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Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
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Gesichtsausdruck nicht mehr richtig erkennen konnte. Doch wahrscheinlich verunsicherte und erschreckte ihn die Vorstellung, dass Ganci ihm die Gunst entziehen könnte, die er ihm zuteilwerden ließ – aus welchem obskuren Grund auch immer. Ich fragte mich, wer von beiden naiver war. Ganci, der sich den jungen Liebhaber seiner Frau ins Haus holte, oder Vincenzo, der sich tatsächlich eingebildet hatte, eine Frau wie Martine würde ihm erlauben, mit ihr ins Bett zu springen, ohne dass er dafür Tribut zollen musste.
    Da gingen mit einem Schlag alle Lampen der Veranda an. Die Lichtexplosion ließ uns hochfahren. Das glockenhelle Gekicher von Martine kündigte ihr Erscheinen an, und kurz darauf zwitscherte sie unbekümmert, als wäre nichts geschehen: »
Ecco
, Salat und Champagner zum Feiern.«
    In der einen Hand hielt sie eine Plastikschüssel mit Salat, in der anderen vier Kristallflöten. Die Champagnerflasche hatte sie sich unter eine Achsel geklemmt. Mit einem maliziösen Lächeln reichte sie sie mir.
    »Bitte machen Sie den Champagner auf, Monsieur Pagano. Damit wir auf die Gesundheit von Gabriele Sanna und die seines Sohnes trinken können.«
    »Sanna sitzt im Gefängnis und kann nichts mit unseren guten Wünschen anfangen. Lassen Sie uns lieber auf Sie und Ihren Gatten trinken.«
    »Oh, mein Gatte    … Wo ist er überhaupt? Sehen Sie hier jemanden, der so etwas sein könnte wie ein Ehemann? Ich sehe nur einen Greis, der eine Krankenpflegerin braucht. Und einen jungen Mann, der zufeige  ist, mir im Beisein des Greises an die Titten zu fassen.«
    »Als Sie mich eingeladen haben, sagten Sie, dass Ihr Gatte mich kennenlernen wolle.«
    »Oh, ja. Er war schwer beeindruckt von Ihrer unglaublichen Geschichte. Ich habe ihm erzählt, dass sie wegen Terrorismusverdacht hinter Gittern saßen.«
    Ich öffnete die Flasche und füllte die vier Flöten. Martine erhob ihr Glas und stieß mit mir an, während Ganci und Vincenzo wie versteinert dasaßen und den Champagner nicht anrührten. Im Schein des elektrischen Lichtes betrachteten sie die Frau, als wären sie im Kino, ohne einen Muskel zu bewegen. Vermutlich hatten sie diesen Film schon mehr als einmal gesehen.
    »Sie haben fünf Jahre im Hochsicherheitstrakt gesessen«, nahm Martine den Faden wieder auf, nachdem sie ihr Glas in einem Zug geleert hatte. »Und dort haben Sie Virgilio Loi kennengelernt.«
    »Ja, er hat mir immer das Essen gebracht, zweimal pro Tag, und dabei hat er mir von Sardinien erzählt. So habe ich angefangen, Sarrala zu lieben.«
    »Das ist mir genauso ergangen, wissen Sie? Auch mein Gefängniswärter hat mir viel von hier erzählt, bevor wir hierher gezogen sind.« Sie lachte laut auf und schüttelte ihren kupferroten Bob. Die roten Korallenohrringe schaukelten, und ihr Busen hüpfte unter dem dünnen Sommerkleid auf und ab. Es war ein Lachen, das auf mich kindisch und boshaft wirkte. »Ja, auch wenn er keine Uniform anhatte – Ganci war mein Wächter. Der Mann, der mich zu seiner Gefangenen gemacht hat … Aber das ist eine Geschichte aus anderen Zeiten.«
    »Sie sagten, Sie seien eine unabhängige Frau.«
    »Jetzt bin ich frei. Früher war das nicht so. Dieser Greis hier war mal zu allem fähig. Ein richtig harter Hund. Monsieur Pagano, glauben Sie ja nicht, dass Sie der Einzige sind, der so ein Leben geführt hat … wie heißt es in diesem Lied?
Una vita spericolata
  – ohne Rücksicht auf Verluste.«
    »Und darum machen Sie ihn jetzt so runter? Weil er nicht mehr viel Kraft hat?«
    Sie griff nach der Flasche und füllte sich ihre Flöte randvoll mit Champagner. Mit geschlossenen Augen, den Kopf in den Nacken gelegt, schüttete sie das ganze Glas in einem Zug hinunter.
    »Bum! Jetzt haben Sie aber ganz schön scharf geschossen!«
    »Hast du vor, dich zu betrinken?«, fragte Ganci trocken.
    Als einzige Antwort zuckte sie die Schultern und goss sich noch einmal nach. Dann hob sie ihr Glas und prostete Vincenzo zu.
    »Dieser Champagner ist so was von weich und köstlich. Man merkt, dass Monsieur Pagano sich auskennt«, zwitscherte sie mit ihrem Kleinmädchengehabe.
    An dieser Frau war einfach alles übertrieben, wenn auch vermutlich mehr, als sie beabsichtigte: Sie konnte vulgär sein oder affektiert, lasziv oder frech. Was auch immer sie tat  – sie schoss weit über das Ziel hinaus. Ihre größte Sorge war es, dass sie einmal nicht im Mittelpunkt stehen könnte, und das ging mir gewaltig auf die Nerven. Vincenzo begann wieder auf der

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