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Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
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Stille, in der es vor Spannung knistert, wie bei Expeditionsteilnehmern, die mitten in der Pampa feststellen, dass der Tank ihres Autos leer ist. Keiner weiß genau, wer schuld ist und wen man anschwärzen kann. Auch wir fingen nicht damit an, irgendjemandem die Schuld zuzuschieben. Weder der Frau, die zu viel geredet hatte, noch dem Verfasser dieser Zeilen, der ihr den Boden für ihr dümmliches Spiel bereitet hatte, und auch nicht dem unsäglichen Vincenzo, der es nicht geschafft hatte, sie rechtzeitig zum Schweigen zu bringen. Und siehe da – sie ergriff auch jetzt wiederdie Initiative. Mit einer unvermittelten Frage, die mich kalt erwischte.
    »Haben Sie die Schüsse heute Nacht gehört?«
    Ich nickte. Ein Glück, dass ich so vorausschauend gewesen war, die Patronen einzusammeln.
    »Ja, allerdings war ich ganz schön betrunken. Ich habe mit meinem Freund zusammen zwei Flaschen Lagavulin gekippt.«
    »Gestern ist Virgilio Loi zu uns in die Villa gekommen, und mein Mann hat uns bekannt gemacht. Er wird für ihn arbeiten. Hat er Ihnen das nicht gesagt?«
    »Nein. Warum hätte er das tun sollen?«
    »Darum.«
    Sie zog eine Schnute, enttäuscht wie ein Kind, das einen Lutscher nicht bekommen hat. Aber es war nur ein kurzer Moment, in dem sie die Fassung verlor, sie fing sich sofort wieder.
    »Das ist schon komisch, finden Sie nicht? Wir beide haben uns gerade erst kennengelernt, und schon fragt mein Mann Ihren Freund, ob er nicht für ihn arbeiten will. Deswegen sind wir beide auch hier.«
    »Weswegen?«
    »Mein Mann möchte Sie gern kennenlernen.« Sie warf dem jungen
attendente
erneut einen Blick zu.
    Vincenzo brannte sichtlich darauf, endlich zu verschwinden, aber er war gezwungen, das Spiel weiter mitzuspielen. So bestätigte er mit zusammengebissenen Zähnen, dass sein Boss mich kennenlernen wolle. »Signor Ganci würde sich geehrt fühlen …«
    »Sie sind heute Abend bei uns zum Essen eingeladen!«, fügte die Französin in einem plötzlichen Anflugvon Enthusiasmus hinzu. »Mögen Sie Spanferkel?«
    »Warum will er mich einladen?«
    »Was ist denn das für eine Frage: Weil ich meinem Mann gleich von unserem Treffen erzählt habe.«
    »Ich habe niemanden, dem ich von meinen Treffen erzählen könnte, Madame.«
    »Wie es aussieht, haben Sie weitaus mehr Eindruck auf mich gemacht als ich auf Sie. Immerhin hätten Sie Ihrem Freund erzählen können, dass Sie eine hübsche Dame kennengelernt haben.«
    »Ich glaube nicht, dass ihn das irgendwie beeindruckt hätte.«
    »Aber Sie lassen sich ja auch nicht besonders von hübschen Damen beeindrucken.«
    »Das Leben hat mich dagegen immun gemacht, falls Sie das meinen.«
    In einer langsamen, sinnlichen Bewegung befeuchtete sie mit der Zunge die Unterlippe. »Ich kenne das Leben wohl nicht gut genug.«
    Der junge
attendente
konnte seinen Ärger nun nicht mehr länger zurückhalten. Er sprang auf und packte seine Begleiterin brüsk am Arm. Der Hund war irritiert, vielleicht auch erschrocken. So sehr, dass er sich knurrend zwischen den Korbsesseln hindurchzwängte, bis er die Wade des armen Vincenzo zu fassen bekam. Dort fand sein ausgehungertes Mäulchen genug Fleisch, um die Zähne hineinzugraben. Vincenzo jaulte vor Schmerz auf und schüttelte hektisch sein muskulöses Bein, sodass der Hund wie eine wild gewordene Feuerwerksspirale hin und her geschleudert wurde.
    »Lass mich los, lass mich sofort los«, schrie Vincenzo wieder. »So tun Sie doch was! Rufen Sie ihn zurück.«
    »Aus, aus!«, schrie nun auch die Französin.
    Da entschloss ich mich endlich, mich zu bücken, die Promenadenmischung im Genick zu packen, die das Bein des jungen Mannes sofort losließ, und gegen das Geländer der Veranda zu schleudern, wo der Hund mit dem Rücken aufschlug und aufjaulte. Anstelle von Schmerz empfand er aber wohl eher Verwunderung darüber, wie ich ihn behandelte. Keine Ahnung, was er sich eingebildet hatte. Vielleicht, dass er mir einen Gefallen tat, wenn er Vincenzo angriff. Er warf mir einen verängstigten Blick zu und lief in Richtung des Weinbergs davon.
    Das war’s dann wohl: Der führt mich nicht mehr zu seinem Herrchen!, dachte ich mit einer gehörigen Portion Wut auf diesen dämlichen Vincenzo, der nicht mal in der Lage war, so einen kleinen Köter loszuwerden.
    Seine Jeans waren blutgetränkt. Vorsichtig krempelte er das Hosenbein bis zum Knie hoch. Die Wunde blutete stark. Ich hastete in Virgilios Wohnung, um ein Fläschchen Wasserstoffperoxyd aus dem Arzneischrank

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