen, die eine unbezähmbare Energie erahnen ließen und von einem hochmütigen Charakter zeugten, der es gewohnt war, andere mit einer Mischung aus Stolz und Arroganz herauszufordern. Zwar lagen diese Augen tief in den Höhlen, er hatte dunkle Augenringe, die bis zu den Jochbeinen reichten, und das leicht gelbliche Gesicht war von tiefen Falten durchfurcht, die ihm ein hohlwangiges, todgeweihtes Aussehen verliehen, doch in seinem Körper, der eigentlich nur noch aus Haut und Knochen bestand, pulsierte noch die Energie früheren Muskelmassen.
    »Meine Frau hat mir erzählt, dass Sie sich am Strand kennengelernt haben.«
    »Ja, gestern Morgen. Zufällig.«
    »Na, ganz so zufällig nun auch wieder nicht, Monsieur«, hörte ich sie hinter mir. »Der Strand war menschenleer, und Sie haben sich direkt neben mich gesetzt.«
    »Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie sehr dich das gestört hat«, warf Ganci ironisch ein und wandte sich dann wieder an mich. »Gab es einen besonderen Grund, warum Sie meine Frau kennenlernen wollten, Signor Pagano?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Nun, viele Männer haben Interesse daran, meine Frau kennenzulernen.«
    Sie unterbrach ihn brüsk und redete wieder auf Französisch auf ihn ein.
    »Ne commence pas à dire des saloperies
.
«
    »Et toi, ne me provoque pas«
, erwiderte Ganci gelassen.
    »Sie wollen wissen, ob ich mich für Ihre Frau interessiere, Signor Ganci? Nein, nicht so, wie Sie meinen.«
    »Wie dann, Signor Pagano?«
    Ich zuckte nur die Schultern, um dem peinlichen Gespräch ein Ende zu bereiten, er aber ließ sich nicht beirren.
    »Finden Sie sie etwa nicht attraktiv? Ist sie Ihnen zu alt? Nun ja, in den letzten Jahren hat sie etwas zugenommen, und ihr Körper ist etwas schlaffer geworden.«
    Martine durchbohrte ihn mit einem hasserfüllten Blick, den er gekonnt ignorierte.
    »Ich habe im Moment andere Sorgen«, entgegnete ich ruhig.
    »Und weshalb sind Sie dann hergekommen?«
    »Ihre Frau hat mich zum Abendessen eingeladen.«
    »Ich meine, hierher, nach Tertenia.«
    »Ich bin aus beruflichen Gründen hier.«
    In diesem Moment hörten wir die Stimme von Gancis
attendente
. Munter und etwas schrill schwebte sie auf einer Windböe von der Veranda zu uns herein.
    »Das Ferkel ist fertig!«
    Mühevoll erhob sich Ganci aus seinem Sessel und schlurfte schwerfällig vor uns her auf die Veranda. Ich begrüßte Vincenzo und erkundigte mich nach seiner Verletzung, worauf er meinte, er habe meinen Rat beherzigt und sich in Tertenia gegen Tollwut und Wundstarrkrampf impfen lassen. Ich setzte mich Ganci gegenüber. Martine nahm neben ihrem Gatten Platz und beobachtete den jungen Mann, wie er mit seiner
pattada
das Spanferkel von dem Bratspieß löste, es bedächtig zerteilte und jedem einige Stücke auf den Teller legte. Dann schenkte sie mir und Vincenzo Rotwein ein, sich selbst und ihrem Mann Wasser.
    »Ich habe noch nie eine Französin gesehen, die Schweinefleisch mit Wasser hinunterspült«, bemerkte ich, um das unangenehme Schweigen zu brechen.
    »Schweinefleisch kann man mit allem Möglichen hinunterspülen, Monsieur«, erwiderte sie.
    Das Fleisch war knusprig und weich und sehr aromatisch. Es sah so aus, als verstünde Vincenzo sein Handwerk. Als ich ihn lobte, hatte ich den Eindruck, dass ich ihn dadurch fast in Verlegenheit brachte.
    »Sie sind also zum Arbeiten hier«, ergriff Ganci wieder das Wort, während er den ersten Bissen kaute.
    »Ich suche einen jungen Mann, der sich in Tertenia aufhalten soll.«
    »Den Sohn von Gabriele Sanna?«
    »Sie sind gut informiert.«
    »Im Dorf wird viel geredet.«
    »Der junge Mann ist vor drei Wochen spurlos verschwunden, und sein Vater ist überzeugt davon, dass er hier ist.«
    »Und weshalb sollte er ausgerechnet hierhergekommen sein?«
    »Um diese Frage zu beantworten, muss ich ihn erst mal finden.«
    »Um ihn zu finden, müssen Sie sich die Frage zunächst selbst beantworten«, widersprach er mir, mit einem aufgespießten Stück Fleisch gestikulierend und einem angedeuteten Lächeln in den Mundwinkeln.
    »Ja. Aber ich unterliege der beruflichen Schweigepflicht.«
    Wortlos steckte er den Bissen in den Mund und schluckte ihn hinunter, aber das Lächeln, das noch immer seine Lippen umspielte, verriet seine Enttäuschung.
    »Sanna? Ist das nicht dieser Geldräuber?«, mischte sich seine Frau unbekümmert ein.
    »
Einer
der

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