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Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
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besorgt sein musste. Und in denen es bisher noch niemandem eingefallen war, auf mich zu schießen.

Nacht in Tertenia
    Das Abendessen bei Augusto war eines von denen, die man nicht so schnell vergisst. Ich hatte Virgilio, Angelica und Laura in ein Restaurant nach Tertenia eingeladen, und Virgilio hatte am Nachmittag einen Tisch bestellt, damit die Köchin genügend Zeit hatte,Lammfleisch für uns zu grillen, ein Gericht, das nur besonders geachteten Gästen kredenzt wurde. Meine Tochter fand es köstlich, sie verschlang das Essen nur so und nahm sogar eine zweite Portion. Nach dem Pecorino und dem frischen Ricotta servierten sie uns
pardulas
zum Dessert, ein süßes Gebäck, mit dem typischen Käse der Ogliastra gefüllt, und dann bestellte Virgilio noch eine Flasche Grappa, der in dieser Gegend nicht wie sonst in Sardinien
filu e ferru
, sondern
abbardente
, »brennendes Wasser«, genannt wurde. Ich nahm einen Whisky auf Eis und Angelica einen Myrtenlikör, worauf sich unsere Töchter verabschiedeten, um sich mit ein paar Freunden von Laura zu treffen. Aglaja und Laura hatten sofort einen Draht zueinander gehabt.
    »Aglaja, ruf mich an, wenn ich dich abholen soll.«
    »Nicht nötig«, schaltete sich Laura ein. »Einer meiner Freunde kann sie nach Hause bringen, wenn er mit dem Auto nach Sarrala runterfährt.«
    »Okay. Aber kommt bitte nicht so spät.«
    Virgilio wandte sich an seine Tochter. »Laura, um halb bist du zu Hause!«
    »Um halb?« Das Mädchen suchte den Blick seiner Mutter, ohne darin jedoch das Erhoffte zu finden. Daher beschränkte sie sich darauf, mit den Schultern zu zucken. »Na gut.«
    Kaum waren die beiden draußen, grinste Virgilio mich an. »Egal, wann sie nach Hause kommt – so kann sie immer sagen, dass sie auf dich gehört hat.«
    »Ich werde mich schon wieder daran gewöhnen, Vater zu sein. Ich brauche bloß ein bisschen Zeit.«
    »Wenn sie dich nicht vorher abknallen.«
    Als ich aus Porto Santoru zurückgekommen war, hatte Aglaja immer noch selig geschlafen. Weder sie noch der Hund nahmen meine Rückkehr wahr, und so hatte ich genug Zeit, um mit Virgilio zu telefonieren und ihm von den Vorfällen zu berichten. Gemeinsam hatten wir versucht, uns die Sache zu erklären, waren aber zu keinem vernünftigen Schluss gekommen. Schließlich hatte ich ihm vorgeschlagen, uns bei Augusto zum Essen zu treffen.
    »Wer kann das nur gewesen sein?«, fragte Angelica nun.
    Sie war schlicht, aber hübsch gekleidet, mit einem leuchtend blauen, locker fallenden Sommerkleid. Ihre großen schwarzen Augen tasteten mich ab, funkelnd vor Besorgnis. Sie trug glitzernde Goldohrringe und um den Hals eine elegante rote Korallenkette, die ihr das Aussehen einer aus Ebenholz geschnitzten afrikanischen Frauenstatue verlieh. Ihre langen schwarzen, von grauen Strähnen durchzogenen Haare hatte sie im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden.
    Sie wirkte angespannt. Während des Essens hatte sie kaum gesprochen, und das wollte etwas heißen bei einer Plaudertasche wie ihr. Normalerweise redete sie mit allen und jedem über alles und jeden, sei es auf Italienisch oder Sardisch, in diesem typischen Singsang der Gegend. Ich hatte mich mit Virgilio darauf geeinigt, dass wir den Mädchen nichts davon erzählten, und auch Angelica hatte sich an diese Absprache gehalten. Dennoch merkte ich ihr an, dass sie es kaum erwarten konnte, mehr über die Sache zu erfahren. Ich spürte,dass sie vor Angst wie gelähmt war und ihr das freundliche, leicht melancholische Lächeln, das sie sonst allen zu schenken bereit war, nicht gelingen wollte.
    »Ich habe keine Ahnung. Ich kann nur sagen, dass sie wahrscheinlich zu dritt waren. Und dass Pietrangelo, der mich auf diese Spur angesetzt hat, wohl mit ihnen gemeinsame Sache macht.«
    »Pietrangelo?«, fragte Virgilio.
    »So hat er sich mir jedenfalls vorgestellt. Er hat in dem Schafstall auf mich gewartet, auf der Hochebene, wo der Radiosendemast steht. Sein Hund hat mich zu ihm geführt.«
    Virgilio schaute seine Frau an und schüttelte den Kopf. »Der Schafstall steht seit Jahren leer. Er gehört Evaristo, einem Cousin von Angelica, der dort vor Jahren Schafe und Ziegen gehalten hat, bis er Invalidenrente bekommen hat.«
    »In Tertenia gibt es keinen Jungen, der so heißt«, ergänzte Angelica. »Ich kenne alle Kinder mit Namen.«
    »Dann war es ein abgekartetes Spiel. Eine Falle mit allen Schikanen«, schlussfolgerte Virgilio.
    »Wollten die dich umbringen?«, fragte seine Frau mich mit vor

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