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Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
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drang das Prasseln des Feuers an mein Ohr. Hinter dem Haus stand jemand vor einem Steinofen und wandte mir den Rücken zu. Im Ofen brannte ein Holzfeuer, über dem auf einem metallenen Bratspieß das Spanferkel schmorte. Der junge Mann schaltete gerade den Elektromotor aus, damit der Spieß stehen blieb und er seine
pattada
in das Fleisch stoßen konnte. Er zog sie gleich wieder heraus und prüfte mit der Klinge an seinem Handrücken, ob der Braten schon durch war. Da er nicht ganz zufrieden war, schaltete er den Motor wieder an und warf noch ein Holzscheit nach.
    Offenbar hatte er mich nicht bemerkt, sodass ich ungesehen zur Veranda an der südlichen Frontseite des Hauses gelangen konnte. Von hier aus überblickte man die ganze Bucht von Sarrala, von der Marina bis zu den Hügeln von Abba Urci. Der riesige Wasserteppich war jetzt indigoblau, und über seine Oberfläche jagten die Windböen, bis sie sich jenseits des Horizonts verloren. Die hereinbrechende Nacht würde die Braun- und Orangetöne der Landschaft jedoch sicher bald verschlucken.
    Auf der Veranda war der Tisch für vier Personen gedeckt. Es war niemand zu sehen, aber aus dem Haus hörte ich Stimmen. Die der Frau erkannte ich sofort, die andere war heiser, fast gebrochen, die Stimme eines alten Mannes. Mich überraschte es, dass sie französisch redeten. Vielleicht taten sie es aus Gewohnheit oder weil sie nicht wollten, dass sie jemand verstand.
    »Wehe, du stellst mich heute in einem schlechten Licht dar«, zischte der Mann.
    »Kriechst du etwa zu Kreuze?«
    »Nenn es, wie du willst. Aber demütige mich nicht vor ihm.«
    »
Oh, bien sûr!
Dich interessiert mal wieder nur dein Image. Als Ehemann bist du wirklich jämmerlich.«
    »Daran bist ganz allein du schuld, Martine.«
    »Ganci, tu es une merde.«
    »Und du eine Nutte.«
    »Damit kannst du mich nicht verletzen. Das hast du doch immer gewusst. Es ist kein Geheimnis, dass der große Ganci eine Nutte geheiratet hat. Das erste Mal hast du mich dafür bezahlt, erinnerst du dich? Für michwarst du ein Freier wie jeder andere. Und, was glaubst du, was du jetzt bist? Einer von vielen.«
    »Früher oder später werde ich dich umbringen«, gab der Mann zurück. In seinen Worten schwangen weder Hass noch Irritation, nur eine grenzenlose Traurigkeit, und vielleicht die Befürchtung, dass seine Geduld irgendwann erschöpft war und er ihre Provokationen nicht mehr länger ertragen konnte.
    Ich hüstelte und rief dann laut und deutlich vernehmbar: »Hallo?«
    Sofort verwandelte sich das verbale Gemetzel wie von Zauberhand in ein von Liebe getragenes familiäres Stillleben, und die beiden wurden zu überfreundlichen Gastgebern. Aber ich gab mich keinen Illusionen hin, denn ich war mir sicher, dass dies nur der Aperitif war.
    »Oh, da sind Sie ja, Monsieur Pagano. Kommen Sie herein, kommen Sie!«, rief Martine mit gekünsteltem, frostigem Lächeln und dem ihr eigenen operettenhaften Ton. »Darf ich Ihnen meinen Mann vorstellen? Schatz, das ist der Detektiv, von dem ich dir erzählt habe.«
    Sie trug ein kurzes, tailliertes Cocktailkleid, ein schlichtes, ärmelloses Modell mit rundem Ausschnitt aus einem hauchzarten Stoff wie Gaze. Es saß perfekt, und das Schwarz stand ihr gut. Augen und Mund waren dezent geschminkt, und ihre Ohrringe aus feuerroter Koralle unterstrichen ihre Sommersprossen und den natürlichen Kupferton ihrer Haare.
    »Aber das war doch nicht nötig.
Oh, ce champagne est excellent!
Ich werde ihn gleich kalt stellen«, bedankte sie sich überschwänglich, während sie mir die Flasche aus der Hand nahm.
    Der weitläufige Salon war geschmackvoll eingerichtet, mit alten Massivholzmöbeln und Sofas mit bunten, gemusterten Kissen. Ganci saß in einem großen dunklen Ledersessel, und auf den ersten Blick wirkte er zart wie ein Vögelchen. Auf seinen Beinen lag eine Decke, obwohl es im Raum unglaublich warm und stickig war. Die Luft war von einem starken Geruch nach Medikamenten erfüllt. Draußen fegte der Mistral mit verächtlicher Wucht durch den Garten, drinnen machte er sich nur ab und an mit einem leichten Luftzug bemerkbar, der durch die blauen Jalousien drang. Ich fragte mich, ob die beiden sich wirklich einbildeten, dass sie ihre private Hölle mit geschlossenen Jalousien und der französischen Sprache abschirmen konnten. Der Alte schaute mir schweigend entgegen.
    »Guten Abend, Signor Ganci. Mein Name ist Bacci Pagano«, sagte ich und reichte ihm die Hand.
    Der kranke alte Mann hatte noch eine

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